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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 20
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Bauer, Curt: Bruno Krauskopf
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0936

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Bruno Krauskopf

Von CURT BAUER / Mit
8 Abbildungen auf 4 Tafeln

Die 3eid)en mehren fiel), daß unfere junge Kunft anfängt, fiel) in ißrem Schaffen
von der Natur der Dinge leiten zu laffen. Unfere Künftler ßaben die Andacßt
vor der Natur wiedergewonnen, der heiligen Natur, die nießt nur jede Stimmung
des Menfcßen erträgt, fondern ißm aueß die eigene Stimmung mitteilt. Allerdings find
es immer nur einzelne Auserwäßlte, die durd) ißr Können auf den (lieg des Erkennens
zurückfinden, während die andern in der cßaotifcßen Ergozentrik ißrer eigenen Gefüßle
fteckenbleiben; denn nur das Können füßrt zur Natur, die dem Künftler dann jede
Selbftentäußerung durcß einen neuen Gefüßlsinßalt erfefet. 3U diefen Bevorzugten geßört
der im Jaßre 1892 zu Marienburg in CUeftpreußen geborene Berliner Maler Bruno Krauskopf.
Scßon frühzeitig regte fid) bei dem Knaben der Drang zur Kunft. Naßezu feine
erfte bewußte Tätigkeit verband fiel) mit dem 3eid)enftift. Uloßl lernte er fpäter in
Ateliers und beim Malen von Eßeaterdekorationen die vermiedenen Cecßniken be-
ßerrfeßen und aueß ein Studium am Kunftgewerbemufeum moeßte den Acßtzeßnjäßrigen
in diefer PJinficßt fördern. Indeffen war ißm fein eigener CUeg bereits vorßer vorge-
zeießnet worden. Er braucßte nur in fid) felbft ßineinzufeßauen und das innerlid)
Empfundene naeß außen zu exponieren. Dies mag der Grund dafür fein, daß er feßon
im jugendlichen Alter mit fieß fertig wurde, oßne viele Erfahrungen auffammeln zu
müffen. Früß bereits konnte er bei erften Kunftßändlern Segnungen und Grapßiken
ausftellen, die fogar vom Standpunkt feines heutigen Könnens aus ßoeß bewertet
werden dürfen.
Als Bruno Krauskopf im Jaßre 1914 die Aufmerkfamkeit weiterer Kreife erregte,
war er feßon ein Eigener. 3war hatte er fieß äußerlich dem damals in Deutfcßland
in Mode gekommenen Kubismus angefcßloffen, der feine Geftaltungen auf der Bild-
fläcße gliedern ßalf. Aber aus diefen welligen Stereotomien braeß eine Urkraft, die
der Beacßtung nießt entgeßen konnte. Gefcßoßartig fiel das Ließt in feßwere Dunkel-
heiten, die myftifcß eine tropifeße Vegetation umlagerten. Es war ein volles Scßöpfen
aus cßaotifcßen Urzuftänden, deren Gebilde dureß das Ließt in leidenfcßaftlicße Be-
wegung verfemt wurden. Scßwer blieb die Aufgabe, in diefen überquellenden Ulogen-
drang erregter Gefüßlsftürme Ruße und Ordnung zu bringen. Sie gelang zum erften-
mal vollftändig im Bildnis der Frau des Künftlers im Jaßre 1916. Es ift eine ftille,
warme Farbenfympßonie goldiger Fleifcßtöne auf dunklem Grunde, in dem noeß nebel-
haft kubiftifeße Gliederungen naeßklingen. Innig im Ausdruck des Antlitjes, von
feßließter Ruße in der PJaltung des Kopfes, bildet dies Porträt einen erften Fjößepunkt
für die Entwicklung des Künftlers zur Verinnerlicßung.
Je meßr Krauskopf fieß zur Freiheit der Behandlung dureßrang, je meßr er das
äußere Formalprinzip überwand, defto meßr rießtete er feine Aufmerkfamkeit auf das
feelifeße Problem. Der Menfcß trat in den Vordergrund feines Scßaffens, namentlicß
das Erwacßen des Menfcßen im Kinde. Seine Kindergeftalten füßren alle Seelen-
fcßlacken mit fieß. Sie kommen aus dem Cßaos und fteßen auf der Scßwebe zwifeßen
erftem Erwacßen und bereits erlangtem Bewußtfein. Und doeß blüßt neben ißnen die
Unfcßuld der Blumen. Eine leießte Ironie klingt dureß ißre enge 3ufammengeßörigkeit.
Icß glaube, feiten ßat ein Künftler die Pfycße des Kindes fo tief erfaßt wie Krauskopf.
Es ift nießt das Kind im allgemeinen als Symbol der Unfcßuld und Jugend, fondern
das moderne Kind mit feiner Früßreife und feiner vorzeitigen Erkenntnis im unent-
wickelten Körper.
Mit dem Erfaffen des feelifeßen Problems wueßs zugleich die leidenfcßaftlicße Aus-
druckskraft des Künftlers. Die kubiftifeßen Linien kommen nießt meßr als bloßer for-
maler Fjalt von außen, fondern dringen nun von der inneren Bildfläcße ßer, wo fie ißr
3entrum finden. In den Landfcßaften diefer 3eit feßeinen glüßende Lavaftröme die

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