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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 5
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0306

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nung des Ukiyoye angeknüpft wird. Die an-
dere übernimmt die europäische Maitech-
nik und ihre sämtlichen Methoden, also so-
wohl die Zentralperspektive und die Mo-
dellierung in Licht und Schatten wie den
modernsten Kubismus. Sie wird weiterhin
jeder Pariser Erfindung gelehrige Schüler
stellen. Eine große Zahl von Malern steht
zwischen den beiden äußersten Möglichkei-
ten, vermischt Japanisches mit Europäi-
schem, gibt also in einem rein ostasiati-
schen Bildaufbau plötzlich Modellierung
oder stilisiert dekorativ inmitten eines ku-
bistischen Gefüges. Die Einteilung ist not-
wendig gegeben, wenn sie auch am We-
sentlichsten vorbeigehen muß. Das ist nun
einmal die künstlerische Kraft, die überzeu-
gende Schöpfung. Diese fehlt aber den
neuen Malereien Japans. Die Tradition stirbt
langsam, die europäischen Errungenschaf-
ten dringen schnell ein — schon durch
Übernahme unseres Ausstellungs- und Mu-
seumsbetriebs. Weder die archaisierende
Kunst der offiziellen Akademien noch die
europäisierende der Privatateliers gibt uns
Kundgebungen des schöpferischen Genius.
Das moderne Japan will wie Europa Kunst
machen und verliert sie wie Europa. Es
gibt keine Gesellschaft, die Träger dieser
Kunst wäre, keine Schicht, auf die sie wir-
ken könnte. Wenn überhaupt eine Wirkung
in Frage kommt, so ist es die gesellschafts-
zerstörende, die man noch nie ausreichend
aufgewiesen hat. Daß die reichere Tradi-
tion mehr Hoffnung auf eine Erneuerung
erlaubt, kann ich nicht glauben, sie erhält
höchstens die Fähigkeit, die Qualitäten al-
ter Meisterwerke wirklich zu würdigen.
Elisseev hat es übrigens verstanden, seine
Geschichte der modernen Malerei Japans
von bedenklichen Werturteilen freizuhal-
ten. Japan ist nun einmal nicht auf dem
Wege zu neuen Meisterwerken. Die abge-
bildeten Malereien fesseln wohl niemand.
Wer merkt überhaupt, daß Tafel 63 auf
dem Kopfe steht?
Was die Geschichte der Moderne in Ja-
pan anbelangt, so hat sie schon um igoo
Europa lebhaft beschäftigt. Die Literatur
dieser Zeit wird bei Elisseev nicht berück-
sichtigt. Ihre oft interessanten Feststellun-
gen fehlen. Die Tätigkeit des französischen
Karikaturisten Bigot hätte nicht übergan-
gen werden dürfen. Die Kämpfe zwischen
der vornehmen Akademie (Meiji Bijutsu
Kwai) und der Boheme-Sezession „Das
Weiße Pferd“ (Hakuba Kwai) hätten eben-
so wie Dzushi, das japanische Barbizon,
Erwähnung verdient. Aus der bei Elissöev
fehlenden Literatur sei erwähnt:
Okakura, „Moderne Probleme der Ma-

lerei“. Rede auf dem Kongreß von St. Louis
1904 und „Notes on Contempory Art“, Stu-
dio März igo2. A. Fischer, „Wandlungen
im Kunstleben Japans“, Berlin ig2o.
Nicht die Wirkung europäischer Kunst
auf Japan, der umgekehrte Vorgang ver-
dient kunstgeschichtliche Behandlung.
Alfred Salmony.
Robert Heine-Geldern, Altjavanische
Bronzen. Artis thesaurus Band I. Ver-
lag C. W. Stern. Wien ig25.
Die javanischen Bronzen der ethnogra-
phischen Sammlung des Wiener naturhi-
storischen Museums haben bisher ein wah-
res Dornröschendasein geführt. Man konnte
sie nicht einmal ordentlich sehen. Die Er-
weckung des prächtigen Materials an der
Spitze einer neuen billigen Serie ist ein
großes Verdienst, zumal die Reproduk-
tionen in Kupfertiefdruck wohlgelungen
sind. Obwohl mit der neuesten Forschung
vertraut, verzichtet Heine-Geldern doch auf
den im vorliegenden Falle unmöglichen
stilgeschichtlichen Versuch und gibt nur
ganz vorsichtige Datierung. Die Sammlung
ist nicht vollständig genug, um mehr als
willkommenes und teilweise sehr schönes
Material zu liefern. Mancher Typus (z. B.
der der Prajna Paramita) fehlt völlig. Auch
von dem Formenreichtum der Endepoche
kann Wien keinen Begriff geben. Der be-
schreibende Text des Buches bietet sich
außerordentlich reich. Das Hauptstück auf
der ersten Tafel hält keinen Gewandzipfel
in der Linken, die Abbildung erlaubt nicht
festzustellen, ob es sich um einen abgebro-
chenen Gegenstand oder die Geste des
Schenkens handelt. Diese kleinen Ausstel-
lungen beeinträchtigen den Wert der Ver-
öffentlichung in keiner Weise. Eine gleich
liebevolle Behandlung möchte man übri-
gens dem wertvollen Bestand javanischer
Bronzen im Musee Guimet in Paris wün-
schen. Alfred Salmony.
Albert J. Koop, Frühe chinesische
Bronzen. 48 Seiten, 6 Tafeln in Farben-
druck und 104 Tafeln in Lichtdruck. Ver-
lag Ernst Wasmuth A.-G., Berlin ig24.
Dies Werk ist die deutsche Ausgabe
eines Buches, das in gleicher Ausstattung
bei Benn in London herausgekommen ist.
Ein solcher Austausch geistiger Güter ist
sehr zu begrüßen, denn er verschafft dem
einzelnen Forscher ein größeres Audito-
rium und macht das Publikum mit einer
anderen Art von Problemstellung bekannt.
Das Buch Koops gehört zum Besten, was
über das Thema der chinesischen Bronzen
veröffentlicht worden ist. Seine Methode ist
bezeichnend für die englische Einstellung:

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