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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Braun, Edmund Wilhelm: Eine Nürnberger Renaissanceschüssel von 1536 mit dem Porträt des Patriziers Christoph Coler
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0136

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Eine Nürnberger Renaiffancephüffel von 1536
mit dem Porträt des Patriziers Chriftoph Coler
Mit zwei Abbildungen Von EDMUND WILHELM BRAUN-Troppan

Das [tädtifche Mufeum zu Balle a. d. Saale erwarb vor einigen Jahren eine Fayence-
fd)üIJel mit 3innglafur, die in Blaumalerei mit etwas Gelb und Mangan das
Bruftbild eines langbärtigen älteren ßerrn in vornehmer Eracht und die Jahres-
zahl 1536 trägt. Stengel hat diefelbe in „Kunft und Kunßhandwerk“ (XVI, 1913, S.486)
und Freyer im „Cicerone“ (VI, 1914, S. 399) abgebildet. Stengel [teilte pe mit einigen
anderen verwandten Städten zufammen, die er mit ßirfdjvogel in Verbindung brachte
und für Nürnberg lokaliperen möchte. Er tjebt mit Recht hervor, daß es pd) bei dem
Porträt um eine „individuelle Bildnisdarftellung“ handle, die vielleicht einmal feftgepellt
werden könne. Das läßt pd) jetzt durchführen. Der Dargepellte ift der Nürnberger
Patrizier Chriftoph Coler, von dem es ein Porträt, ein Ölgemälde von Georg Pencz,
gibt, das gleichfalls 1536 datiert ift und leider jetzt ver[d)ollen ift. Glücklicherweife
exiftiert aber eine Radierung1 von Wenzel ßollar nach dem Bilde, welche die Signatur des
Pencz und das gleiche Datum trägt; die genaue Wiedergabe durch ßollar wird durch
die Übereinftimmung mit einer Studie des Pencz, die heuer auf der Ämfterdamer
Auktion der F)andzeid)nungen aus dem Beptje des Fürften Solms-Braunfels auftaudjte2
und mit einem Guachebildnis des Coler im fog. Gephlechterbuch des Konrad Baller
(Nürnberger Kreisarchiv)3 bezeugt, das gleichfalls von Pencz herrührt. Die Porträt-
ähnlichkeit auf diefen Penczfchen Werken mit dem Bruftbild der Sd)üf[el zu Balle ift
evident. Es ift derfelbe zweigeteilte, lang herniederwallende Bart und der wulftige,
halbkreisförmig herabfallende Schnurrbart; auch der Blick der kleinen, etwas ftechenden
Äugen unter den ftarken Brauen ift identifd). Koftümlid) ift allerdings eine Divergenz
feftzuftellen. Auf der Schüffel ift Coler barhäuptig dargeftellt, während er auf den
übrigen Bildern Netzhaube und Bat trägt; dagegen ip die pelzbefetjte Schaube wieder
diefelbe. Die Jahreszahl (1536) ift gleichfalls immer die gleiche. In der Äuffaffung und
Wiedergabe des Porträts ergaben pch wiederum parke Übereinftimmungen mit Pencz.
Die drei ölbildniffe des Meifters im Berliner Kaifer-Friedrich-Mufeum, darftellend den
Nürnberger Maler Erhard Schwerer und feine Frau, fowie einen jungen Mann, ferner
das Porträt eines Goldfchmiedes in der Karlsruher Galerie4 weifen große Verwandt-
fdjap auf; befonders das Bildnis der Schweizerin zeigt in derfelben Weife die Bände
übereinandergelegt; auch die Stellung der Köpfe mit leichter Neigung nach links oder
rechts, welcher der Blick der Äugen folgt, ift übereinftimmend. Wir können alfo zu-
nädjft feftftellen, daß dem Maler der Sd)üffel eine Porträtwiedergabe des Pencz zu-
grunde lag, der zu derfelben 3eit den ftattlichen Patrizier porträtierte, wir können aber
wohl noch weiter gehen und [fließen, daß Pencz felbft das Bruftbild der Sd)üffel
auf den weißen 3innemailgrund gemalt hat, um fo mehr, als Coler bei der Beftellung
der Schüffel mit feinem Porträt wohl gewünfdp haben mag, daß Pencz, der ihn foeben
zu feiner 3nfriedenheit conterfeit hatte, auch erftere dekoriere. Die Behandlung des
Bruftbildes auf derfelben ift mit Pötten pcheren Pinfelftrichen in rein malerifcher Weife aus-
geführt, und da die Schüffel immerhin zu den früheften Fayencemalereien auf 3innemail,
in Nachahmung der „welphen“ Majoliken Oberitaliens, gehört, ift es begreißich, daß pch der
Cöpfer zur Durchführung des Dekors an einen Maler wandte, dem die Cechnik natürlich
1 Vgl. meinen Huffatj in der diener Kunßzeitphrift „Belvedere“ 1922, Beft 2, S. 117. C. L1II.
3 Katalog v. de Vries Nr. 422. C. V.
3 Hbg. a. a. 0. „Belvedere“. C. LIII.
4 Äbg. Janitfdjek, Deutfd)e Malerei, S. 371.

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