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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 19
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0822

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Sammlungen
3ur Neuordnung der Sdjackgalerie
Die Hufgaben der Mufeumsleiter gabeln pch
in erweiternde und erhaltende. Das Verhältnis
beider zueinander ift jeweils Husdruck der finan-
ziellen Lage eines Landes, wobei die erhaltende
Betätigung als die Mindestaufgabe angefehen
werden muß. Es ift klar, daß die Befifjerweite-
rungen in feiten fo großer wirtfchaftlicher De-
preffion, wie pe Deutfcßland heute erlebt, immer
mehr in den Hintergrund treten. Denn es han-
delt pch im wefentlichen ßets um drei Quellen
des 3ußuffes: um Kauf aus dem Äusland, der
heute beinah ganz unmöglich ift, um Erwer-
bung im Lande felbft, die aufs außerfte erfchwert
ift, und leßtlich um Schenkungen, auf die man
nur wenig rechnen kann. Die konfervierende
Tätigkeit hingegen fpaltet pch in die immer
durchführbaren Hufgaben der Säuberung fowie
Erhaltung der Monumente, der wiffenfchaftlidjen
Katalogiperung und der ßnngemäßen Darbie-
tung in den Räumen.
In der Galerie Schack, die eine abgefchloffene
Sammlung darftellt, handelt es fid) um letzteres.
Geheimrat Jufti hat pch großes Verdienft erwor-
ben, aus den Räumen des ziemlich klotjigen,
kalt prunkenden Fjaufes, mit dem pch die Firma
Heilmann und Littmann einft nur fehr handwerk-
lich hervorgetan hat, dasjenige gemacht zu haben,
was überhaupt erreichbar fcheint. Dem Hrd)i~
tektonifchen der Räume mehr Intimität zu geben,
hätte nur in der Macht eines CImbaues gelegen.
Die Säle bleiben alfo weiterhin zu hoch , fodaß
die ftille Majeftät, die felbft in manchen Bildern
diefer Kunftphafe liegt, immer wieder leicht er-
drückt wird, ftatt pch über niedrige öüände be-
herrfchender ausdehnen zu können. Die Hufgabe
einer Neuordnung zieht fich alfo vom Raum auf
die Fläche zurück und weiterhin dann auf die
Farbgebung der GQände.
Die Löfung Juftis fcheint uns befonders vor-
teilhaft bei der Hnordnung in der Fläche. T)ier
ift zu beobachten, daß anstelle des Herumhängens
von Einzelheiten ein kräftiges, rhythmifches Grup-
pieren herrfcht, was befonders bei kleinen Stücken
von Vorteil ift, die pch nun zu fchwereren zy-
klifchen Einheiten fammeln. Befonders bei
Schwind tritt das deutlich in Erfcheinung. Hber
auch die großen Formate haben gewonnen. Im

ganzen ift die Hnordnung jetß, daß im Parterre
pch zunächft die Sammlung der großen Kopien
entfaltet, die in den dunkelßen Räumen am orga-
nifchften Platj pndet. Hier hängen jetjt gefchloffen
und in fonoren Gruppen die alten Italiener bei-
einander, als breiter gefchichtlicher Vorklang
und als Grundlage, an der fich die Künftler Schacks
den malerifchen Schwung holten, der im 3. Vier-
tel des 19. Jahrhunderts meiß fo bezeichnend
ift. Für den Hnfänger gibt dies Stockwerk höchft
reizvollen Hinweis auf die Farbigkeit vieler ent-
legener Orginale. Für den Kenner ift nicht min-
der reizvoll, dieFarbfymphonien etwa des 16. Jahr-
hunderts fämtlid) in der malerifchen Brechung
eines Dirigenten des 19. Jahrhunderts aufgeführt
zu fehen. Im folgenden Stockwerk dann die
beiden großen Endfäle, die je einem der monu-
mentalen Romaniften Schacks gewidmet pnd.
Der eine Saal dem wieder aktuell gewordenen
und geradezu machtvoll gehängten Genelli, der
andere Raum für Feuerbach. Dazwifchen in den
kleineren Räumen Schwind, Neureuther und alle
anderen. Im oberften Stock endlich Lenbach
und vor allem Böcklin, wieder gefchloffen bei-
einander.
Mit dem Farbproblem ift von vornherein
fchwerer fertig zu werden. Es iß oft geradezu
unlösbar, denn eine Hnzaßl Bilder ift leichter
auf einheitliche Figur als auf einheitlichen Con
zu bringen. Der erfte Befuch des Befchauers darf
da nicht endgültig urteilen wollen. Dem Hnordner
iß hier befonderer Kredit zu gewähren. Deshalb
fei nur leife angemerkt, daß manchen die fahle
ttlandfarbe im Neureutherzimmer nicht fofort
einleuchtete, daß das Dunkelblau Schwinds Far-
bigkeit befonders blaßblond erfcheinen ließ und
das fehl' kräftige Rot im Feuerbachfaal diefen
Meißer etwas zu bedrängen fcheint. Huch hier
iß die Not der 3eit zu berückßchtigen, die zum
Beifpiel forderte, daß bei Genelli und Feuerbach
die alte Cüandbefpannung beibehalten wurde.
Bleibt endlich das Husfcheidungsbroblem. Eine
ganze Hnzahl Bilder pnd verfchwunden, da hier-
durch erß die Konzentrierung möglich wurde.
Die ganze menfchliche Qmßellung, der pch aud)
die Mufeen feit einer Generation nicht mehr
entziehen können, drängt die rein künßlerifchen
Geßchtspunkte vor die gefd)ichtlichen. In größeren
Sammlungen als der unfrigen wird die Kehrfeite
diefes Prinzips nur durch immer befferes 3U"
gänglichmachen der Depoträume vermieden wer-

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