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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 10
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Der Graphiksammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0494

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i-

Coubine als Graphiker

Von MAURICE RAYNAL
Mit fünf Abbildungen

enn fid) die Cechnik der Coubinefd)en Graphik ihrer Linienführung nad) [ehr


ftark einem Dürer nähert, der einen fo großen Einfluß auf den italienifcßen

T v Kupferftid) des 16. Jahrhunderts gehabt h3*. [° läßt doch gerade in diefer
lebten Periode das dem Künftler eigene Schönheitsgefühl in feinen Blättern ebenfofehr
eine Art enger Gemeinfamkeit des Empfindens oder beffer gefagt, etwas wie innere
Ängleichung an das Vorbild erkennen.
Coubine ift in erfter Linie ßumanift, aber ein Fmmanift vom Lande. 3ugleich mit
einer durchaus perfönlichen <Ced)nik verfügt er im Gegenfaß zu fo vielen Graphikern
über ein eigenes Schönheitsgefühl, das innerhalb feines künftlerifchen Schaffens durchaus
den technifchen Mitteln entfprid)t. Diefe feine Äfthetik ift von einer beinahe religiöfen
3artheit für die finnlich faßbaren Erfcpeinungen erfüllt. Coubine liebt die Natur, aber
nicht jene harte, die fid) optifd) begreifen läßt. Seine Vorliebe zielt vielmehr auf eine
äußerft delikat gewählte Ulelt, die er mit dem feinften Gefühl wie in einen Demant
einfaßt. Fern dem Cumult der Großftadt, fcßafft er in der Unendlichkeit des Landes,
die er in das engbegrenzte 3eichenblatt einfd)ließt.
„Herr feines Herzens, Herr feiner Gedanken“, wie es in einem Liede von Lulli heißt,
hat fid) Coubine zweifelsohne ganz an den Lehren der Natur genährt. Aber diefe ver-
bindet er feiner eigenen Sinnlichkeit, immer ohne aufdringlich oder gefud)t zu fd)einen.
Sein fo ungemein menfd)lid)es Schönheitsgefühl findet, innerlich ftets erregt, die Har-
monie feines feelifchen Seins mit allen Reflexionen der Vernunft. Er liebt das Land,
weil es feinen inneren Regungen Ausgleich verleiht, er liebt nicht minder die ländlichen
Bewohner, denen er mit Vorliebe feine graphifcßen Blätter widmet, aber er benutzt fie
dennoch nur als Vorwand feines eigenen künftlerifchen Ulollens und Könnens. So be-
gegnet in feinem Ulerk nichts von jenen affektierten Paftoralen, weil die Natur niemals
für ihn Vorwand für Anekdote oder Gedankenmalerei ift. Nicht das laute Spektakel
des Cages ift es, was einen Coubine ergreift, fondern vielmehr erfcheint er wie ein
Eremit feiner eigenen Innenwelt und feiner inneren Befd)aulid)keit.
Die Ced)nik feiner Holzßhnitte und Radierungen beweift, daß er pd) mehr an dem
reinen Spiel der Linie freut als an den Verpichen malerifcher Effekte. Denn Coubine
ift vor allem 3ei<hner. Als treuer Schüler jener Überlieferung, die die Meifter des
16. Jahrhunderts hinterließen, hat er wieder den gefd)meidigen Linienßuß in einer
durchaus perfönlichen Handfd)rift aufgenommen, der alle feine Motive mit wundervoller
Melodie umhüllt.

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