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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

DOI Heft:
Heft 23
DOI Artikel:
Rackham, Bernard: Zwei neuerworbene deutsche Fayencen im Victoria and Albert Museum zu London
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#1089

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3wei neuerworbene deutfdje Fayencen im
Victoria and Älbert Mufeum zu London
Mit vier Abbildungen auf zwei Tafeln Von BERN ARD RACKHAM

1. Ein Laubenkrug von Lorenz Speckner
Der wertvolle Äuffatj von Fjerrn Profeffor Dr. Richard Stettiner über Lorenz
Speckner im 2. Keramikfonderheft des Cicerones t)at es möglich gemacht, einen
Krug, der letzthin vom Victoria and Älbert Mufeum erworben ift, als eine Ärbeit
des Kreußener Fayencemeifters zu beftimmen. Diefes Stück t)at der Schenker, Herr
Stuart G. Davis, 1922 auf einer Londoner Auktion gekauft; feine frühere Provenienz
ift nidpt bekannt. Der Krug ift keinem der von Profeffor Stettiner erwähnten Stücke
ähnlich); er ift wie eine Daube mit abnehmbarem Kopfe geftaltet; erinnert alfo an die
bekannten fo feltenen Eulenkrüge, deren genaue Herkunft bis jetjt immer noch ein
ungelöftes Rätfel geblieben ift. Daß ihn der Künftler der Eulengefäße nicht gemacht
hat, beweifen die auf der Rückfeite des Gefäßes aufgemalten, nur nach Abnahme des
Deckels fidübaren Initialen L. S., die den Krug als Ärbeit Lorenz Speckners und damit
als etwa 60 Jahre jünger als die fpäteften der Eulengefäße beftimmen. Daß Speckner
die Eulengefäße im Sinne hatte, als er für feinen Krug die Daubenform wählte, ift
nicht zu bezweifeln. Drotjdem ift bei dem 3eitunterfchied der Entftehung der Daube
auf den Herkunftsort der Eulen kaum ein ficherer Schluß zu ziehen, doch müffen die
Eulenkrüge zu Speckners 3ed nicht fo feiten gewefen fein, daß fie den Kreußener
Döpfern ganz unbekannt hätten bleiben müffen. Vielleicht ftammen fie auch aus der
Kreußener Gegend, nicht, wie letzthin gewöhnlich angenommen worden ift, aus Ober-
öfterreich, doch darüber können wir nichts Beftimmteres fagen.
Es bleibt nur, den Krug im Kenfington- Mufeum kurz zu betreiben. Der um-
gekehrt bimförmige Körper ruht auf einem leicht gewölbten Rundboden, auf dem
wie bei den Eulen die Füße des Vogels fiel) im Relief h^rvorheben. Leider aber ift
diefer Deil des Gefäßes nicht unbefd)ädigt geblieben, mit Ausnahme eines kleinen
Deiles ift er reftauriert. Diefe in zinnglafiertem Don, nicht in Gips ausgeführte Reftau-
rierung hat fd)on vor ziemlich langer 3^it gefchehen können. Daß man fidt) die Mühe
genommen hat, die fehlenden Deile in dem Originalftoff einfd)ließlid) der Blaumalerei
zu ergänzen, beweift, daß das Gefäß von feinem damaligen Beßrer für etwas Außer-
ordentliches gehalten worden ift.
Die auf der Rückfeite mit kräftigem Schwünge gewundenen Flügel laufen über dem
Schwanz in einer Spitje zufammen. Der Schwanz teilt fich beiderfeits der Flügelfpitje
in zwei fehr dekorativ eingerollte Voluten. Der ganz naturaliftifd) wie ein Dauben-
kopf modellierte Deckel ift vielleicht ebenfo wie der Fußrand fpäter erneuert worden.
Seine Bemalung ift merklich blaffer als die des Körpers. Auch ift er in neuerer 3eit
zerfchmettert und mit einigen Gipsftopfungen wieder zufammengefefet.
ÜJas die Bemalung angeht, fo find die Federn fchuppenweife oben mit eng an-
einanderftehenden Längsftrid)en, unten mit einer kurzen Bogenlinie bemalt. Sie find
nicht wie bei den früheften Eulengefäßen plaftifd) hervorgehoben. Diefe fd)uppen-
artigen Federn gleichen ganz auffallend der Malerei der ftilifierten Frucht oder Blume
auf der Schulter, der in Profeffor Stettiners Äuffatj als Abbildung 12 wiedergegeben
Kanne des Münchener National-Mufeums; auch ohne die L. S.-Bezeichnung hätte man
denfelben Maler für beide Stücke angenommen.
Von dem urfprünglichen Rundfockel ift nur ein kleiner Reft links des Schwanzes
erhalten geblieben. Er genügt aber, um das aus einer dreifachen Linie zwifeßen
Drei- bis Vierpunktgruppen begehende Mufter feftzuftellen. Noch ein für Speckners

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