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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Wolf, Walther: Die Kunst von El Amarna im Ägyptischen Museum zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0871

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Die Kunft von El Ämarna im
Ä g y p t i f d) e n Mufeum zu Berlin

Von WALTHER WOLF

Mit sechs Abbildungen auf drei Tafeln

1. Äpril wurde im Berliner Ägyptifcßen Mufeum ein neuer Saal der Öffentlich-


keit übergeben, in dem die Funde aus den Grabungen der Deutfcßen Orient-

1 Gefellfcßaft in El Ämarna 1911—14 eine würdige Aufteilung gefunden haben.
Der Raum wurde dadurch gewonnen, daß man in einen bis dahin offenen Lichthof ein
Glasdach einzog und in den fo gewonnenen Saal Scherwände einbaute in der Art, daß
ein überhöhtes Mittelfcßiff von einem ebenfo hohen Querfcßiff in der Mitte durchfchnitten
wird. Die vier Ecken diefes Kreuzes wurden je durch eine halbhohe Eiland geteilt, fo daß
acht Abteile entftanden, die zur Aufnahme der Kunftwerke von El Ämarna beftimmt find.
ÜJendet man fiel) vom Lempelhofe zur neuen Anlage, fo gelangt man zuerft in einen
Vorraum, in dem die Cüerke aus der Seit Ämenßoteps III., des Vaters Ämenhoteps IV.
von Ämarna, untergebracht ßnd. Unter diefen ragen hervor eine Anzahl Reliefs
aus einem Grabe auf der (Ueflfeite von D)eben, das in den leßten Jahren Ämen-
hoteps III. angelegt worden ift. Die Stücke find an diefer Stelle befonders will-
kommen als Vergleichsmaterial; denn erft wenn man die wenige Jahre fpäter gefeßaf-
fenen ÜJerke des Sohnes daneben betrachtet, wird die ganze Schärfe des Bruches fühl-
bar, den Ämenhotep IV. mit der Vergangenheit vollzog. Auch die Stücke des Lang-
und Querfchiffes gehören Ämenhotep III. Eine Reihe von granitnen Stand- und Sitj-
bildern der löwenköpfigen Göttin Sachmet entftammen einem Lempel in Karnak. Im
Querfchiff liegen zwei koloffale Klidder, Abbilder des Amon, von denen der rechte ein
Abguß ift. Sie ftanden in einem nubifeßen Lempel Ämenhoteps III. und gehören zu
den wirkfamften Cierplaftiken nicht nur der ägyptifeßen Kunft. Im Hintergründe der
linken Hälfte des Querfchiffes fteht ein ergänzter Abguß einer Hatßorfäule, der beffer
als alle Abbildungen einen Begriff von der gewaltigen CHirkung diefer Ärchitekturform
vermittelt und gleichzeitig anregt zu einem Vergleich mit der völlig verfchiedenen Äuf-
faffung, die die Griechen von der Säule als dem üräger der Laft des Gebälkes hatten.
Dem Abguß gegenüber blickt aus der Höße das Koloffalporträt des Königs Haremhab
herab, der als Cräger der gegen die Reformation von El Ämarna gerichteten Reaktion
gilt. Über diefe Reformation feien ein paar Klorte eingefügt.
Ämenhotep IV. wollte das lebenfpendende Geftirn der Sonne als alleinigen Gott ver-
ehrt wiffen. Diefe Sonne dachte er flöß nicht etwa als Falken, der die Sonnenfeheibe
auf dem Haupte trägt, verband auch fonft keines der bekannten Menfcßen- oder üier-
bilder mit ihr, fondern die Sonnenfeheibe allein, die er mit dem ägyptifchen KIortÄton be-
nennt, galt ihm als der Gott, tüenn er in Darftellungen diefe Sonnenfeheibe mit Strahlen
verfieht, die in Hände endigen, die das Lebenszeichen reichen, fo war ißm das ein
fymbolifcher Ausdruck dafür, daß er in der Sonne nicht etwa die fengende Glut,
fondern die fd)öpferifche Lebenskraft verehrte. In diefem Sinne fingt er der Sonne ein
Preislied, das in den Gräbern feiner Großen auf der Oftfeite von El Ämarna verfeßie-
dentlicß wiederkehrt und als Sonnenhymnus von El Ämarna fcßnell bekannt geworden
ift. Da heißt es an einer Stelle: „Alles Vieh freut fid) über fein Futter, Bäume und
Kräuter grünen, die Vögel flattern in ißren Neftern, ißre Flügel erheben ßicß in An-
betung vor Deinem Ka (Geift). Alle Lämmer hüpfen umher, Vögel und alles, was
flattert, fie leben, denn für fie bift Du aufgegangen. Die Schiffe fahren ftromab und
ftromauf, jeder ttleg ift frei, weil Du leucßteft. Die Fifcße im Strom fpringen vor Dir,
und Deine Strahlen dringen in die Liefen des Ozeans.“ Die Stelle mag genügen, um
zu zeigen, eine wie große Rolle die Liebe zu allen Gefcßöpfen in diefer Religion
fpielt. Ein zweites wefentlicßes Moment kommt hinzu: die Liebe zur üCIaßrßeit und
Einfachheit. Daß gerade die leßte Forderung von der größten Bedeutung war, wird

Der Cicerone, XVI. Jafyrg., Qeft 18

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