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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 2
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Simon, Karl: Beiträge zur Geschichte der Keramik in Frankfurt a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0113

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III. Kröge nad) Kreußener Ärt?
Es konnte [einerzeit nachgewiefen werden, daß ein wichtiges Mitglied der bekannten
Kreußener pjäfnerfamilie, Johannes Veft, von 1605—1611 als Bürger in Frankfurt
anfällig gewefen, hier zwei Brennöfen gehabt und eine umfangreiche Tätigkeit ent-
wickelt hat, von der nod) zahlreiche Ofenkacheln und fonftige Ofenteile, aber auch ein
Porträtmedaillon aus Eon Kunde geben1. Das mußte auch die Frage nahe legen, ob
etwa auch Gefchirr in der Kreußener Art hier gefertigt worden ift?
Vorläufig nur auf ein kleines Beobachtungsmaterial angewiefen, das ich bei der Un-
gunft der 3eiten nicht fehr bald erweitern zu können hoffen darf, möchte ich doch
heute fd)on die Frage zur Erörterung [teilen.
3u beachten ift dabei natürlich von vornherein eines: der Eon der Kreußener Gruben,
der zur ßerftellung des dortigen Steinzeugs verwendet wird, ift ja offenbar derartig
einzig, daß man nicht ohne zwingende Gründe wird annehmen dürfen, Kreußener
Gefchirr mit all feinen bekannten, fpezißfchen Eigenfchaften fei anderwärts auch ge-
fertigt. Ebenfo hat der Gedanke an Export von Kreußener Eon an weiter gelegene
Orte, etwa nad) Frankfurt, feine Schwierigkeiten, wenn er aud) an fid) nicht völlig
von der Fjand zu weifen ift.
(Hohl aber wäre das ohne weiteres möglich, daß die Formen des Gefd)irrs und der
Dekor in Kreußener Ärt auch anderwärts begegnete, während das Material ein
anderes, nicht Kreußener Eon wäre. Und wo dies letztere zuträfe, läge dann die
(£Iahrfd)einlid)keit vor, daß foldje Stücke, tro£ aller fonftigen Ähnlichkeiten mit Kreußener
Fabrikaten, nicht in Kreußen h^rgeftellt worden wären, wie es etwa bei der fächfi-
fchen (Uare der Fall ift.
3u folchen Gedanken gibt ein Stück der Sammlung des Frankfurter F)iftorifd)en
Mufeums Anlaß, auf das mich gelegentlich Richard Stettiner aufmerkfam machte.
Es ift ein viereckiger, an den Ecken abgerundeter, 24 cm hoher Krug mit rundem
Boden und runder kurzer Äusgußöffnung oben; die vier Ecken oben und unten zeigen
einen aus der Model gepreßten Löwenkopf (Äbb. 9). Auf den vier Ecken ift je ein
(Happen in ovaler Umrahmung aufgelegt. 1. Gekrönter Doppeladler, bezeichnet FR-
ÄN-CF-VR-T 1-6-2-7. 2. (Happen mit einem Krug, der auf einer Drehfeheibe (?)
fteht. Oben ein Mann mit Spachtel (?) und Stab. Rechts und links C-K. 3. (Happen
mit drei fternförmig gegeneinander geteilten Stäben und der 3ahl 1627. Oben Mann
mit Sichel und Ähre. 3U beiden Seiten I-K. 4. (Happen mit Schlachtmeffer und
Jahreszahl 1627. Oben Mann mit Schlachtmeffer und Peitfd)e. 3u beiden Seiten S-V.
Überzogen ift der Krug mit einer dünnen [chokoladenbraunen Glafur, die durchaus
den Charakter der bei den Kreußener Krügen üblichen trägt. Nur nahe dem Boden
ift fie nicht überall gleichmäßig gefloffen, und an diefen Stellen kommt, ebenfo wie
an der Hnterfeite des Bodens, der hellgelbe Eon zum Vorfchein. Es ift tatfädjlid)
kein Stein —, fondern Irdenzeug, fügt pich aber dem äußeren Äusfehen nad) durchaus
in den Kreis der Kreußener Erzeugniffe ein.
Nad) der Infd)rift mit der Bezeichnung „Francfurt“ liegt engfte Beziehung zu unferer
Stadt vor, und da das Material gewöhnlicher Eon ift, der auch fonft hier verarbeitet
wird, fo fprid)t nichts gegen die Annahme, daß das Stüde hier gefertigt ift. Dazu
würde ftimmen, was wir über die FJerkunft wiffen. Es ift in der Ältftadt, der Äller-
heiligengaffe, gefunden worden, in der Nähe eines Kaufes mit dem Namen „3ur gol-
denen Luft“ — angeblich in dem Keller eines früheren Eöpferhaufes. Das hat an fid)
nichts Hnwahrfd)einlid)es, da hier die eigentliche Stadt nad) Often hin zu Ende war,
fo daß feuergefährliche Betriebe hier wohl geftattet werden konnten.
1 S. o. S. 82.

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