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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 7
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0409

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Von den Gesellschaften

sonders hervorgehoben seien die Arbeiten
der Künstlerin Bebutow und des Künstlers
Sidamon Eristow. Auf der Ausstellung wa-
ren auch einige Skulpturen, größtenteils
Porträts, zu sehen. Bemerkenswert war
unter ihnen der Entwurf eines Lenin-
Denkmals von Sessiaschwili mit monu-
mentalem Ausdruck, aber schablonenhaf-
ten Allegorien der Revolution am Sockel.
K.
WIESBADEN
Im Nassauischen Kunstverein
im Neuen Museum sind indonesische
Textilien ausgestellt, Batikan und Ikat-
ten. Man empfindet vor diesen schönen
Färbe- und Webetechniken mit Schmerz,
daß sie infolge alles vernichtender euro-
päischer Kolonialzivilisation nahezu im
Aussterben begriffen sind. Bezaubernd
schön sind die Muster. Insulare Phanta-
stik, die ihre Motive der tierischen und
pflanzlichen Umwelt von Urwald und
Ozean entnimmt. Neben Hirschen, Vögeln,
Fischen, streuen sich traumhaft Naturfor-
men von Flügeln, Flossen, Blättern, Ster-
nen, Muscheln hin. Die lyrischen Namen
der Muster geben Einblick in das Seelen-
leben der Ozeaniden: flüsternder Drache,
betrübter Vogel, schlafendes Laub, sachter
Regen, kranker Fruchtbaum, Lotos unter
Wasser, Schlange als Einsiedler, vollkom-
mene Liebe. Zu kultischen Tänzen dienen
phantastische, in Leder geschnittene und
bemalte, bewegliche Umrißfiguren, an
Rackhams Gespenster erinnernde Dämonen,
mit denen Schattenspiele aufgeführt wer-
den.
Verständnisvoll angegliedert und zum
Teil eingestreut ist europäische Kunst.
Wundervoll fügen sich Campendonks ju-
welenhaft opalisierende Hinterglasmale-
reien in den exotischen Rahmen malayisch-
polynesischer Phantastik. Der Orientale
Jussuf Abbo vereint in seinen Skulp-
turen und Zeichnungen morgenländische
Ruhe mit abendländischer Beseelung, wor-
aus sich eine neue Schönheit ergibt, deren
edle, wie von tiefen Atemzügen belebte
Rhythmik aus der Alltäglichkeit entrückt.
Kubin schreitet in seinen neuesten Aqua-
rellen und Graphiken auf dem bisherigen
Weg schonungsloser Satyre und krasser
Selbstanalyse fort. Die Technik ist etwas
breiter und derber geworden. Die Gewalt
des Vortrags blieb dieselbe, mitreißend und
aufwühlend durch das tiefe Verstehen see-
lischer Nöte und Ängste, und das bittre
Gelächter, hinter dem sich das Mitleid birgt.
Alexei v. Jawlensky bannt in seinen
allegorischen Köpfen das Schwebende
momentaner Stimmungen in das Unver¬

gängliche mystischen Erlebens. Reichels
zart aufglimmende Lyrik zieht in ihrem
frühlingshaften Leuchten ungemein an.
Auf eine zarte Empfindungsskala stellt sich
auch Feininger ein. Seine Landschaften
haben eine stille, weltfremde Freudigkeit.
Sie sind gleichsam von einem nach innen
gerichteten Leben erfüllt. Aus manchmal
etwas geheimnisvollen, kubischen Span-
nungen entschleiern sich die Umrisse, die
dann plötzlich als Akzente vortreten, zu
denen die Farben nur Füllsel bilden. Hier
liegt der Gotik Wesensverwandtes. In den
Aquarellen geht Feininger von einem ande-
ren System aus. Hier sind die kritzeln-
den H-Striche seiner Niederschrift charak-
teristisch, die etwas Zierliches in die Stim-
mung tragen. ch.
Von den Gesellschaften
ROM
Sitzung des archäologischen Insti-
tuts. Die erste ordentliche Adunanz des ar-
chäologischen Instituts nach dem Kriege
bot einen Vortrag des Leiters der Ausgra-
bungen von Ostia, Prof. Giulio Calza. Der
Redner bot an der Hand zahlreicher Licht-
bilder einen Überblick über die in den letz-
ten Jahren geleistete Arbeit. Besonders
wichtig waren seine Ausführungen über
Lage und Ausdehnung des republikani-
schen Ostia und seine Mitteilungen über
die bei den Ausgrabungen befolgten Me-
thoden der Konservierung und Restaurie-
rung. Die Bilder, die die verschiedenen
Stadien der Arbeiten zeigten, gaben ein
Zeugnis von der Gewissenhaftigkeit und
Sorgfalt, mit der die Verwaltung der Mo-
numente hier zu Werke geht. Die Beteili-
gung an der Sitzung war recht rege, auch
Vertreter der nichtdeutschen Wissenschaft
hatten sich eingefunden. L.S.
DEUTSCHER WERKBUND
Die nächste Tagung des deutschen
Werkbundes wird voraussichtlich vom
20.—23. Juni in Bremen stattfinden, und
zwar auf Anregung von Generalkonsul Dr.
Ludwig Roselius, der in seiner Eigen-
schaft als Obmann des D.W.B. die Ge-
samtleitung der Veranstaltungen übernom-
men hat, die unter dem Leitgedanken
„Schiffahrt und Export“ stehen soll. Eine
Reihe von wertvollen Sonderausstellungen
ist für diesen besonderen Zweck ins Auge
gefaßt worden, so eine Schiffahrts-Aus-
stellung, eine Export-Ausstellung der Bre-
mer Gruppe des D.W.B., und eine große
Sonderausstellung „Ostasiatischer Kunst“.

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