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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 13
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Schmidt, Werner: Die Romantikerfamilie Schmitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0615

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Die Romantikerfamilie Sdjmitt
Mit acht Abbildungen auf vier Tafeln Von WERNER SCHMIDT-Heidelberg

Georg Philipp Schmitt — wer kannte den Namen diefes Malers nod) vor wenigen
Jahren? Qler fjatte auch nur eines feiner ülerke gefetjen? Sicherlich nid)t die
‘ Befud)er der Berliner Jahrtmndertausftellung 1906, die fonft manches Calent, das
abfeits von den großen deutfcßen Kunftzentren und den Akademien arbeitete, wieder
ans £ageslid)t brachte. Erft die Romantikerausftellung des Heidelberger Kurpfälzifdjen
Mufeums im Jahre 1919 führte ihn mit vielen anderen zu Unrecht faft vergeffenen
Künftlern wieder in die Kunftgefd)id)te ein, in der er nun feinen Pla£ gefunden ßat
und behauptet. Der Grund, daß man ihn vergaß, ift bei il)m derfelbe wie bei vielen
anderen deutfd)en Künftlern. CQer außerhalb der Akademien fdjaffte, wer fid) der
ftrengen Schablone des Akademismus nid)t unterwarf, der mußte unbeachtet beifeite
fteßen, über den ging die Flut der akademifd)en Produktion hinweg. Das Fehlen eines
großen deutfdßen Kunftzentrums, das alle, aucl) die lokalen Bewegungen zufammen-
faßt, die ungeheure Anzahl eben diefer lokalen Gruppen wird aucl) j)eute nod) eine
retrofpektive Ausftellung entweder zu einer einfeitigen oder lückenhaften machen müffen.
Hier kann nur lokale Forfd)ung helfen. Die große Verfd)iedenl)eit der deutfd)en Stämme,
deren Lebensart und G)araktereigenfd)aften ebenfo ftark auf ihre Kunft einwirkten
wie die Landfdjaft, in der diefe Kunft erftand, bedingte auch eine völlig verfd)ieden-
artige Ausprägung an fid) wefensgleicßer Strömungen. Qm das im vorliegenden Falle
Nächftliegende zu nehmen, fei nur an den Qnterfchied in der Romantik erinnert, z. B.
an die bayrifch-öfterreid)ifd)e, die Düffeldorfer und die Heidelberger Romantik. Sicher
ift eines: mag auch der einzelne Künftler eines folchen Kreifes oder gar der ganze
Kreis felbft (Heidelberg) lange vergeffen worden fein, es wird fid) — wenn man die
Qlerke jefet im Rahmen ihrer 3eit würdigt — faft immer eine einheitliche Linie finden
laffen, die fie mit denen fpäterer Künftler derfelben Gegend verbindet. Das bedeutet
nicht etwa ein bewußtes Fußen des einen auf dem anderen, fondern eine 3wangs-
läußgkeit, die im lokalen Charakter bedingt ift.
Die oben angedeutete 3wiefpältigkeit, Akademismus auf der einen, freies, aus dem
innerften Erleben herausquillendes Schaffen auf der anderen Seite, ift auch das Haupt-
charakteriftikum des Malers Georg Philipp Schmitt (1808—73). Mit dem Akademis-
mus kam er früh in Fühlung dadurch, daß er als Siebzehnjähriger Schüler der Münchner
Akademie und befonders von Cornelius und Schnorr von Carolsfeld wurde. (Qären
die Studienjahre bei Cornelius die erften künftlerifchen Eindrücke und Einflüffe gewefen,
fo würde er vielleicht ein nicht unbedeutender Nazarener geworden fein. So aber neigte er,
angeregt durch feinen Geburtsort COolfftein im Lautertal und befonders durch feine zweite
Heimat Heidelberg, innerlich fchon ftark zur Landfchaftskunft hin. Verftärkt wurde diefe
Neigung noch durch feinen erften Lehrer Xeller, den Renovator der Boifferee-Sammlung, der
wohl in erfter Linie Porträtmaler war, deffen Eigenart aber darin beftand, daß er als
Hintergrund für feine Porträts gern die Landfd)aft des Neckartales wählte, was Georg Philipp
Schmitt bei feinen Porträts übernahm. Der für einen jungen Künftler zweifellos ftarke
Eindrude der Münchner Nazarenerfchule aber drängte ihn — zunächft vorübergehend —
fpäter faft dauernd von der Landfchaftsmalerei ab. Solange die Einwirkungen diefes
Kreifes nod) frifd) und lebendig waren, entftanden durchaus achtbare Bilder (Die Ver-
lobung des jungen Cobias, 1830) von ruhiger, großer QJirkung, befted)end befonders
durch die diskrete Farbgebung. Hier glaubt man aud) nod) an ein innerliches Mit-
erleben des Künftlers (Kreuzigung in Hohenfachfen, 1836, Madonna mit Kind im
Sternenkranz, 1839). An fpäteren öüerken diefer Art — und ihre 3ai)l nahm leider
in den fünfziger und fed)ziger Jahren fel)r zum Schaden feiner Landfchaftskunft be-

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