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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 24
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Steinbrucker, Charlotte: Henriette Félicité Tassaert
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#1163

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ßenrietteFeliciteCaffaert

Von CHARLOTTESTEINBRUCKER
Mit zwei Abbildungen auf einer Tafel

Das Berliner Kupferfticßkabinett befifet einige Arbeiten einer Künftlerin, über deren
Lebenswerk wir bisher noch keine Überficl)t haben, nämlich von Fjenriette
Felicite Caffaert1.
Sie wurde am 5. April 1766 als Cocßter des Fjofbildßauers Jean Pierre Antoine
Caffaert und der feingebildeten Marie Caffaert, geb. Moreau, in Paris geboren. Von
der Mutter erhielt fie Unterricht im Miniaturmalen und von ihrem Vater im 3eid)nen,
Paftellmalen und Kupferftecßen. Nach deffen Überfiedlung nad) Berlin wurde auch
Chodowiecki ihr Lehrer.
3ur Vervollkommnung ihrer Studien wollte Caffaert feine Cocßter im Jahre 1785
nach Dresden bringen, jedoch Friedrich d. Gr., in deffen Dienft er ftand, erteilte ihm
keine Einwilligung zu der Reife und geftattete Felicite als Erfatj dafür, nach den
Gemälden in den königlichen Schlöffern zu malen. Die Künftlerin wurde bald durch
ihre Arbeiten fo bekannt, daß fie am 3. Februar 1787 zum Ehrenmitglied der König-
lichen Akademie der Künfte ernannt wurde, und im Mai desfelben Jahres trat fie die
lange beabfichtigte Reife nach Dresden an.
Anftatt des bei Graff oder dem Galeriedirektor Riedel in Ausficht genommenen
Quartiers fand fie dort Unterkunft bei den Künftlerinnen Dinglinger. Sie ftudierte auf
der Galerie die niederländifchen und italienifchen Meifter und erlernte bei Graff auch das
Ölmalen, Fjauptfäcßlicl) betätigte fie fiel) jedoch im Paftell, und ihre darin ausgeführten
Kopien gelangen ihr feßr gut. So kopierte fie z. B. in Dresden ein Frauenbild nach
Cizian, einen Amor nach Guido Reni, Rubens Gattin und Kinder, ein Frauenbild nach Rem-
brandt, einen Magdalenenkopf und ein Bildnis nach van Dyck. An fpäteren Kopien von
ihr find zu nennen die in der Dresdner Galerie befindliche, frei nach Rubens kopierte
Fjeimfucßung, die denBefucß der im Fjute fiel) nähernden Jungfrau bei der von den Stufen
ihres Fjaufes ßerabfteigenden Elifabeth mit einem Engelsreigen in den Lüften darftellt,
eine am Cifcße fixende Bauernfamilie nach Ryckaerdt, eine heilige Familie und der Parnaß
nach de la Fosse, das letztere in Öl, eine Lautenfpielerin nach Gerard Dou, der Schuh-
flicker nach Oftade, der heilige Franziskus nach Annibale Carracci u. a. m.
Graff brachte die Künftlerin wieder nad) Berlin zurück. Sie übte hier weiter ihre
Kunft aus und machte darin erftaunliche Fortfehritte. Jährlich fd)ickte fie Bilder auf
die Ausftellung der Akademie der Künfte. Diefe fanden einen allgemeinen Beifall,
und im Jahre 1791 wurde fie fogar durch einen Preis von 50 Calern ausgezeichnet.
Nad) dem Code ihres Vaters bewilligte ihr der König eine jährliche Penfion von
200 Calern, fowohl um ihr bei ihren Studien eine Förderung angedeihen zu laffen,
als auch mit Rückßcht auf die jederzeit von ihr gegen ihre jüngeren Gefchwifter aus-
geübte Fürforge. Ihrer Schwefter Antonie, welche die Kupferfted)kunft mit Gefd)ick
ausübte, wurde gleichzeitig ein Jahresgehalt von 100 Calern verliehen. Felicite behielt
ihre Penfion auch nad) ihrer Ei)efd)ließung. Sie heiratete nach dem Code ihres Vaters,
der feine 3uftimmung zu diefer Verbindung für feine katholifd) erzogene Cochter ver-
fagt hatte, den Affeffor und fpäteren Juftizrat Louis Robert, der in ihrer Familie als
Ceftamentsvollftrecker und Vormund ihrer unmündigen Gefchwifter tätig war.
Befonderen Ruf erwarb fid) Felicite Caffaert als Porträtmalerin. Bedeutende Pein-
lichkeiten, vor allem Angehörige der franzöfifeßen Kolonie, ließen fid) von ißr malen.
Ceilweife find uns diefe Porträts nur aus Stießen oder gelegentlichen Notizen in der
Literatur bekannt. So malte fie z. B. ißre Eltern, ißre drei jüngeren Scßweftern und
ißren Bruder, ißre Schwiegereltern, den Staats- und Juftizminifter Joßann Cßriftopß
1 An handfcbriftlicßen Quellen über die Künftlerin find zu nennen: Staatl. Mufeen, Akten be-
treffend die Erwerbung von Kupferfticßen, Miniaturen ufw., ufw., Vol. II vom Oktober 1840 bis
Dezember 1842, CeilV. A., ferner Akten des Geß. Staatsarchivs, Rep. 76, Abt. III, Nr. 68 und Nr. 289.

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