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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 17
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Rupé, Hans: Friedrich Herlins Jakobslegenden: (zur Freilegung der äußeren Flügelbilder des Rothenburger Jakobsaltares)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0746

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Friedrich Berlins J a k o b s 1 e g e n d e n
(3ur Freilegung der äußeren Flügelbilder des Rotßenburger Jakobsaltares)
Mit vier Abbildungen auf drei Tafeln Von HANS RUPE
Kurz nacheinander find in diefem Jahre zwei berühmte füddeutfcße Kunftwerke
ihrer einftigen Hirkung wiedergewonnen worden: der Rekonftruktion der Fugger-
kapelle bei St. Anna in Augsburg, deren Bedeutung in diefen Spalten bereits
gewürdigt worden ift, folgte die Freilegung der äußeren Flügelbilder des Rothenburger
Jakobsaltars in den Herkftätten des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege. Die Über-
rafchung war in beiden Fällen groß. (Hürde in der Fuggerkapelle jetjt erft die Einheit
des bildnerifchen (Hillens fpürbar, fo gewann man hier vor den wiederenthüllten Cafeln
Friedrid) Berlins einen neuen Begriff von der Qualität deutfcher fpätgotifcher Malerei und ins-
befondere eine wefentlicß bereicherte Vorftellung von derKunft des Nördlinger Stadtmalers.
Im Jahre 1582 wurden die ad)t Bilder der Jakobuslegende, mit denen Berlin 1466
(nach der Infchrift an der alten Bolzleifte) die Außenfeiten der Choraltarflügel in der
Jakobskirche zu Rothenburg o. U. gefcßmückt hatte, mit handwerklich gemalten Paffions-
fzenen überdeckt, offenbar, um die für die evangelifche Gemeinde unverftändlicß ge-
wordenen Darftellungen zu befeitigen und den Schmuck des Altarwerkes dem pro-
teftantifchen Kultus anzupaffen. Nur die Stadthintergründe der beiden überhöhten Mittel-
tafeln — die Burg Jerufalems und der Rothenburger Marktplatj — blieben unberührt
und erhoben fiel) frei und hell aus der trüben, branftigen Schicht der Renaiffanceüber-
malung. 3um Glück hat diefe nicht fd)ädigend gewirkt, fondern im Gegenteil die Ori-
ginale aufs befte konferviert. Einige fchadhafte Stellen kommen auf Koften dilettantifcher
Freilegungsverfucße, die in fpäterer 3eit, vermutlich wohl erft im 19. Jahrhundert, vor-
genommen worden find, teils durch ungefeßiekte Hafcßungen (am linken unteren Bilde
des linken Flügels), teils durd) trockene Abfd)abung der Übermalung (am rechten unteren
Bilde des rechten Flügels). Bei diefen barbarifch-gewaltfamen Verfuchen wurden natür-
lich Partien der Bedinfcßen Malereien bis auf den Kreidegrund abgefprengt. Jedenfalls
hat der moderne Reftaurator aus der Not eine Lügend gemacht, indem er diefe Stellen
unbedeckt ließ, da die forgfältigen, in Eufcße ausgeführten Vorzeichnungen, die auf
dem Grunde zutage treten, ein befonderes Intereffe bieten (Abb.).
Der Eakt und die Sorgfalt, mit der Bauptkonfervator Lifcßka vom Landesamt unter
Mitwirkung des Oberpräparators Baumann die feßwierige Hiederßerftellungsarbeit dureß-
gefüßrt hat, ift aufs Böcßfte anzuerkennen. Auf dem Hege d)emifcßer Auflöfung oder
Erweichung wurden die Schichten der Übermalung abgetragen, was bei den bleiweiß-
haltigen Farben größere Müße machte, als bei den dunkleren. Dabei ftellte ficß einmal
heraus, daß vor der Übermalung die alten Bilder abgerieben worden find, um dem
neuen Farbauftrag befferen Balt zu geben, und daß bei diefer Reibung verfeßiedene
kleine Befcßädigungen, befonders dort entftanden fein müffen, wo die Farbe bereits
aufgeftanden war. Ferner ergab die Beobachtung, daß die Originalgemälde Berlins
keine gleichmäßige Farbftruktur aufweifen, fondern bald dünner, bald paftofer gemalt
find. Die alte Vergoldung wurde ebenfo wie die Malerei freigelegt und nur ftellen-
weife ausgebeffert, desgleichen wurde an den Rahmen das Blau des 19. Jahrhunderts
entfernt und das alte gotifeße Blau wiederßergeftellt.
Befonders vorbildlich und dankenswert ift die Entßaltfamkeit von jeder perfönlicßen
Einmifcßung, die ficß der Reftaurator auferlegt hat; an keiner Stelle find die Originale
ergänzt, und nur wo Sprünge und Verkittungen das Auge ftörten, gefeßaß eine dis-
krete 3ufammenftimmung durch neutrales, leicßt kennbares 3mücklafieren des hellen
Kreidegrundes. Schließlich konnte auch der alte gotifeße Lack durd) Auffrottieren nod)
verwandt werden, fo daß die Eafeln nicht einmal neu geßrnißt zu werden brauchten.
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