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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 17
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Basler, Adolphe: Pariser Kunstsommer
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0741

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Parifer Kunftfommer

Von ADOLPHE BASLER / Mit
vier Abbildungen auf zwei Tafeln

Die offiziellen Salons / Prudhon / Das zweite Kaiserreich /
100 Jafjre franzöfifdjer Malerei / Ändre Lhote / Gimmi / Kayfer /
Pankiewicz / Vente Kaljnweiler / Derain und fein Kreis

m meine letjte Chronik vervollftändigen zu können, entfcßloß id) mich zum Be-


fud) der offiziellen Salons. (Hie immer vereinigen fie eine Unmaffe aufgehängter

Bilder, die nur beweifen, daß es wenig genug Edles in der Malerei gibt. —
In der Societe Nationale des Beaux Ärts verdient die Äusftellung moderner
japanifcßer Malerei befondere Erwähnung. Die junge Schule von Nippon [trebt fiel) zu
europäifieren. In engem Anfdjluß an die modernen Richtungen wird die Äftßetik der
franzöfifch-impreffioniftifchen Schule für die jungen japanifcßen Maler zu einer Ärt
künftlerifcßer Religion. Mit der ihnen eigenen Gefd)iddid)keit fcßaffen fie eine Malerei,
die keiner Qualitäten entbehrt.
In dem Salon der „Franzöfifchen Künftler“ intereffiert allein Bonnat. Seine Porträts
find zwar profaifch bis zur Gefchmacklofigkeit, aber von reinfter Konftruktion, leben-
dig, ausdrucksvoll, wie es bei einem akademifdjen Maler feiten der Fall ift. Aka-
demiker infofern nicht, da man ihn wohl als außergewöhnliche Erfcheinung unter den
offiziellen Künftlern anfehen muß. Diefer heute beinahe Neunzigjährige ift erftaunlid) in feiner
Bemühung um kraftvolle Geftaltung und knappe Ausführung. Um die Intenfität des
Ausdrucks, den er feinen Bildniffen zu geben verfteht, werden ihn auch anerkannte
unabhängige Maler beneiden müffen.
Im Petit Palais hatte Lepauze eine retrofpektive Äusftellung Prudhons zufammen-
geftellt. Die reine Größe und Klarheit Davids und Ingres fehlt diefem Eklektiker, der
ohne 3weifel feine 3eit zu begeiftern verftand. In gleicher (Ueife um den großen
Stil Pouffins wie um die malerifcßen Vorwürfe der Holländer bemüht — er liebte
die Maler des XVIII. Jahrhunderts — wie Gericault nicht feiten exaltiert, ftets forg-
fältig in der 3eichnung, die er edel herauszubringen verfuchte, hat Prudhon ein viel-
feitiges Ulerk gefchaffen. Nachfolger von ihm kann man in manchen modernen Sti-
liften von heute erkennen, ihrem leichten Charme oder den großen Effekten, die fie in
der Art raffinierter Koloriftik erzielen.
Der Äusftellung des zweiten Kaiferreichs im Pavillon Marsan widmet Vauxelles
eine treffende und feinfinnige Kritik. Der leitende Gedanke der Veranftalter diefer Aus-
heilung war, nach denöCIorten Vauxelles, zu zeigen, daß Napoleon III. und befonders die
Kaiferin Eugenie in ihrem (Uunfch, einen weniger bürgerlichen Stil als den der Juli-
monard)ie zu fchaffen, fleh an die Kopiften der Renaiffance und des Louis XV. halten
mußte, da es jener 3^it an Kunftgewerblern und Architekten fehlte, die Neues zu
bilden verftanden. Erftmals beweift dies nicht, daß es unter dem zweiten Kaifer-
reid) keine felbftändigen Künftler gegeben hat. Man hat fie nie gefucht, man hat die
Schlaffheit derer, die nichts anderes als Kopien i)erzu\tell2n verftanden, in Anfpruch
genommen. Der Staat hat in diefen Dingen niemals Vorahnung bewiefen, be-
fonders aber nicht unter einem Regenten von fd)wacher Natur, einer unkultivierten
Regentin und einem Oberintendanten der Schönen Künfte wie es Nieuverkerque war,
ein (Heitmann ohne jedes Verftändnis für Courbet, Manet oder Puvis. Sicher war
unter den drei Protagoniften der verftändnisvollfte Napoleon III., der aus den lebten
Mitteln feiner Kaffe Bilder von Corot kaufte und entfeßieden Carpeaux protegierte.
Die Kaiferin dagegen träumte allein Marie Antoinette zu imitieren. Man denke an
den Geift, den Gefchmack, die Stellung einer Pompadour. Ihr verdanken wir, was man
fälfd)lid) Louis XVI. nennt. Unter dem leitenden Einfluß diefer erftaunlicßen Frau

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