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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 3
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Simon, Karl: Mittelrheinische Scheiben in Amorbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0165

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gerade bei Gemälden, bei denen Frankfurter Provenienz nicht unwahrschein-
lich ist. Es sei etwa erinnert an die weiblichen Typen der Frankfurter Tafel
mit den vierzehn Nothelfern (Historisches Museum, ausgestellt im Städelschen
Institut), die ich seinerzeit mit Johannes Heß in Verbindung zu bringen gesucht
habe1; dieser Heß hat selbst wieder mit dem Maler Hans Fyol zusammen
gearbeitet2, und in der Mainz-Frankfurter Gegend möchte man ja überhaupt
den Entstehungsort der Scheibe ansetzen; ganz abgesehen davon, daß der
hl. Martin der Patron des Erzbistums Mainz ist.
In dieses selbst führt nun unmittelbar hinein die folgende Wappenscheibe.
3. Wappen Berthold von Henneberg.
Die eine der beiden quadrierten Wappenscheiben (Durchmesser 36 cm) zeigt
das aus dem Mainzer Rad (weiß auf rotem Grund) und der Henne (schwarz
auf gelbem Grund) nebst der Säule in Rot als Elementen bestehende Wappen
des Mainzer Erzbischofs Berthold von Henneberg (f 1504). Über dem
gelben Helm liegt ein grünes Kissen mit weißen Troddeln, während die Laub-
decken weiß auf braunem Grunde und rot, und das bekrönende Rad weiß auf
hellbraun sind. Der blau damaszierte Grund ist vielfach geflickt.
Der Rand weist das gleiche Blattwerk auf wie die Scheibe mit dem hl. Mar-
tin: das Wappen des Mainzer Erzbischofs und der Patron des Mainzer Erz-
bistums, wodurch die beiden als näher zusammengehörig erwiesen werden.
4. Wappen Nassau-Saarbrücken.
Die vollständig erhaltene zweite Wappenscheibe (Durchmesser 35 cm), gleich-
falls quadriert, zeigt zweimal je einen schreitenden Löwen; in 1 und 4 ist
zweifellos der Nassauer Löwe gemeint, gold mit ebensolchen Schindeln. Der
Grund ist freilich jetzt hellgrau, anstatt blau, wie er in diesem Fall sein müßte,
mit weißen Ringeln und weißer Bordüre — ebenso wie der Grund in 2 und 3.
Offenbar haben an der nicht gut erhaltenen Scheibe Zersetzungen stattgefun-
den. Die Löwen hier in 2 und 3 mit goldenen Kronen und mit den Kreuzchen
im Grunde heben sich von diesem nur durch die stärkere Schattierung und
die dunklere Umrißzeichnung ab. Deutet hier diese Gestaltung des Wappens
auf Nassau-Saarbrücken, so müßte freilich auch hier der Grund blau sein,
der wohl auch hier durch chemische Veränderungen stark abgeblaßt ist.
Der bekrönende Helm ist blau mit grüner Schnur und grünen Steinen, die
prachtvoll gezeichnete Helmdecke blau und weiß schattiert. Der Flug oben
weiß schattiert, unten dunkelschwarzgrau; der kleine sitzende Löwe gold.
Die auf der Abbildung leider nicht sichtbare Damaszierung ist schwarz auf
rotem Grunde, die Ranke am Rande weiß auf grauem Grunde, auch hier mit
äußerster Feinheit gezeichnet.
Als Stifter der Scheibe käme wohl in Betracht der fromme und später fest an
der alten Kirche hängende Graf Johann Ludwig von Nassau-Saar-
brücken, der, 1472 geboren (gest. 1545), nach der Wiederverheiratung seiner
Mutter (1473) unter der Vormundschaft des Grafen Philipp von Nassau-
Weilburg stand. Nach Vollendung seiner Studien in Heidelberg und Tübingen,
später in Nancy und Paris, übernahm er 1492 die Regierung seines Landes
selbst. — Also auch er steht in seiner Jugend in näheren Beziehungen zu der
Gegend des Mittelrheins. Das auf der Scheibe erscheinende Wappen hat er
1 Zeitschr. Alt-Frankfurt III. ign, S. 62. Vgl. dazu jetzt Weizsäcker a. a. O. S. 3°°-
2 K. Simon in Thieme-Beckers Künstlerlexikon XII. 612 (Fyol).
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Der Cicerone, XVII. Jahrg., Heft 3

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