Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

DOI Heft:
Heft 16
DOI Artikel:
Salmony, Alfred: Die Ausstellung chinesischer Keramik im Frankfurter Kunstgewerbe-Museum
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0750

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Goten gab man Maffenware, für Vornehme wurden individuelle Stücke [orgfältig her-
gestellt. So kommt es, daß Cypen in zahlreicher Wiederholung neben einmaligen
Meifterwerken ftehen. Älle Datierungsfragen der Grabterrakotten find von brennendem
Intereffe, ganze Epochen find noch in ihrem Stil feftzulegen. Man hat lange gezögert,
der Han-3eit, den erftßn drei Jahrhunderten n. Chr. Stücke zuzuweifen. Ganz primi-
tive Figuren (Magier mit erhobenem Arm) rückt man jeßt in vorchriftliche Jahrhunderte,
während die lebendigen, naturnahen Darftellungen die Han-3eit von dem Beiwort pri-
mitiv befreien füllten, wenn ihre Datierung angenommen wird. 3ögern und 3weifel
find verftändlid), weil man die widjtigften Beweife der Steinplaftik, die Pfeilerfkulp-
turen der Miffion des verftorbenen V. Segalen nicht kannte oder nicht berückfid)tigte.
Ängefichts diefes Materials find auch der Widder und die Fjalbfigur eines Jünglings —
wertvollfte Leihgaben des künftigen Berliner Mufeums — keine Überrafchung mehr.
Neben den Wiederholungen der Cang-3eit fallen eine fehr perfönlich gehaltene Frauen-
figur des Liebieg-Fjaufes (Äbb.) und ein Fjimmelswächter mit Spuren fchwarzer und roter
Bemalung auf (Äbb.). Ein kleiner liegender Knabe muß noch zu den intereffanten
Stücken mit unficherer Datierung gerechnet werden. Die große Fjalbfigur des Buddha-
Schülers aus I-chou fteht wie feine Kameraden noch immer zur Diskuffion. Faft alle
Forfcher haben fid) für die Cang-3eit entfchieden. Ich kann ihnen nicht folgen. Die
Ausbildung des Lohan-Ideals ift Eigentum der Sung, noch mehr die Überfteigerung
des vereinfachten Ausdrucks. Gewiß, die Glafurfarben find Gang. Aber fie gehen
weiter bis zu den Ming, wie das Grün der F>an noch zur üang-3eit vorkommt. Eine
der Füße beraubte Schale vertritt den fcßönften Glafur-Cypus der Gang. Das Goten-
gefolge und die Eiere hat Frankfurt fchon durch die frühzeitig und vorausfdjauend
zufammengebrachte Sammlung des Liebieg-FJaufes beibringen können.
Die Epoche der Sung ift der Höhepunkt der chinefifchen Keramik. Berlin hat Meifter-
werke hergeliehen. Die Schale mit den Schriftzeichen hat kaum ihresgleichen, die
Fjafenfellart vertreten wenige Stücke höchrter Kultur. Aber man ahnt nicht, wie reich
die Sung-Keramik ift. Älle Farben kommen vor. Viele kennen wir nur in Scherben.
Die Farben werden oft in hafenfellähnlicher Strichelung gemifd)t, weiß gefaßt oder
mit 3eicßnungen in fchwarzer Glafur gefcßmückt. Die Verwendung eines natürlichen
Blattes als Schmuck zeigen Fjobfon, Bofch-Reitj und FJetherington. Was konnten nicht
einige farbige Pinfelzüge auf eine große Vafe zaubern! Diefen großen Stil vertritt
ein Meifterwerk aus dem Ende der Epoche, vielleicht fchon aus der Yüan-3eit, der
Berliner Geller mit Ciger und Fledermaus (Äbb.). Der Sung-Export ift durch eine für
Java gefertigte Graburne mit Fifchrogenfprüngelung vertreten, die fid) [cßr über das
Niveau diefer häufigen Maffenware erhebt.
Korea wird angedeutet. Die Qualität der beften chinefifchen Stücke wird nicht er-
reicht. Auch die Arten der Form, des Schmuckes und der Glafur konnten nicht voll-
ftändig befdßafft werden. Das wäre in Deutfd)land nur möglich gewefen, wenn die
Verhältniffe nicht die Heranziehung des Kölner Mufeums verhindert hätten.
Nicht alle Cypen der beften Ming-Ärbeiten ließen fid) belegen. 3wei 3iegel mit
betenden Mönchen find befonders fd)ön. Aber man gleitet zu fd)nell ins dekorierte
Porzellan. Unter den Seladonen find herrliche Stücke, wenn aud) die früheren Bei-
fpiele fehlen. Man fieht mit befonderer Freude den alten Fürftenbefitj aus Kaffel, der
feine europäifche Faffung mit Stolz tragen kann. Unter den prächtigen Beifpielen des
fpäten Porzellans fehlt eine fchwarzgrundige Vafe (nicht nur in Frankfurt, fondern in
guter Qualität wohl überhaupt in Deutfd)land).
3u den größten Verdienften gehört der handliche und gut ausgeftattete Katalog Ro-
bert Schmidts. Er gibt eine muftergültige Einführung ohne Sd)wulft, knapp, fachlich.
Es wäre zwecklos, die unvermeidlichen kleinen Irrtümer zu reihen. Unangenehm ift
eine Verwechflung in der 3eittabelle. Die bedeutungslofe Dynaftie der Wei aus der
3eit der drei Reiche (3. Jahrhundert n. Chr.) wird niemals als Epoche heraus9el?0bcn‘

724
 
Annotationen