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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 21
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Reimann, Bruno W.: Louis Lozowick
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0982

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nach bekennt, ift Kunftwille gleichbedeutend mit Charakterinhalt, Monumentalität. Lozo-
wick hat wie wohl kein zweiter neben ihm mit innerfter Einfühlung den Geift mo-
dern fter Cektonik rein künftlerifch zu geftalten vermocht.
Die Entwicklung des Künftlers zu feinem heutigen Schaffen hat fich nicht leicht und
reibungslos vollzogen. Ein Maler, der herkömmlichen Eklektizismus und abendlän-
difche Tradition negiert, fteht mit den geiftigen Neufchöpfern auch im Land der un-
begrenzten Möglichkeiten auf äußerft niedrigem Kursniveau. Für ihn gilt es, in werk-
tätiger Arbeit die Mittel zum Studium fchwer und rein handwerklich zu verdienen.
Der Sommer bringt für den Maler mancherlei Notwendigkeiten: Arbeit auf den Farmen,
in Berufen der nüchternften lüerktagsfron. So werden reale Grundlagen der Kunft
gefchaffen, Lozowick kann feinen Studien an üniverfitäten und Kunftakademien nach-
gehen. Dort ift er befonders forgfältig darauf bedacht, Fjandwerk und Cecßnik feinen
Geftaltungsabfichten nußbar zu machen. Er ftudiert mit tiefer Neigung die neuen Pro-
bleme in der modernen Kunft Rußlands, Italiens und Frankreichs und durchlebt mit
lebhafterer Anteilnahme die Dynamik der ungeheuren Städte feines Landes, erkennt
ihr typifches Fluidum, ihren beifpiellofen Rhythmus.
Erfte Gemälde des Malers feßen ßch mit Problemen des Futurismus auseinander.
Der überwältigende Eindruck moderner Lebensimpulfe hat diefe Kunftrichtung ge-
fchaffen, die Diskrepanz, die zwifeßen impreffioniftifcher Schilderung und ftiliftifcher
Konftruktion beftand, löft fich m Experimente neuer Formfchöpfung auf, die jedoch
nach einer verhältnismäßig kurzen Periode zu einer inneren Abklärung und einer neuen
Ordnung führten. Bei Lozowick kommt bald der GCIille zum Abfoluten und zur Sta-
bilität zum endgültigen Durchbruch, die Erfaffung des Klefentlichen, das Vordringen
zum geiftigen Grunde weift fein ülerk zur Monumentalität ftrengfter 3ufammenfaffung,
überzeugender Maffengliederung, elementarfter Konzentration. Sein RJerk „Cleveland“
ift eine Standardleiftung auf diefem Entwicklungswege. Die abfolute Statik, die bis
zur leßten Möglichkeit ausbalancierte Kompofition, die ruhige und großzügige Abftrak-
tion der Formen find hier im Geifte des Logos zur leßten Reife gediehen.
Es entfpricht dem inneren Charakter feiner Arbeit, wenn Lozowick die eigentlich
malerifchen Probleme in feinen Gemälden der feftumriffenen Form unterordnet. Die
Klerke bedürfen der Farbe dennoch, und zwar einer ganz befonderen Farbe, die die
ausgefprochene Eigenart der Geftaltungsabficht reftlos herauszukriftalliperen beftrebt ift.
Der Großzügigkeit der Formen, der lapidaren Konftruktion des Aufbaus folgend, ßnd
die Farben klar, prononziert einfach- In Kompofitionen wie „New York“ und „Chi-
cago“ tritt das Kolorit lauter hervor> m einfachen Grundtönen, ohne äfthetifierende
Komplikationen, bringt es das [Hefen diefer Gemälde zu eindringlichfter üJirkung. In
„Pittsburgh“ bleibt die Farbe verhalten, fchwer, faft grau in grau, nur von wenigen
ziegelroten üönen belebt, eine Charakteriftik der Atmofphäre fchaffender Fabriken;
„Cleveland“ klingt ftählern, feftfundiert, mit Steigerungen metallener Cöne, ein Doku-
ment höchfter Sachlichkeit.
In allen diefen Klerken zeigt ßch des Künftlers eigene, individuelle Geftaltungsgabe,
die pd) weit über cßaotifche Griebe radikalen Experimentierens hinaus zu wefentlichen
Ergebniffen von internationaler Qualität durchgerungen \)at. Die mannigfachen An-
regungen, die wir von der Kunft Lozowicks empfangen, gliedern fich troß mancher
3ufammenhänge nicht ohne weiteres in die modernen Bewegungen der europäifchen
Malerei ein. Die Arbeit des jungen Amerikaners geftaltet das ftählerne Fluidum feines
Landes mit außerordentlicher Selbftverftändlichkeit und vorbildlicher Präzifion, ohne von
lyrifchen Reffentiments oder von konftruktiviftifcß - mafcßineller Manie nach irgendeiner
Richtung hin befangen zu werden. Lapidar, fachlich vermittelt er uns den Rhythmus
und die Statik einer gewaltigen (Uelt, Symbole des Gipfelpunktes einer großartigen
3ivilifation und gleichzeitig Kennzeichen des Ausgangspunktes einer neuen Epoche
für deren 3ukunft wir unfer eigenes Lebenswerk einzufeßen haben.

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