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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 4
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Braun, Edmund Wilhelm: Die Möbel auf Burg Kreuzenstein
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0187

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Die Möbel auf Burg Kreuzen ft ein
Mit zehn Abbildungen auf fünf Tafeln Von EDMUND WILHELM BRAUN-Troppau
Das Lebenswerk des prächtigen, ritterlichen und verehrungswürdigen Burgherrn auf
Schloß Kreuzenftein in Niederöfterreich, Sr. Exzellenz des Grafen Fjans lüilczek
(+ 27. Januar 1922), ift die Reftaurierung, der Ausbau und die Einrichtung dieferBurg
mit unzähligen Güerken alter Kunft. Es war aber nicht bloß eine Pflicht der Pietät gegen den
Grafen, die vor einigen Jahren Alfred von tüalcher-Molthein bewogen hat, mit der Veröffent-
lichung der Kunftfammlungen auf Schloß Kreuzenftein zu beginnen, fondern auch auswiffen-
fchaftlichen Gründen dürfen wir diefe Publikation auf das wärmfte willkommen heißen.
Bis jetjt liegt der erfte1 Band des Werkes vor, welcher auf 200 ausgezeichneten Cafeln
Gefamt- und Detailanfichten aus dem Bau, dann der Befitj an alten Glasgemälden, in
der Fjauptfad)e aber das überreiche, außerordentlich wertvolle Material des Schloffes
an alten Möbeln, hauptfächlid) aus der Gotik und Renaiffance, veranfchaulichen.
Die Gefchichte des älteren Kunftgewerbes ift bei weitem nicht fo fyftematifd), viel-
feitig und tiefgründig unterfud)t, wie etwa die der Malerei, Skulptur und Architektur,
wenigftens in den fogenannten Glanzepochen. Eine große üngleicßartigkeit der For-
feßung d)arakterifiert diefen 3wei9 der Kunftwiffenfchaft. 3weifellos hängt dies mit
der großen 3erftreutheit des kaum überfehbar großen, weitausgedehnten Materials zu-
fammen, aud) hat man fiel) bei der Arbeit zu fehr — beinahe unwiffenfchaftlid), aber
in diefem Falle ebenfo begreiflich — mit den Meifterwerken der einzelnen Cechniken,
den reichften und fdrjönften Erzeugniffen derfelben befd)äftigt und dabei kam die Ent-
wicklung der Cypen zu kurz, üm letztere nun zu erkennen, muß in erfter Linie ganz
fyftematifd) das ganze, für die Erkenntnis diefes Genefis notwendige Material in zu-
verläffigen und guten bildlichen Reproduktionen vorgelegt werden.
Natürlich follen die einzelnen Objekte dabei wiffenfchaftlid) befchrieben werden. Des-
halb ift der einzige Nachteil des t£Ialcherfd)en Buches das Fehlen der Materialangabe
und befonders der fo wichtigen technologifchen Befchreibung. Das Material des ßolzes
und die Art der Bindung und Vereinigung der Bretter muß unbedingt felbft bei der
knappften Befchreibung notiert werden, weil dies fowoßl zur Beftimmung der land-
fchaftlichen 3uge^örigkeit wie zur Erkenntnis der tecßnifchen Verfeinerung und Ent-
wicklung bei diefen Cifchlerwerken notwendig ift. tüas früher, befonders in den jüngft
versoffenen Epochen, im rafenden (Dettlauf der Nachahmung aller Stilarten an fo-
genannten „Vorlagswerken“ erfchien, die ficherlid) auch ganz verdienftvolle Material-
fammlungen bildeten, ift heute feilen mehr zureichend, weil die Auswahl der Bilder
von anderen Gefid)tspunkten aus getroffen wurde, die entweder technologifd)er und
äfthetifcher Natur waren oder rein auf Nachahmungszwecke für die neuzeitige Pro-
duktion hinausliefen. Eine wiffenfchaftliche Entwicklungsgefchichte des Möbels, vom
Ende der Antike bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, hat aber zur Vorausfefeung eine
umfaffende Materialfammlung, in der nicht nur alle, auch die einfachften, auf die Jetzt-
zeit gekommenen Originale vorgelegt werden müffen, fondern die auch fämtliche, auf
Miniaturen, Segnungen, Bildern, plaftifchen Cilerken, Stichen und F)olzfd)nitten er-
fcheinenden Möbel forgfältig aufgenommen, und wenn nötig und möglich, auch auf Grund
fid)tbarer und untrüglicher Anhaltspunkte rekonftruiert zu enthalten hat. Gerade diefe
noch erhaltenen alten Abbildungen „aus der 3eit“ geben befonders aus der für die
Möbelformen entwicklungsgefchichtlid) fo wichtigen Epoche der Gotik, aus welcher
relativ wenig urfprünglid)e und unberührte Originale erhalten find, außerordentlich
wertvolle Auffchlüffe. Man denke nur, um Analoges aus der Cextilkunde anzuführen,
wie wichtig die auf alten italienifchen und deutfd)en Bildern abgebildeten orientalifchen
1 Burg Kreuzenftein an der Donau. Verlag Änton Schroll, dien.

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