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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 22
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Neue Literatur zur asiatischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#1074

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Neue Literatur zur afiatifd)en Kunft

Joseph Dahlmann S. J., Japans älteste Be- kannt und ihre Darftellung zu feiner Spezialität
Ziehungen zum Westen 1542—1614 in zeit- gemacht hat. Vielleicht ift er identifd) mit dem
genössischen Denkmälern seiner Kunst. Kano Naizen, der den Schirm des Kronprinzen
Ergänzungshefte zu den Stimmen der Zeit. Ruprecht figniert hat- E. Groffe.
Freiburg i. Br. 1923. Herder <£ Co.
Der Verfaffer, Profeffor der deutfchen Lite- Ernst Diez: Einführung in die Kunst des
ratur an der Kaiferlichen üniverfität in Cokyo, Ostens. Avalun-Verlag, Wien-Hellerau.
behandelt den Bilderfchmuck einer Gruppe von Mit 75 Abbildungen führt Ernft Diez in die
Glandfchirmen (Byobu), von denen einige in Kunft Chinas und Japans ein, befchränkt pd)
einer derCokugawa-3eit gewidmeten Ausftellung aber auf Architektur, Plaftik und Malerei. Ohne
des IJiftorifchen Inpitutes zur Erforfchung Alt- Spezialift zu fein, hat er den Gleitüberblick und
japans im Jahre 1917 zu fehen waren. Die kann leicht 3ufammenf)änge mit dem ihm
Glandfchirme, von denen zwei dem Kaifer- näheren Gleftapen aufdecken. Das größte Ver-
liehen Fjaushalte, einer dem Öeno-Mufeum in dienß des volkstümlichen Buches iß feine Sach-
Cokyo und die übrigen Privatleuten gehören, lichkeit. Dem Syßem Strzygowskis folgend gib
zeigen Szenen aus der 3ßit der erften Be- Diez einfachfte Erkenntniffe, die man dem mo-
rührung Europas und Japans, aus der Glende dernen Gefchwefel nicht oft genug gegenüber-
des 16. Jahrhunderts, wo der portugiepfche ftellen kann. Beffer kann der 3weck der Ein-
FJandel und die katholifche Kirche einen großen füßrung nicht erfüllt werden, es fei denn, daß
Einßuß auf das Infelreich gewannen, der bald man den 3ufammenhang mit den religiöfen Sy-
darauj der Staatsraifon der Cokugawa-Regierung ftemen noch ftärker betone,
zum Opfer pel. Die Kompofition diefer Schirm- Allzu leicht pndet fid) das Buch mit dem
bilder iß in allen Fällen wefentlid) die gleiche: gegenwärtigen Denkmalbeßand ab. Glas jeder
auf der einen Seite peht man ein eben ein- Ausgrabungstag an Überrafchungen birgt, fchoint
gelaufenes europäifches Schiff und den Einzug Diez nicht zu ahnen. Die Aufdeckung der fky-
der prächtig gekleideten Ankömmlinge in eine thifchen Bronzen in Nordchina wird auf die
japanifche Stadt, auf der anderen chriftliche Formenentftehung ein ganz neues Licht werfen.
Kleriker — Jefuiten, Dominikaner und Franzis- Diez verfpricht für die Auswahl feiner Bilder
kaner — mit kirchlichen Funktionen befchäftigt „auch weniger bekanntes Material“. Man wird
oder in ihren Fjäufern ruhend. D. erblickt in es vergeblich fuchen. Die japanifchen Ver-
den einziehenden Europäern Kaufleute; ich ver- öffentlichungen, der erße Band der Ars Asiatica
mute nach ihrer feierlichen Eracht und Fjaltung, und der Londoner Mufeumsbeptj pnd allein
daß pe eher hohe Beamte pnd. Auf einem ganz herangezogen. Dabei werden leicht englifche
ähnlichen Schirm, aus dem Befitje des Krön- 3ufrühdatierungen übernommen. „Man erkenne
prinzen Ruprecht, der 1912 in der Berliner die echten Cang-Bilder nach der Qualität der
Kunftakademie ausgeftellt war, iß in der Cat Seide“. „Echte Cang-Bilder“ pnd abgefehen von
„die Abreife der von Don Guzman, Gouverneur den Funden Pelliots und Steins in Cun huang
der Philippinen, im Jahre 1597 an den japanifchen ein fd)öner Craum der Kunßhändler. Die bak-
Reichsverwefer IJideyofhi gefetjickten Sonder- trifchen Craubenfpiegel müffen erheblich fpäter
gefandtfd)aft“ dargeßellt (nach Kümmel, Katalog als in dief)an-3eit angefetjt werden, pe dürften
der Ausftellung alter oftafiatifcher Kunß, 1912). eher dem Cang-Import angehören. Die Behand-
Den Kulturhißoriker wird es pcherlich am meiften lung der Plaftik ift felbft für eine Einführung
interefperen, hier einen Blick auf die damaligen etwas fpärlid).
chriftlichen Kirchen Japans zu werfen, die im Man ift in Glien der extremen Moderne nicht
Beginne der Cokugana-3eit reftlos zerßörtwor- fehr freundlich gefinnt. Glenn dann die „Be-
den find. Sie haben kaum eine Ähnlichkeit mit wegungsdynamik der Linien“ erfaßt wird wie
europäifchen Kirchenbauten, fondern pe fehen bei Kandinsky (Das Geiftige in der Kunft), fo
von außen wie gewöhnliche japanifche Fjäufer möchte man eine Nachprüfung des (Urteils vor-
aus, im Innern aber etwa wie die einfachen fchlagen. Die Formanalyfe der Gliener ßeht
Kapellen, die man heute noch in den Klöftern den Entdeckungen der revolutionären Malerei
der buddhiftiTchen 3eu~Sekte findet. Auch die in Europa unglaublich nahe.
Glohnungen der Geißlichen pnd außen und Die Ausßattung des handlichen Bandes iß vor-
innen ganz im japanifchen Stile gehalten, züglid). Aber wie wenig läßt pch doch in der
Der Schauplatz aller diefer Szenen iß, wie D. nun allzulange verfudjten billigen Reproduk-
ohne 3weifel richtig annimmt, Nagafaki. Die tionstedjnik von chinefifcher Malerei geben!
meiften Schirme, die D. befpricht, fcheinen von Nicht mehr als den fjinweis auf die Cafelbände
einem Künftler der Kano-Schule gemalt zu fein der Japaner und die nicht immer zweifelsfreien
— D. hält ihn für einen Cbrißen —, der diefe Schäle europäifcher Mufeen.
Vorwürfe offenbar aus eigener Anfdjauung ge- Alfred Salmony.

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