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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0594

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DIE ZEIT UND DER MARKT

Sammlungen
Berlin
DasKaifer-Friedrich-Mufeum erwarb auf
der Auspellung mittelalterlicher Fjolzfkulpturen,
die zur 3eit von der Galerie Dr. Goldfchmidt-
Dr. Ollaller ftein, Schöneberger öfer 36 a, veranftaltet
wird, eine aus der Sammlung Benoit Oppenheim,
Berlin, ftammende bolländifche Gruppe aus dem
15. Jahrhundert, die Geburt Mariä darftellend.
Ein Gegenßück zu diefer Gruppe befindet fid)
im Reichsmufeum zu Ämfterdam.
B u d a p e ft
Im hiefigen Kunftgewerbemufeum hat fo-
eben der Verein der Medaillenfreunde eine große
Medaillen- und Plaketten-Ausftellung er-
öffnet, die das gefamte Gebiet von den früheften
römifchen und griedtifdjen Medaillen bis zu den
modernen europäifchen Münzen zur Darftellung
bringt.
Neben zahlreichen Originalwerken der be-
rühmten italienifctjen A'iedalleure wie Donatelio
und Riccio, find es vor allem auch Original-
arbeiten deutfcher Meifter, vor allem von Adolf
Daucher und Peter Flötner, die der Ausftellung
ihren kunfthiftorifchen Cöert geben.
Straßburg
Ende April find im Rohan - Schloß, nach
Kliederherftellung desUleftflügels in zehn neuen
Sälen weitere Abteilungen des Kunftgewerbe-
Mufeums neu eingerichtet worden. Damit hat
die nach demKIaffenftillftande unternommene Re-
organifation der pädtifchen Sammlungen, welche
in ihren Fjauptzügen die (Xliedereinrichtung des
Kunftmufeums, die völlige Neugründung des
Stadthiftorifchen Mufeums und die Überfiedlung
des Kunftgewerbe-Mufeums von der Großen
Metjig nach dem Rohan-Schloß umfaßte, ihre
Verwirklichung gefunden. ÖLIichtige Abteilungen
des Kunftgewerbe-Mufeums konnten bereits 1921
im Nordweftpavillon des Rohan-Schloffes er-
öffnet werden; die Säle des tüeftßügels fchließen
fid) nun hier unmittelbar an.
Die neuen Räume enthalten die bedeutende
Abteilung der Keramik, namentlich die Fay-
encen und Porzellane von Straßburg,
Niederweiler und Frankenthal fowie die
prächtigen Kachelöfen, weiter die Gläfer,
die Koftüme und Cextilien. Eine befondere
Sehenswürdigkeit bilden die alten Geile der
weltberühmten aftronomifchen Münfteruhr,
die in entgegenkommender öleife vom Frauen-
haus deponiert wurden und hier zum erftenmal
als gefd)loffenes Ganzes im Rahmen der ößren-
fammlung gezeigt werden. Man fleht u. a. den
berühmten mechariifchen bahn der erften aftro-
nomifchen Öhr von 1354, die große Kalender-

fcheibe mit Malereien des Straßburger Künftlers
Dobias Stimmer von 1574, den alten Fpmmels-
globus, die alten dekorativen Statuetten, ferner
Erinnerungen an den CHiederherfteller der Öhr
J.-B. Scbwilgue.
Im erften Stock haben die Möbel und de-
korativen Fjolzfkulpturen des 15.—17. Jahr-
hunderts, insbefondere die prächtigen Renaif-
fancefchränke, Aufteilung gefunden.
Äusftellungen
Berliner Äusftellungen
Alfred Kubin / Ludwig Kaffäk / Niko-
laus Braun / Egon v. Lueder / Charles
Crodel.
3weihundert 3ei<hnungen und Aquarelle Al-
fred Kubins, Blätter aus allen Phafen feines
Schaffens, fabeln im Salon Gurlitt allerlei
kraufen Spuk auf den ftaunenden Befdjauer ein.
Man fteßt in einem Brodeln von grotesken Aben-
teuern und fchnurrigen önheimlichkeiten. Phan-
taftifd) erregt tappt man ph die tüände ent-
lang durch die Schlingvegetation abfurder Ein-
fälle und panifcher Cräume. Das wechfelt aus
dem Burlesken ins Fj°rrende, von heiteren Ge-
fpenpereien zu fchweißtreibenden Vißonen in
fchier unerfchöpflicher Fülle. Da ip plötzlich eine
Schlange im Bureau, und entfett turnt der glatj-
köppge Chef am Gasarm in Sicherheit empor.
Da kommt ein verbummelter 3auberer verkatert
heim, von der vorwurfsvollen Ergebenheit feiner
Schoßungeheuer und FJauschimären empfangen.
Dort walzt die leibhaftige Staatsmafdjine die
ächzende Erde platt, — hier fdjreitet das Mond-
kalb mild und weiß durch die Verwunfdjenheit
blühender IJaine, — dann wiederum weidet pdj
dieBeftie 3ufchauer an vertierten 3weikämpfen, —
oder fault und ertaubt ein ödes Land. Am köp-
lichßen einige töidmungsblätter, hübfd) ausge-
tufchte Improvifationen; etwa jenes, wo zu dem
Spruch „nosce te ipsum“ ein ftorchähnliches
Monftrum mit dem langen Schnabel fid) die
eigene Nafe zwackt. Diefer illuprativen Varia-
bilität entfpricht die der raunenden, wifpernden,
kapriolierenden Fjandfchrift, die oft wie Seismo-
graphie der ttleltängfte herumfährt odernärrifd)
tanzt wie eine Mücke im Gehirn, die zäh kra-
kelt und vergrinft kriselt und fpröde fpinnt, —
jenad)dem. In diefer 3eitfd)rift foll demnächp
Kubins Göert und Art von andrer Seite ausführ-
lich dargepellt werden. Ich perfönlich kann
frühere Eindrücke nicht mehr voll aufrecht er-
halten. Die Abhängigkeit von Dore bedingt den
gewiß noch immer fePelnden Reichtum diefer
Kunp nun augenfälliger, Manches hat ein trok-
kenes Rafcheln bekommen und will der von
Klee her zurückblickenden Graumphantape nichts
mehr offenbaren. Die Cransparenz diefer Dinge

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