Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

DOI Artikel:
Fries, Friedrich: Eine Gruppe von Johann Peter Melchior
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0584

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
als eine Frankentljaler-Gruppe befeffen h>at, da Fjödjft vor den Coren von Mainz lag
und kurmainzifd) gewefen ift. Fjat doch der Fürftbifdjof Emmerich Jofeph ein Privileg
für Fjöchft ausgeftellt, nach dem es niemand erlaubt war, in feiner Refidenzftadt oder feinem
Kurfürftentum fremdes oder ausländifdjes Porzellan einzuführen, ein Privileg, das 1766
nod) einmal durd) eine befondere Verordnung verfdjärft wurde1. Daß gerade der
6Qeißbifd)of gegen diefes Verbot feines Fürftbifdjofs fozufagen unter deffen Äugen
verftoßen l)aben follte, kann man gewiß nicht annehmen.
Klar es alfo eine Fjöchfter Arbeit, und darüber dürften wohl kaum 3weifel befteljen,
wer war il)r Verfertiger? Auch darüber werden woßl keine Meinungsverfcßiedenßeiten
auftaud)en können. Nichts liegt näher als anzunehmen, daß es derjenige Meifter war,
der gerade durch feine Kinderdarftellungen, die er ganz befonders lebendig und an-
mutig zu geben wußte, fiel) einer großen Beliebtheit erfreute: Johann Peter Melchior'2.
3ahlreid) find feine Biskuitfiguren, die faft immer ohne Markierung geblieben find3,
was auch auf die Gruppe in unferem Mufeum zutrifft. Von 1767—1779 ift Melchior
in Fjöchft, geht dann nach Frankenthal, wohin er offenbar das Modell mitgenommen
hat und es dort ausformen ließ. Daß auch in Frankenthal fremde Modelle übernommen
wurden, dafür gibt es eine Anzahl Beifpiele: fo gehen Fjofmann Nr. 281, 282, 444
auf Meißner Modelle zurück. Nr. 589 Medaillon-Porträt des Fürftprimas von Dahlberg
ift nach Fjofmann eine Ausformung eines Fjöchfter Modells. Dies brauchte, obgleich
man damals nicht fel)r ängftlid) in diefer Fjinficht war, von Melchior noch nicht einmal
eine unzuläffige oder nur unfaire Fjandlung zu fein, da er auch auf eigne Rechnung
arbeiten durfte, wenn er die Maffe, die dazu verwendet wurde, vergütete4 5, fjofmann0
gibt zu, daß Melchior in Frankenthal Fjöchfter Modelle hat ausformen laffen.
Sollten noch 3weifel befteljen, daß Melchior wirklich der Autor der Gruppe gewefen
ift, fo möge auf die Verwandtfdjaft einiger Figuren, die erwiefenermaßen von ihm find,
aufmerkfam gemacht werden. So gleicht der kleine Amor, der an der Venus tunauf-
fieht (Fjofmann, J. P. Melchior, Äbb. 16), wohl eine der feinften und reifften Arbeiten,
dem Sterngucker unferer Gruppe, der kleine malende Putto mit der Sipfelmüße dem,
der die Blumen dem Füllhorn entnimmt auf der Gruppe „Gefdjichte“ (Abb. 383 Caf. 39
des Äuktionskatalogs Jourdan). Der den Vorhang wegnehmende Putto am Steinrelief-
porträt Emmerich Jofeptjs für die Reitfdjule Mainz (Fjofmann, J. P. Melchior, Äbb. 9)
ift fehr ähnlich dem mit der Mandoline.
Daß Konrad Link die Gruppe lediglich als Kompofition übernommen und fie dann
in feinem Sinne umgearbeitet habe, ift wohl kaum anzunehmen, da er, als Melchior
1779 nach Frankenthal kam, fd)on längere 3eit in Mannheim anfäffig war. So bleibt
wohl keine andere Möglichkeit als die, daß die Link zugefcljriebene Gruppe von Mel-
chior ift, in Frankenthal ausgeformt und mit der entfpredjenden Marke verfetjen
worden ift. Es kann ferner keinem 3weifel unterliegen, daß die Gruppen im Städti-
fdjen Mufeum in Elberfeld und die des üleihbifdjofs Fjeimes Stücke find, die noch in
Fjödjft angefertigt wurden.
Es wäre zum Schluß das Jaßr noch feftzuftellen, in welchem die Gruppe entftanden
ift. Die Übereinftimmung mit dem Amor der Venusgruppe, deren Entfteljung im Jahre
1775 angenommen wird und mit dem Steinrelief Jofepj) Emmerichs, das man glaubt
1770 datieren zu können, legt es nahe, daß fie in den Jahren 1770—1775 in Fjödjft
ausgeführt wurde, eben zu jener 3eit, als der vorerwähnte 6üeil)bifchof im beften
Mannesalter in Mainz feines Amtes waltete.
1 Ernft 3ais, Die kurmainzilcbe Porzellanmanufaktur zu Fjöcßft. S. 131/32.
2 Sdjnorr von Carolsfeld, Porzellan der europäifdjen Fabriken des 18. Jaßrljunderts. S. 190
„und zweifellos hat er fein Beftes in der CQiedergabe von Kindergeftalten gegeben, die wie in
einer Cüelt für fidj zu leben fdjeinen“.
8 3ais, S. 105.
4 3ais, S. 110.
5 Fjofmann, ß. 1, S. 20.

560
 
Annotationen