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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 17
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Der Graphiksammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0754

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aus Venedig auf einem Stammbuchblatt eingetragen. 1673 in feiner Vaterftadt, bat er pd) fdjon
einen fo bekannten Namen erworben, daß ihn ein eigenhändiges Schreiben Karls XII. von
Schweden nach Stockholm ruft. Von da an fließen die Quellen fpärlid). Die Galerien des
Scbloffes Drontbeim ftattet Lemke mit Gemälden aus. Doch fcßeint feine Beliebtheit nachgelaffen
zu haben, denn er ftirbt 1713 in größter Armut.
Aus dem künßlerifcßen Nachlaß find faßt nur 3eid)nungen und Radierungen bekannt. Die da-
tierte Münchner 3eid)nung von 1665, eine „Reiterfzene“, entftanden in Venedig, zeigt nichts
mehr von der bolländifchen Schulung. Im Gegenfat* zu einem Berliner Blatt, die „Elefanten-
menagerie“ (Inv. No. 9400), die, klar und fcharf Umrißen in der 3eid)nung und kühl in der Fär-
bung, pd)erlich nod) der 3eit um 1650 angehört, iß das Münchner Blatt impreffioniftifd) flüchtig
gezeichnet mit häupg abfefjendem Strich und einer nur die Conwerte hervorhebenden Lavierung.
3wei in derfelben Sammlung von alter Fjand bezeicßnete Reiterfdßachten pnd fehr kühn, mit bei-
nahe fiidlicbem Gemperament hingeworfen und die Farben gleich Reflexen hier und da aufgefetß.
Der Einfluß des Bourguignon, unter deffen F>errfd)aft er \n Italien völlig gerät, ift ganz unverkenn-
bar; fein Ruhm als Schlachtenmaler ift durch diefe Schulung begründet. Er wird den Arbeiten
feines Lehrers bis zur Cäufchung nahegekommen fein, und fo erklärt pd) auch die Catfache, daß
mit Sicherheit keine Malerei von feiner Fjand nachzuweifen ift. Die pch nun immer mehrenden
Aufträge haben ihm von da an keine Muße gelaffen zur intimen Befcßäftigung mit der Nadel.
Die Entftebungszeit feiner grapbifcben Blätter fällt in die Jahre 1650—60, nod) vor dem 3ufammen-
treffen mit Bourguignon.
Die erften Arbeiten pnd keine eigenen Erpndungen. „Die Verkündigung an die Fjirten“
von 1651, Nagler 5 (Nagler 1 u. 2 bezeichnet J-ß 1649 pnd mir unbekannt geblieben), nad) einem
Gemälde feines Lehrers de öüet iß noch recht fd)ü!erbaft: die Segnung unßcher, das Netzwerk
des Striches dünn und zerfahren, die technifchen Möglichkeiten der Radierung nod) nicht ausgenuljt.
Eine andere, diefer 3eit angehörende Radierung iß als Arbeit von Lemkes I)and erst zu er-
kennen, wenn weitere gepdjerte Blätter befprocßen worden pnd. Darum wird fpäter von ihm
die Rede fein. — ttlohl fd)on in Deutfd)land um 1653 entßand „Die Erfcßeinung des Engels
bei Fjagar jn der ölüßte“ (Nagler 4), bez. „Lemke gern. u. gee^t“. Die Führung der Nadel ift
fd)on fortfd)rittlid)er und läßt den eigentümlichen, fcßarfen und dünnen Strich des Künftlers her-
vortreten. Im Gegenfatj zur „Verkündigung“ ift die Kompoption durch einen einheitlichen warmen
Con zufammengefd)loßen. Das unpchere Gekritjel iß einer durchdachten Strichmodellierung ge-
wichen. Die Geßaltung des Motivs weiß auf Rembrandts Nähe. Nach der Signatur ift das Blätt-
chen nach einem Gemälde entftanden. Vollpgniert ift dann nur noch ein Blatt, das als die reifße
Arbeit gelten darf und die große Meifterfcbaft zeigt, zu der Lemke während feines Aufenthaltes
in Rolland und Italien gelangt ift. Im „Falkenjäger“ (Nagler 3), bezeichnet J. P. Lemke, spiegeln
pch alle die Einßüße wider, die er bis dahin erfahren hat. Motivifcb und in der weichen Mo-
dellierung ähnelt feine Kunft den Arbeiten des Nicolas Berchem und Carel Dujardin, während der
temperamentvolle Duktus der Nadel an die Cöeife des Dirk Stoop erinnert, deßen „Folge der
Pferde“ (B. 1—12) er eingehend ßudiert haben muß. Von Italien brachte er das Gefühl rnit für
den Farbenreichtum der fonnendurchglühten Landfchaft. Crot§ mancher 3ufammenl)änge ift die
Figurenzeichnung nicht fo manieriert wie die des Berchem, die Gecpnik energifcher, aber auch nicht
fo duftig wie die des Dujardin. Die durchaus noch holländißhe Formenfprache läßt darauf
fchließen, daß das Blatt noch vor 1660 entftanden iß.
Damit hört die Reihe der bis jetß bekannten Radierungen auf, doch laßen pch noch drei weitere
Arbeiten in das öCIerk Lemkes einfügen, von denen zwei meines tüißens in der Literatur noch
nicht erwähnt pnd. Alle drei Radierungen bepnden fid) im Kupferßid)kabinett Friedrich Auguft-
Dresden. Obgleich unbezeid)riet, kann ihre fjerkunft von Lemke nicht bezweifelt werden. „Der
Vogeljäger“ und „Die beiden Fjirlen“ müßen zeitlich kurz vor dem „Falkenjäger“ entftanden
fein. Im „Vogeljäger“ wieder das eigenartige Motiv eines von hinten gefehenen Menfcßen, der
in die Bildtiefe fcßreitet. Die gefamte Kompofition mit dem Vogelßilleben im Vordergrund unter
einem Baum läßt auf die Bekannlfchaft mit Bildern des J. B. Gleenix fchließen. Das andere Blatt
ift als Gegenftück zum vorigen entftanden. Koftümlid) übereinßimmend mit dem „Falkenjäger“,
find beide Blätter mit dem gleichen lebhaften, langausfahrenden Strich gezeichnet, der hier aber
die Formen nur flüchtig übergeht und hell und dunkel nicht fo fcharf kontraßiert. Diefe Eigen-
tümlichkeit weift auf Dirk Stoop. Beide Blätter pnd merkwürdigerweife mit einer braunen Fjolz-
platte überdruckt.
Die dritte fchon eingangs erwähnte Radierung „Bettlerfzene“ verfetß uns in dieholländifche
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