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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 3
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Hirschmann, Otto: Die Sammlung A. Preyer im Haag
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0149

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Die Sammlung Ä. Preyer im Fjaag

Von O. HIRSCHMANN

Mit 14 Abbildungen auf 8 Tafeln

Fjerr Preyer fiel) im Laufe der Kriegsjahre aus dem Gefd)äßsleben zurückzog,


war er in der glücklichen Lage, die Kenntniffe, Erfahrungen und Mittel eines

* ^großzügigen Kunfhändlers, der er gewefen war, der Formung einer Privat-
fammlung dienftbar zu machen. Der Kunftmarkt erfreute pd) damals, wie auch in den
erjten zwei Jahren nad) dem üdaffenfillftand, eines befonders reichen 3uflu{Jes und
bot auch dem verwöhnten Sammler eine reiche Äuswahl. Es gehörten aber, auch unter
diefen günftigen Umftänden, mehr als bloß die Mittel dazu, um in wenigen Jahren
eine aus dem Ällerbeften gewählte Sammlung zufammenzubringen, wie Fjerr Preyer
fie heute fein eigen nennt.
Fjerr Preyer hat zwei Steckenpferde. Das eine ift die fogenannte Fjaager Schule des
19. Jahrhunderts (Brüder Maris, Israels, Mauve ufw.), mit deren Emporkommen und
Durchdringen zu internationaler Bedeutung der Name Preyers eng verknüpft ift. Da-
neben waren es die großen holländifchen Meifter des 17. Jahrhunderts, für die er von
jeher mit Begeiferung eingetreten ift und die er nun auch zum Fjauptgegenftand feiner
Sammeltätigkeit gemacht hat.
Än der Spitje natürlid) Rembrandt. Nicht weniger als vier hervorragende Gemälde
des Vielbegehrten wußte Fjerr Preyer in feinem Befitj zu vereinen. Äber es gibt
Rembrandts und Rembrandts. Es gibt felbft unanfechtbare Rembrandts, die, ungeachtet
ihres ftets anfehnlidsen Marktwertes, nicht die Änfprüdje eines jeden Sammlers zu be-
friedigen vermögen, ünd fjerr Preyer gehört zu jenen Sammlern, die felbft an einen
Meifter wie Rembrandt ihre Änfprüche fiellen.
ünter den vier Bildern befindet fid) zunächft ein kunftgefd)id)tlid) und küriftlerifd)
gleich bedeutendes Früh werk des Meifters, das der Allgemeinheit bis vor kurzem nur
aus ungenügenden Reproduktionen bekannte und wohl aus diefem Grunde öfters ver-
kannte Judasbild1 (Abb.). Durch leihweife Äusftellung vor zwei Jahren im Fjaager Ge-
meente-Mufeum hat Fjerr Preyer weitern Kreifen Gelegenheit gegeben, mit dem bisher
ftets in wenig zugänglichen Privatfammlungen (Baron de Schickler und Graf Pourtales
in Paris) bewahrten Bilde Bekanntfchaft zu machen. Es ift das Bild, das Conftantijn
Fjuygens in feinen Dagebud)aufzeid)nungen (ca. 1630) begeifert befchreibt und das ihn
ausrufen läßt, der unbärtige Müllersfoßn habe damit Protogenes, Äpelles und Parrhaßus
übertroffen. Catfächlid) kennzeichnet es fid) rein äußerlich fcßon durch fein anfehnlid)es
Format, aber aud) durch die Urfprünglid)keit von Vorwurf, Kompofition und Sorg-
falt der Ausführung als eines der wid)tigften, wenn nicht als das bedeutendfte der vor
der Überßedelung nach Amferdam (1631) entfandenen tHerke des Meifters. Originalität
fpricht fd)on aus der 0)emawal)l. Der Vorwurf des reuigen Judas ift in der dar-
feilenden Kunft vor Rembrandt wohl kaum behandelt worden. Frei von jeder Cradition
baut Rembrandt, aus einem fpärlid) andeutenden Bibeltext von wenigen 3eilen fchöpfend,
eine hod)dramatifd)e Szene von ureigenfter Erfindung vor uns auf. Fjuygens pries be-
fonders die Kraf, mit der Rembrandt die ohnmächtige Verzweiflung des Judas zum
Ausdruck brachte. Und doch ift es nicht die Fjauptpgur des Judas, die das Auge
des Befchauers zuerf anzieht. Vielmehr wird diefes geblendet durch die Lichtfülle,
die der grellbeleud)tete aufgefd)lagene Foliant links vorne ausfrahlt. Mit diefer Lid)t-
1 Leinwand 78X101 cm. — Bezeichnet auf der Cbronftufe mit dem Monogramm RHL. — Fjof-
ftede de Groot, Nr. 123. Nad) diefem foll das Bild weiter unten mit einem zweiten, größeren
Monogramm bezeichnet fein; ein fold)es war jedod) aud) auf dem ins Sonnenlicht geteilten Bild
nicht aufzufinclen.
Der Cicerone, XV. jaljry., 3 8 125
 
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