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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 23
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Drey, Franz: Unbekannte Nymphenburger Modelle
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#1108

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Unbekannte N y m p ß e n b u r g e r Modelle
Mit zehn Abbildungen auf drei Tafeln Von FRANZ DREY-München

Die zierlichen Erzeugniffe der Nymphenburger Porzellanmanufaktur gehören zu
den begehrteren und feltenften Cüerken der alten Keramik. Die größte Samm-
lung diefer Art bepfet naturgemäß das bayerifche Nationalmufeum in München,
nach ihr ift die bedeutendfte Sammlung die des Fjerrn Geheimrat Bäuml, des Pächters
der Nymphenburger Porzellanmanufaktur, der die Cradition derfelben in glücklichfter
ÜJeife fortfefet. Weiterhin ift die feltene Manufaktur in hervorragender Güeife ver-
treten in den Sammlungen der Frau Termine Feift, Berlin-Klannfee, und des Fjerrn
Prof. Dr. Darmftaedter, Berlin. Nur fpärlicß verftreut pnden wir noch in anderen deut-
fchen Mufeen und Sammlungen Erzeugniffe der Nymphenburger Porzellanmanufaktur.
In jüngfter 3eit erft bildete fiel) in München eine neue Privatfammlung Altnympßen-
burger Keramik, die bereits eine große und qualitätvolle Anzahl von Gefäßen und
figürlichen Darftellungen zu vereinen wußte. Mit Ausnahme des „d)inefifd)en Reiters“
des bayerifd)en Nationalmufeums und des Pfeifenkopfes „Schneider“, welcher einer
anderen Münchner Privatfammlung angehört, pnd die hier befproeßenen und repro-
duzierten Gegenftände fämtlich obiger Sammlung entnommen.
ÜJir beptjen feit kurzem in dem ÜJerk Prof. Dr. Friedrich Fj. Fjofmanns „Die Gefd)id)te
der Nymphenburger Porzellanmanufaktur“ eine Publikation, die den öüerdegang und
die Produktion diefer Fabrik in erfcßöpfendfter Cüeife darftellt. 3wei ftattliche Bände
find bereits erfd)ienen und der dritte Band, der das ülerk zum Abfd)luß bringen foll,
wird in Bälde feinen Vorgänger komplettieren. In unermüdlichem Forfchen hat Fjof-
mann die in den Archiven der verfeßiedenften Behörden fchlummernden Akten auf-
geftöbert und durch fie uns ein klares lückenlofes Bild des ülerdeganges der Nymphen-
burger Manufaktur zu geben gewußt.
Seit dem Jaßre 1748 fucßte der Kurfürft Max Jofef III. von Bayern, wohl angeregt
durch feine Gemahlin Maria Anna Sopa, Prinzefpn von Sachfen, und dem Beifpiele
zahlreicher anderer deutfeßer Fürftenhöfe folgend, eine „Porceleine Fabrique“ ins
Leben zu rufen. Die erften Verfucße fielen fehr kläglich aus, vielfach wurde der
Kurfürft ein Opfer betrügerifcher Arkaniften, andere ehrlichere Sucher konnten die
richtige 3nfammenftellung der Maffe und der Glafur nicht pnden, auch war die Kon-
ftruktion der ted)nifd)en Anlagen fehlerhaft. Erft mit der Berufung Ringlers im
Jahre 1753 kam die Porzellanmanufaktur zum Erblühen. Ringler, der in (Hien, Fjöcßft
und Straßburg feßon gute Erfolge erzielt hatte, war im Befiß des Arkanums, deffen
Geheimnis er ängftlid) hütete, auch hatte er reiche teeßnifeße Erfahrungen. Nacß 3l/2'
jähriger Cätigkeit wurde Ringler entlaffen, nachdem es dem Gehilfen Ringlers, dem
„Cßymikus“ Fjärtl, gelungen war, die Geßeimniffe der Maffe dem Arkaniften hinter-
rücks abzulaufcßen, nur die Bereitung der Glafur bildete noeß einige Schwierigkeiten.
Fjärtl war feit dem Jaßre 1754 die Verwaltung der Fabrik anvertraut, ißm unterbanden
die Maler, Modelleure und fonftigen Angeftellten, aucß oblag ißm die kaufmännische
Verwaltung. Mit der Verabfcßiedung Ringlers, der in Ludwigsburg ein dankbares
Feld feiner Tätigkeit fand, übernahm Fjärtl aucß die teeßnifeße Leitung. Die Porzellan-
manufaktur, welcße in Neudeck ißre Anfänge und Glanzzeit erlebt hatte, wurde im
Jaßre 1761 aus verfeßiedenen Gründen nacß Nympßenburg verlegt und bei diefer Ge-
legenheit wurde die Verwaltung fo verteilt, daß der verdienftvolle, aber intrigante
Fjärtl faft ausgefcßaltet wurde. Da ißm überdies feine eßemifeßen Rezepte faft nur
durcß 3wang zu entlocken waren, wurde er kurzerhand entlaffen.
In die 3e^ von Fjärtls Verwaltung fällt die Glanzperiode der Nympßenburger Por-
zellanmanufaktur, die eßarakteriftifeße Eigenart der Modellierung jedoch ßat pe dem
Obermodellmeifter Franz Anton Buftelli zu verdanken, der 1754 in die Fabrik eintrat.

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