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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 2
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Schröder, Hans: Lüneburger Terrakotten der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0114

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Lüneburger Terrakotten der Renaiffance

Von HANS SCHRÖDER-Hamburg

Mit 22 Abbildungen

enngleicß Lüneburg hervorragende Kunftwerke aus dem 3eitalter der Renaiffance


aufzuweifen hat, fo ift es doch außerordentlich fchwierig, in feiner Plaftik ILlerke

“ “ für die Übergangszeit von der Gotik zur Renaiffance aneinanderzureihen, die
die Entwicklung des neuen Stiles zeigen, wie fie z. B. an feinem Ratsfilberzeug ziemlich
lückenlos nachgewiefen werden kann. Denn in der Lüneburger Plaftik ift aus jenen
Jahren bis etwa zum Auftreten des bekannten Renaiffancemeifters Albert von Soeft1 2
(1568—1590) fehr viel verlorengegangen. Ein wertvolles Ergänzungsmaterial liefern
uns für die 3eit von 1543—1558 die äußerft zahlreichen Terrakotten, die in die Faffaden
der markanten Lüneburger Bürgerbauten eingelaffen find.
Schon Sarre3 hat in feiner grundlegenden Arbeit verfucht, die Verbreitung der Form-
fteine in Woradeutfcßland kurz zufammenzuftellen. Cöir finden die Terrakottenplaftik
noch in Lübeck, tUisrnar, Büßow, Stralfund, Schwerin, Gadebufd), Roftock, Freienftein
und Ulrichshaufen. Sarre ftreift auch ganz kurz die Lüneburger Terrakotten und bringt
pe in Beziehung zu der (Xlerkftatt des Statius von Düren in Lübeck, ohne diefer Frage
fyftematifd) nadjzugeßen. Eine genauere Unterfucßung verfeßiebt aber die Stellung,
die die Lübecker Tonplaftik und die Cüerkftatt des Statius von Düren einnahmen, in
erheblicher tüeife.
Der verdienftvolle Erforfcher Lüneburger Gefcßicßte und Kunftgefcßicßte, Prof. Dr. tüil-
helm Reinecke, hat in einer Mitteilung über den Lüneburger 3iegelmeifter ßans Fhafe4
die Frage der Priorität der Lübecker und Lüneburger Terrakottenplaftik zuerp aufge-
worfen. Der Lüneburger Rat fchloß nämlich am 9. Oktober 1543 mit dem 3iegelaieifter
Fhafe einen Vertrag, in dem es heißt, daß Fßafe fich darauf verftand, „grotße czyrlyke
quadratstücke stßenss, tßo ßussdoren, gantzen gevelen, schorstßenen und suss tßo an-
derem muehrwerke deinstlycß“ ßerzuftellen. üüeiter lefen wir, daß ißm „eyn erbar
rßadt de borgerseßopp, wennehr he de forderende wertß, vorgunstygen und gßeven,
ock ßyrmyt vorlovet ßebben, dat werck der snytker und kunthormaker dßarsulvest
bynnen Lüneborg bonefenst den andern synes gefallens to gebrukende“. Fhafe, dem
der Rat jede Förderung feiner Kunft verfpraeß, brachte noch einen Gehilfen mit, „eynen
anderen teygelmeyster, de omc insunderßeit tßo syner kunst deynstlyck“. Aucß diefen
Geßilfen will der Rat unterftüfeen, denn es heißt, wenn „desulve by ome kein arbeyt
ßebben mochte, szo ßefft syck eyn erbar rßadt erbaden, demsulven teygelmeyster tßo
der tydt, wennehr Fjans Fßafe syner nycßt tßo dßoende, up dem andern teygelßave
vor eynen teygelmester arbeytß tßo gßevende“. Fßafe war demnach nicht nur 3iegGl-
meifter, fondern er muß auch als Snitker und Bildhauer tätig gewefen fein.
Aus eben diefem Jaßre (1543) datieren diejenigen Lüneburger Terrakotten, die
für unfere ünterfueßung zuerft in Frage kommen, die dann bis zum Jaßre 1558 nicht
nur in der Form, fondern aud), und das ift mit Fjinblick auf die ftets unglaßerten
Lübecker Tonplaftiken ßöcßft bedeutfam, in der Farbe eine intereffante Entwicklung
neßmen, denn die Lüneburger Terrakotten pnd faft fämtlicß glapert. Die Kunft, glaperte
Formfteine, aucß folcße mit pgürlicßen Darftellungen, zu bilden, war in Lüneburg feßon
lange bekannt. Bereits der Giebel von St. Johann — etwa 1380 — weift Glafuren auf.
1 Die vorliegende Arbeit entßand im Anfcbluß an Übungen zur Gefcßicßte des norddeutfeßen
Kunftgewerbes, die Prof. Dr. Stettiner an der Hamburger üniverßtät abßielt.
2 CU. Beßncke, Albert von Soeft. Straßburg 1901.
3 Friß Sarre, Der Fürftenßof zu Cüismar und die norddeutfebe Terrakotta-Arcbitektur im 3ßit"
alter der Renaiffance. Berlin 1890.
1 Lüneburger Mufeumsblätter, f)eft 6, S. 192. Lüneburg 1909.

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