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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 8
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0414

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Sammlungen
Von den ÜJiener Galerien
Das neue Barockmufeum / Neu-
ordnungen / Neuerwerbungen
und Verkäufe
In früheren Fjeften wurde bereits von den
großen Mufeumsplänen berichtet, die pd) im
ttlefentlicben auf die Neuordnung der öfterreicßi-
fd)en Staatsgalerie erftrecken. Ein Keil des Pro-
gramms ift nun in der Hufßellung des Barock-
mufeums nahezu vollendet. Die dazu verwen-
deten Räume des unteren Belvedere, die früher
zur Unterbringung der modernen öfterreidjifcben
und ausländifcßen Kunft gedient haben, dürften
im Hpril oder Mai eröffnet werden. Es bandelt
pd) dabei um einen ganz neuartigen Verfud)
auf dem Gebiete des Mufeumswefens, der nur
einigermaßen eine Parallele in den feit dem
Kriege entftandenen Scßloßmufeen bat, pd) von
diefen aber dadurch unterfcbeidet, daß das fonft
vorhergehende Kunßgewerblicbe hier auf den
Grad der zeitgemäßen benützbaren Einrichtung
zurückgedrängt ift, im ttlefentlicben aber die
Malerei und die Skulptur lebendig mit der ori-
ginalen ard)itektonifd)en Äusftattung der Räume
zufammenklingen foll.
Die Reihenfolge der nun ihrer bisherigen Setz-
wände und Abteilungen entkleideten Räume ge-
ftaltet pd) zu einem abwed)flungsreid)en und
überrafebenden Bilde, wobei jeder Saal böcbft
glücklich mit den aufgeftellten Kunßwerken zu
einem einheitlichen Ganzen verfcbmolzen ift. In
der Flucht von Oft nach ttleft folgen jetzt: Der
Kremfer - Schmidt - Saal mit einem prächtigen
Äbendmabl aus dem Klofter St. Paul als Fjaupt-
ftück, daran anftoßend ein Saal barocker Land-
febafter (Brandt, Dorfmeifter, Feißenberger ufw.)
und ein Raum mit barocker Großplaftik (Bai—
tbafar Moll, vergoldete Bronzebüfte des Fürften
ttlenzel Liecbtenftein). In dem folgenden großen
Prunkfaal, der früher durch die Riefenbilder
Makarts und Klingers verftellt war, find nun
die Originalpguren des Brunnens am Neuen
Markt von Raphael Donner aufgeftellt, deren
prächtiger Bleiglanz im Rahmen der farbigen
flrcbitekturmalerei glücklich zur ttlirkung kommt.
Ein zweiter mit braunem Brokat ausgefcblagener
Donner-Saal enthält die Statue Karls VI. und
die Reliefs des Meifters und ift durch reiche ver-
goldete Barockmöbel belebt. Ein kleiner Neben-

raum enthält als Skizzen - Kabinett Gemälde-
entwürfe von Hltomonte, Fifcber, Gran, Maul-
pertfd), Kroger, Strudl und einige barocke Pla-
piken. Es folgt ein Saal der monumentalen
kirchlichen Barockmalerei mit drei in der Kliener
niricbskirche entdeckten Riefengemälden von
Maulpertfd), Mühldorfer und Kroger; der Saal
wurde, um die Bilder wie in weiter Räumlich-
keit wirken zu laffen, mit Einbeziehung der
Decke mit einem einheitlich dunklen Rot ausge-
malt, von dem pd) zwei reichbewegte farbige
Fjolzplaftiken abheben. Gegenüber dem gewöhn-
lichen Galerieeingang fchließt als Gegenftück der
Saal des weltlichen Barock an, mit blauem
Brokat ausgefcblagen, mit zwei Goldbüften Maria
Eberepas und ihres Gemahls von Mefferfcbmidt
und im Sinne einer Barockgalerie gehängten
Bildern von Hltomonte, Kupejzky, Meytens, Rott,
Strudl und Kamm. Hls ein Scßauftück an fid)
wirkt der nun von feinen Einbauten befreite
Eckfaal mit den Grotesken-Malereien. tim deffen
ttlirkung nicht zu beeinträchtigen, wurden hier
nur vier Eifcbvitrinen aufgeftellt, auf denen
barocke Kleinplaftik und Eerrakotten (Giuliani,
Matielli und der Denkmalsentwurf Mervilliers
für Katharina II. aus dem ößerreid)ifcben Mu-
feum) zufammen mit 3eid)nungen und Entwürfen
vorgeführt werden. Ebenfo erfebeint nun die
Marmorgalerie mit den früher unpctjtbaren
Nifcbenpguren von Domenico Parodi in ihrem
ursprünglichen Glanze. Ihr Fjauptfcbmuck pnd
nun die zwei überaus fchönen lebensgroßen
3inkpguren der Maria Eßerefia und Franz I.
von Mefferfcbmidt, deffen bekannte Charakter-
köpfe an den ttlandpfeilern aufgepellt pnd, und
die vergoldete Bronzebüfte van Swietens aus
der Äula der tlniverfität. Huf Barocktifcben find
die Reliefs Molls vom Sarkophage der Maria
Cberefia ausgeftellt. Der anfd)ließende goldene
Spiegelfaal enthält die große Marmorfkulptur
des Erbauers des Belvedere, des Prinzen Eugen,
von Permofer und fünf kleinere auf Eifcßen auf-
geftellte Gruppen von Graffi, Schietter und
Bergler. Den Schluß bildet ein mit karminrotem
Brokat ausgefcßlagenes Maupertfcb-Kabinett.
Hbgefehen von der äußerft glücklichen, jedes
ttlerk auf feine befondere ttlirkung abfcßätzenden
Hufftellung und 3ufammenftimmung mit den
Räumen, in der ja die Leitung der Staatsgalerie
Meifter ift, dürfte fonft kaum eine Stadt in der
Lage fein, auf Grund eines reichen beimifeben
Beßres an Barockdenkmälern ein derartiges

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