Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

DOI Heft:
Heft 7
DOI Artikel:
Goebel, H.: Deutsche Wandteppichmanufakturen im 18. Jahrhundert: Die Bildteppichmanufakturen in den Markgrafschaften Bayreuth und Ansbach
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0337

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Deutfdje (ilandteppidjmanufakturen
im 18. Jahrhundert / Die Bildteppicpmanufak-
turcn in den Markgraffdjaften Bayreutl) und Änsbad)

Von H. GÖBEL

Mit drei Abbildungen auf drei Tafeln

I. Erlangen

ßriftian, ein Soßn des Kurfürften Johann Georg von Brandenburg, übernimmt nad)
dem Erlöfcßen der älteren fränkifcßen boljenzollern 1603 die Regierung der Mark-


graffdjaft Bagreutl). Er ift ein überzeugter Anhänger des proteftantifcßen Glau-
bens, ein unentwegter Gefolgsmann Guftav Adolfs. Ströme der Not ergießen fid) über
das fränkifdje Land. Sein Enkel Cßriftian Ernft verficht mit nicßt minderem Eifer die
Sache des Proteftantismus. Die erften Jahrzehnte feiner Regierung (feit 1661) find mit
kriegerifcßen Ereigniffen ausgefüllt, er kämpft mit dem Großen Kurfürften gegen Frank-
reich, wird kaiferlicßer Feldmarfdjall, verrichtet 1683 Heldentaten beim Entfaße von
(ilien. Die ünternehmungen, zumeift von Erfolgen gekrönt, vermehren den Rußm des
kriegsgewohnten Fürften, ße erfd)öpfen zugleid) in erfcßreckendem Maße die Kaffen
der ohnehin durch die Leiden des Dreißigjährigen Krieges verarmten Markgraffd)aft.
Cßriftian Ernft ßeßt als Kind feiner 3eit zwei Auswege, die Goldmacherei und die Be-
gründung lebensfähiger Manufakturen. Das erfte Gebiet kann füglich unerörtert bleiben,
das zweite verdient im Intereffe unferes Stoffes eingehendere Berückfid)tigung.
Die Aufhebung des Ediktes von Nantes (18. Oktober 1685), eine der politijd) törid)tften
Handlungen Ludwigs XIV., treibt Caufende der tüd)tägften Kunfthandwerker aus der
Heimat. Das Ausland nimmt die Refugies, von deren Tätigkeit es pd) eine ftarke Be-
lebung der heimifd)en Unternehmungen verfprid)t, mit offenen Armen auf. Bereits im
Jahre 1681 verfudjen die franzöfifchen Reformierten den Markgrafen zur Einwanderungs-
genehmigung und Gewährung entfpred)ender Privilegien zu bewegen. Der Verfud)
fcßeitert an dem Kliderftreben des lutherifchen Konpftoriums, das der Not der refor-
mierten Brüder nur wenig Verftändnis abgewinnt. Es bedurfte erft der eifrigen Arbeit
des franzöfifchen Agenten du Cros, um den Markgrafen, richtiger gefagt, den wider-
fpenftigen Geheimen Staatsrat und das Konßftorium zum Einlenken zu bringen. Im
Oktober 1685 trifft aus der Schweiz — der erfte 3uflud)tsort der Emigranten — eine
Abordnung der Einwanderungsluftigen unter Führung von Jean de la Porte und Claude
Brouffon am Hofe ein. Am 27. November 1685 ergeht das markgräflid)e Edikt, das
den Refugies alle Rechte der Landeseingefeffenen fowie die freie Ausübung des re-
formierten Ritus zufichert, ihnen ferner erhebliche Beihilfen für die zu gründenden
Manufakturen und Steuerfreiheit auf fünf bzw. zehn Jahre in Ausfid)t ftellt. Du Cros
regelt den Einwanderungsftrom, der fid) feit 1686 über das Bayreuther Gebiet ergießt.
Als Niederlaffung für die Gewerbetreibenden unter den neuen Landeskindern wird in
erfter Linie die Refidenz Erlangen vorgefeßen, die eine entfprecßende Erweiterung er-
fahren foll. Am 14. Juli 1686 wird in „Neuerlang“ — 1701 wird die Bezeichnung
„Cßriftian-Erlang“ amtlich eingeführt — der Grundftein der reformierten Kirche gelegt.
I1/* Jahre fpäter erheben fid) bereits die Mauern des Gottesßaufes, etwa 40 Siedelungs-
gebäude ßnd im Entfteßen. Einzelheiten führen zu weit. Das 3ufammenarbeiten der
Einßeimifchen und der 3ugewanderten läßt oft zu wünfcßen übrig, es fehlt an dem
notwendigen Handwerksgerät — der Bau der (üirkerftühle gerät ins Stocken — und
an Rohmaterialien, namentlich an öüolle. Verhältnismäßig rafd) kommt die Strumpf-
wirkerei in Gang, ein Fabrikationszweig, der fid) befonderer Vorliebe erfreut — fo
auch in Berlin, Hameln und Hannover —, die fflandteppicßerzeugung macht gute Fort-
fd)ritte, mit der Herftellung von Seidenwaren, denen der genügende Abfaß fehlt, hapert
Der Cicerone, XV. Jaforfl., §eft 7 17 313
 
Annotationen