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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 2
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0123

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Sammlungen

Fra Angelico die vier Evangelisten gemalt
hat. Clemens XI. ließ, wie eine Inschrift
an der Altarwand bezeugt, den ganzen Fres-
kenzyklus wiederherstellen, und diese un-
heilvolle Restauration hat, wie wir alle
wissen, die Malereien Fra Angelicos mehr
oder weniger ihres Charakters beraubt.
Auch oben an der Decke finden sich über-
all Spuren einer äußerst summarischen Re-
stauration: klaffende Risse wurden mit
Mörtel ausgefüllt, der neue Bewurf mit auf-
fallend schwachen breitrandigen Nägeln
befestigt, das Ganze von ungeübter Hand
übermalt. Und damit das Neue vom Al-
ten nicht allzu grell absteche, fuhr die hei-
ligtumschändende Hand auch über das noch
besser Erhaltene hinweg, so daß auch hier
oben vom echten Fra Angelico herzlich
wenig übrig geblieben ist. So traten unter
einer späteren Farbenschicht an einer Stelle
höchst eigenartige Wolkenbildungen von
Fra Angelicos Hand zutage, die der Re-
staurator einfach blau übermalt hatte.
Die Schwierigkeit, diese Fresken, soweit
es heute noch möglich ist, der Nachwelt
wiederzuschenken, ist sehr groß. Zum
Glück ist man sich aber dieser Verantwor-
tung in allen Kreisen vollständig bewußt.
Wahrscheinlich wird der Papst, wie es frü-
her bereits für die Wiederherstellung der
Sixtinafresken geschehen, eine Sachver-
ständigenkommission berufen, die sich
nicht nur mit den Fresken Fra Angelicos
im Vatikan, sondern auch mit den Masa-
ccio-Masolino-Fresken in San Clemente zu
befassen haben wird. Es heißt, daß der
amerikanische Titelkardinal der Kirche die
Mittel zu einer solchen Restaurierung be-
reits in Aussicht gestellt hat. E. St.
MUSEUMSBERICHTE UND
-KATALOGE
Unter den deutschen Provinzmuseen hat
das von Erfurt in den letzten Jahren oft
in gutem Sinne von sich reden gemacht. Das
Erbe erfuhr hier eine vorbildliche museale
Pflege und auch die Moderne kam hier so
ausgezeichnet auf ihre Kosten, daß von dem
Museum dieser Stadt aus wirklich eine le-
bendige Kraftwelle auszugehen schien.
Nachdem nun auch innerhalb der musealen
Abteilungen die Neuordnung durchgeführt
ist, erscheint eben ein Katalog des städti-
schen Museums zu Erfurt, und zwar über
die mittelalterliche Sammlung und die
Gemäldegalerie, d. h. über die beiden
wichtigsten Abteilungen des Angermuse-
ums, dessen kunstgewerblichen Bestände
aus Raummangel leider immer noch maga-
ziniert sind. Wie der letzte Direktor Dr.
Kaesbach im Vorwort mitteilt, hat die erste

Abteilung des Kataloges der inzwischen als
Direktor des Freiburger Museums abbe.ru-
fene frühere Assistent Dr. Werner. Noack,
den zweiten Abschnitt (Gemälde, Hand-
zeichnungen der neueren Zeit) die Muse-
umsassistentin Frl. v. Przychowski bear-
beitet. Das Ganze macht einen vortreffli-
chen Eindruck, wertvoll auch der Tafelan-
hang des Katalogs, der im Großen den pro-
grammatischen Aufbau der Sammlung ver-
anschaulicht. — Eine wesentliche Umge-
staltung haben in den letzten Jahren auch
die städtischen Sammlungen in Freiburg
i. B. erfahren, die jenem oben genannten
Dr. Noack unterstellt sind, der die ausge-
zeichnete Neuordnung des Augustiner-Mu-
seums durchgeführt hat. Unter der Initia-
tive dieses Museumsdirektors sind kürzlich
die ersten beiden Hefte einer neuen Folge
von Museumsberichten (die mehr einer Zeit-
schrift ähnlich sehen) unter dem Titel „Be-
richte aus dem Freiburger Augustiner-Mu-
seum, herausgegeben von der Direktion der
Freiburger städt. Sammlungen“ im Urban-
Verlag, Freiburg i. B., erschienen, die nach
der programmatischen Erklärung des Her-
ausgebers von dem Wunsch geweckt wor-
den sind, „das bisher kaum bekannte und
gewürdigte Material der Freiburger Museen
weiteren Kreisen zugänglich zu machen“.
Außerdem hofft der Herausgeber, daß sich
auch die übrigen badischen Museen dieser
Hefte bedienen und daß diese Hefte selbst
ein Sammelplatz für die Erforschung der
Kunst des oberrheinisch - alemannischen
Kulturkreises werden möchten1. Inwieweit
dieses Programm schon erfüllt ist, deutet
der Inhalt der beiden ersten, reich mit Ta-
feln versehenen Hefte an. Diese bringen
folgende Beiträge: Werner Noack, Frühe
Vesperbilder im Augustiner-Museum; Cle-
mens Sommer, Spätgotische Holzbild-
werke vom Oberrhein in den Freiburger
Sammlungen; Paul. Wescher, Schwäbi-
sche spätgotische Bildwerke im Augustiner-
Museum; Hertha Wes ehe r-Kaue rt, Ein
Meister der Dürerschule; Robert Pfaff,
Benin-Bronzen im ethnographischen Muse-
um der Stadt Freiburg. Dieses reiche und
vielseitige Menü schließt in Heft i noch
einBericht über dieNeuerwerbungen 1023/24
aus der Feder des Direktors ab. Heft 2 die-
ser „Berichte“ ist sodann unter dem Titel
„Mittelalterliche Kunst des Ober-
rheins“ der vom September bis Oktober
1924 anläßlich der IV. Tagung für christliche
Kunst stattgehabten Ausstellung gewidmet.
Dazu 32 wertvolle Abbildungen. Diese Frei-
1 Wie wir hören, haben sich die Hefte inzwischen zu
einer neuen Zeitschrift für die süddeutschen Museen aus-
gerundet.

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