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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 15
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Eberlein, Kurt Karl: Jacob Joseph Dambacher: ein vergessener badischer Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0713

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Jacob Jofepß Dambacßer
Ein vergeffßner badifdjer Künftler

Von KURT KARL EBER LE IN
Mit acht Abbildungen

u den erften Kunfterlebniffen meiner Kindheit gehörten einige Bilderbücher, die,


vielgeliebt und vielbenütst, immer wieder Freude und Staunen erregten. Das

—* waren Voffmanns bekannte Bilderbücher, ein großer Band Münchner Bilderbogen,
ein paar zierliche Versbücher der Kate Greenaway, die Dresdener Ämmenuhr und,
neben den zahlreichen Bändchen, die als „Fjofmännle“ [ehr moralifche und aufregende
Gefehlten mit merkwürdigen Illuftrationen verbanden, der Rheinländifche Bildermann,
deffen köftliche Fjebelanekdoten mir immer wieder vorgelefen werden mußten. Dambacßers
Bildermann war mir durch feine Bildtafeln befonders anziehend, und ich erinnerte mich ihrer
noch lange, nachdem auch dies Buch, wie alle meine Spielfachen, in die armen Kinderhände
des Waifenßaufes gewandert war. Äls es dann fpäter der 3ufall wollte, daß ich mich in Karls-
ruhe dem Enkel des Bildermanns, Dr. Edmund Dambacßer, befreundete, der den ganzen
Nachlaß feines kunftbegabten Großvaters bewahrt — und dem ich hier freudig teilnehmende
Fjilfe zu danken habe— erwachten diefe Jugenderinnerungen zu neuer Betrachtung, ja, ich
bemühte mich auch vergebens, den längft vergeffenen Bildermann in demfelben Karlsruher
Verlag wieder erfeßeinen zu laffen, in dem er vor etwa hundert Jaßren zuerft erfeßienen war.
Qm fo freudiger begrüßte ich nach alledem einen überrafeßenden Berliner Neudruck des
einen Ceiles, der mir nun Änlaß gibt, das Leben wie das Werk des vergeffenen Illuftrators,
von dem auch der Neudruck nichts zu fagen wußte, hier wieder bekannt zu machen.
Jacob Jofepß Dambacßer wurde als Soßn des Kanzleirats Dambacßer am 11. Januar
1794 zu Raftatt geboren. Er befueßte das Lyzeum und bezog 1812 als künftiger
Philologe die Qniverfität Heidelberg, wo er als Badener in das 1810 gegründete Corps
Suevia eintrat. (Hie er hier das freie Leben des Burfcßen mit fleißigen Studien ver-
band, das geht aus den erhaltenen Kommersbüchern, 3eicßnungen und Karikaturen
ßervor. Fjier wurde er auch der Freund jenes genialen Franz Jofepß Mone, der als
einer der erften badifeßen Literatur- und Kunftßiftoriker die Tätigkeit eines Polyßiftors
entfaltete und fpäter als Karlsruher Ärcßivdirektor der Vorgefe^te feines Freundes
wurde. Nach woßlbeftandenem Examen wurde Dambacßer im Spätjahr 1818 als Pro-
feffor an dem Gymnafium in Freiburg proviforifcß angeftellt, im Früßjaßr 1819 an das
Lyzeum in Konftanz, von da 1823 an das Lyzeum in Raftatt verfemt. 1828 kam er
als Äffeffor an das Großßerzoglicße Landesarcßiv nach Karlsruhe, wurde 1834 zum
Ärcßivrat befördert und trat im Winter 1867, mit dem Ritterkreuz I. Klaffe vom 3äß~
ringer Löwen, in den damals unverdienten Rußeftand. (Qnverdient, weil man ißn und
feinen Direktor, die als Katholiken verhaßt waren, mit vorzeitiger Entlaffung kränken
wollte.) Äm 18. März 1868 ift er in Karlsruhe geftorben. Äls Ärcßivbeamter bear-
beitete Dambacßer Ärcßive und Urkunden für die Quellenfammlung der badifeßen
Landesgefcßicßte, war bei der Verausgabe der Seitfdirift für die Gefcßicßte des Ober-
rheins tätig, feßrieb außerdem für das Karlsruher Qnterßaltungsblatt kleine, lehrreiche
Äuffätje, die feine naturwiffenfcßaftlicßen Studien und Kenntniffe verraten. Äud) plante
er offenbar ein größeres naturwiffenfcßaftlidjes Werk, deffen litßograpßierte Cafeln fieß
im Nachlaß befinden. Das rußige, klare Leben diefes Beamten verrät nichts von den
Erfcßütterungen, wie [ie durch Revolution und Reaktion zumal in Baden zu fpüren
waren, nichts von den Kulturkämpfen, nichts von dem künftlerifcßen Calent, das den
Vielbegabten mit Künftlern und Kunftfreunden befreundete, das ißn für uns heute noch
merkwürdig, ja liebenswert macht. Der Dilettantismus war damals meßr als eine 3eit-
mode. Er war Problem und 3uflucßt vieler aus der Widerwärtigkeit und Fragwürdig-
keit der fozialen und politifcßen Verßältniffe. War feßon der Humanismus früherer
Jaßrßunderte oft die Narkofe der edleren Naturen, um das enge, öde Dafein zu er-
weitern und aus dem kleinlichen Planetarium der Kleinftädterei oder Kleinftaaterei ins
3eitlofe, Menfcßenwürdige, Scßöngeiftige zu entfließen, fo war gerade die Kunft für

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