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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 23
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Basler, Adolphe: Die Sammlung Charles Haviland in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0954

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Die Sammlung Charles Fjaviland in Paris

Mit elf Abbildungen auf sechs Tafeln

Von ADOLPHE BASLER

Charles Fjaviland im Frühjahr 1921 ftarb, fd)ied mit ihm der letzte Repräsentant


eines Sammlertypus, der fehr vermieden von dem gegenwärtigen war. Mit

A Philippe Burty, Goncourt, Gonfe entdeckte er fogleid) den Reiz der erften nad)
Europa kommenden japanifd)en Fjolzfchnitte, die von ihm als erfter gefudtjt wurden.
Man fammelte damals nicht um zu fpekulieren, ebenfowenig einer Mode folgend. Es
mangelte zuweilen fogar etwas an Methode. Der Liebhaber wollte fid) mit ülerken
umgeben, die i\)n bezaubert Ratten, er faßte nie die Möglichkeit einer Trennung ins
Äuge, wurden ißm audi die verfüßrerifchften Ängebote gemacht. In diefem Geifte brachte
Fjaviland die beträchtliche Änzal)l erftklaffiger Kunftwerke zufammen, die jejjt wieder
zerftreut werden follen. Die Lebensarbeit eines Sammlers voll Geift und Gefchmack
[teht vor uns, um in ihrer Gefchloffenheit zerftört zu werden! —
Es laffen fid) nicht alle Kunftformen, die das tätige Intereffe Charles Fjavilands er-
regt haben, in einem Ärtikel behandeln. Ein zweiter Äuffatj über die japanifchen
Sammlungen, von denen nur der kleinfte Leil an Fjolzfchnitten und Lackarbeiten in
diefen Lagen verfteigert wird, folgt zu Beginn des nächften Jal;res bei Gelegenheit der
zweiten Venteausftellung.
Die gefd)loffenen Reihen, die jejjt im Botel Drouot auseinander geriffen werden —
die modernen Gemälde am 7., die gried)ifd)en und ägyptifd)en Antiken am 11. und 12.,
die alten Gemälde und Fümftgegenftände am 14. und 15. Dezember — zeigen, wie der
Gefchmack ihres Befi^ers fid) nid)t nad) den Blütezeiten antiker Kunft und nicht nach
gewagten Spekulationen der Moderne orientierte. Er liebte jede Art, jede Kunftepoche
auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklungskurve und verftand mit Sonderung und wunder-
barer Sicherheit zu wählen.
Unter den antiken Stücken fehen wir weder die prädynaftifdjen ägyptifchen, noch
die archaifd)en Perioden Griechenlands vertreten. Ein wunderbares Stück ift die Sed)-
met der faitifdjen 3dt in grauem Granit (Äbb.). Unter den 85 gried)ifd)en Cerra-
kotten, zum großen Leil aus dem 5. oder 4. Jahrhundert, fallen im befonderen ver-
fchiedene figürliche Darftellungen auf, Goreen oder Epheben, von denen einzelne in
der originalen Polychromie erhalten find, ebenfo eine Votivplakette aus dem 5. Jahr-
hundert, Demeter in einfacher und ergreifender Darftellung (Äbb.). Unter den
Marmorwerken ift eine Aphrodite, ein Flachrelieffragment aus dem 4. Jahrhundert das
reinfte Stück, ein großer Krug, im Relief zwei Szenen aus dem Leben des Odyffeus,
das edelfte. Von den 42 Bronzen müffen ein kleiner hockender Satyr des 5. Jahr-
hunderts und ein korinthifcher Spiegelfuß erwähnt werden, ebenfo ein Priapus von
Lamfakus des 4. Jahrhunderts, der mit einer bemerkenswerten plaftifchen und aus-
drucksvollen Feinheit behandelt ift. Das Glanzftück der Sammlung, vielleicht die fchönfte
gried)ifd)e Bronze, die jemals zum öffentlichen Verkauf kam, ift eine Aphrodite mit
dem Spiegel (Äbb.). Einen Namen zu nennen, wäre unvorfid)tig, da jede Signatur
fehlt. Auf keinen Fall hüben wir es mit einer Schülerarbeit zu tun. Nur einer der
größten Meifter des 4. Jahrhunderts konnte diefe Kompofition fd)affen, mit diefer
Liebe Glieder, Bruft und Leib modellieren, ein Spiel zartefter Lichter. Ein vollkommenes
Beifpiel der Fjöl)ß gried)ifcher Kunft, das vieles in den Schatten ftellt!
Das Verftändnis und die Liebe zur Schönheit der Antike war die Frucht einer langen
Kunftfammlertätigkeit, deren Grund in den lebten Jahren des 19. Jahrhunderts durch
eine Kollektion von Renaiffance-Bronzen gelegt wurde, die als Rivalen in Paris nur die
Sammlung C. Dreyfuß und der Marquife de Ganay \)at und die allein von den Louvre-
Bronzen übertroffen wird. Diefe Vitrine mit kaum 50 fehl' gewählten Arbeiten der

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