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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 7
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Basler, Adolphe: Der Salon der "Indépendants"
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0361

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Der Salon der „Independants“

Von ADOLPHE BASLER

Mit vier Abbildungen auf zwei Tafeln

iefer Salon ßatte von jeßer für die Kritiker und Maler den Vorzug, daß fie pcß


gründlißft bezüglich der3aßl der großen Künftler, die durd) den offiziellen Ge-

•*—** ßßmack desavouiert waren, die aber feitßer den Rußm und jeden kommerziellen
Vorzug geno[fen, täufßen konnten. (Dollte man ßeute einmal all dieGlojj'en fammeln,
die die Kunftkritiker einem Cezanne, van Gogß, Lautrec, Gauguin oder dem 3öllner
Rouffeau gewidmet ßaben, würde man erftaunt fein über die Sicßerßeit ißres Drteils
wie über dasjenige von Diderot, wenn man feine „Salons“ lieft. Diefer fagt über ein
Bild von Fragonard: „Diefes ift geiftlos, blaß, von einer gleichmäßigen, eintönigen Hal-
tung und weicßliß gemalt“. Fjat man nid)t vor einem Vierteljaßrßundert noeß den Ge-
mälden eines Renoir den gleicßen Vorwurf der Fadenfcßeinigkeit gemaeßt? ünd was
Diderot vonBoucßer fagt, klingt noeß ungewößnlicßer: „Id> werde das da zu vergeffen
fueßen,“ fagt er, „beinaße wird er einen Namen ßinterlaffen, er wäre der erfte von
allen gewefen, wenn er nur gewollt ßätte.“ Aber alle diefe Irrtümer pnd ausgeglicßen
dureß den klaren Blick, den er gegenüber einem Cßardin bewiefen, den er für den
größten Magier aller 3eiten erklärte.
(Darum erregt man pcß ßeute fo fcßrecklicß über einen fo ausgezeichneten Scßrift-
[teller wie Camille Mauclair, weil er das Genie eines Cezanne nießt erkannt ßatte, wo
man doeß annimmt, daß ein noeß fo obfkurer Skribent jede Sorte von unfäßigen Ku-
biften, einerlei ob pe es pnd oder nießt, beweißräueßern kann und die überzeugendften
Calente der jungen Generation zu vernießten verfud)t.
Docß verweilen wir nießt bei den (Ingerecßtigkeiten der Kritiker oder der un-
kultivierten Maler, die Beifall rufen oder die wenigen feßöpferifeßen Genies zu
erdrücken verfueßen, die von 3eit zu Seit emportaueßen. Diefe kleine Schar von
Malern und Bildßauern, die pcß beinaße feit einem ßalben Jaßrßundert zufammendrängt,
bildet dureß ißren Gegenfaf) zur ofßziellen Mode die eigentiieße Gruppierung des „Salon
des Independants“. Aber gibt es ßier überßaupt noeß fo viele „(Inabßängige“ ? Ift
nießt Signac, der Füßrer der neo-imprefponiftifeßen Scßule, ebenfo bekannt dureß
feine feßönen ieueßtenden Landfcßaften wie als Mitglied der „Academie des Beaux-
Arts“? (Ind wird nießt der delikate Maler Bonnard von den Liebßabern meßr ge-
feßä^t als Fjenri Martin oder Aman Jean? Cßarles Guerin, Maurice Denis, Valloton,
Friefz oder Lßote ßaben in ißren Privatfcßulen ebenfo viele folgfame Scßüler, Männ-
lein und ((leiblein, als irgendein renommierter Profeffor an der „ecole des Beaux-Arts“.
(Das bleibt alfo von den Independants? Selbft die fogenannten Sonntagsmaler pnd
kaum zu pnden, und was die anderen anlangt, fo pnd fie beinaße ausnaßmslos reif,
einem Besnard, Aman Jean in die „Nationale“ zu folgen. Sie würden peßer eine viel
gefeßmeidigere Kunft dort ßineintragen als die Veteranen diefer eßemals revolutionären
Gründung der Independants. Statt eines Puvis de Cßavannes oder eines Rodin, eines
Bourdelle oder eines Despiau erlebt man ßier noeß genug junge Elemente, die fäßig
pnd, eine 3eitlang die Atmofpßäre aufzufrifeßen. Man kann pcß fogar der Illupon eines
Neuen ßingeben, wenn man das dureßaus Pariferifcße eines Bouffingault bewundert,
der ein nießt minder kluger und nießt weniger beweglicßer Maler ift als ein anerkannter
Meifter oder äßnlicß die dureßaus elegante Art von A1 i x auf pcß wirken läßt,
der mit großem Nutjen an Daumier gelernt ßat. Sicßer ift, daß eine Suzanne Val-
ladon ißr Lebtag als „independante“ zu gelten ßaben wird. Ißre beiden weiblicßen
Akte feßeinen uns in ißrem ausgefproeßenen Naturalismus um dreißig Jaßre zu ver-
jüngen und jene ßjoeßblüte des Imprefponismus zurückzurufen, d. ß. jene 3eit* wo man
noeß nießt mit (Dicßfe gemalt, wo man das Ließt als göttlicße Effenz der Malerei ge-

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