Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI Heft:
Heft 10
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0553

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Von Künstlern und Gelehrten

Amerikaner in der „Neuen Galerie“ be-
stellt, die mit zumeist auch in Deutschland
bekannten Arbeiten Pascins (worunter die
kuriose Wirrnis des nachtschwarzen „Em-
barquement aux lies“) vereinigt ist. Sie zeigt
zwar gründliche Vertrautheit der Aussteller
mit der modernen Kunst, läßt aber ander-
seits — bis auf Storrs simple metallene
Steilkonstruktionen — eine als völkisch-
amerikanisch anzusprechende Note vermis-
sen. Ingres und Borobudur (Maurice Ster-
ne), der Impressionismus Frankreichs (B ar-
ber), Derain und Picasso (Burlin), Hodler
undGauguin (bei den Gemälden, Maillol bei
den Plastiken Biddles), russischer Kon-
struktivismus (Storrs) sind hier Pate ge-
standen. In der Hauptsache ist es Absud
französischer Kunst, der uns verschieden
verdünnt geboten wird. Poglayen-NeuwaU.
WIESBADEN
Der Nassauische Kunstverein im
Neuen Museum hat diesmal aus einer hie-
sigen Privatsammlung einige sehr schöne
Stücke ans Licht gebracht, die dem Ge-
schmack ihres Besitzers Ehre machen. Die
Auswahl ist international: zwei vornehme
Derains, von denen besonders der „Hof“
ein erstaunliches Meisterwerk ist, ein fast
feierlich realistisch gemalter Togores in
spannenden Gegensatz gebracht zu einem
raffinierten Aktstück von Pascin und zwei
Utrillo, Straßenarchitekturen, so scharf
gesehene Wirklichkeit, daß sie abstrakt
wirkt, ohne es zu sein und zugleich — ein
Fall, der an Konrad Witz erinnert — sich
keiner Einzelheit begibt. Man hat das Ge-
fühl, als ob hier ein W'eg in die Zukunft
wiese. Karl Hofers „Matrosenbraut“, sehr
stark in der Farbe, und mit einem eigen-
artig dekorativen Rhythmus setzt sich zwi-
schen den Ausländern, zwei virtuosenhaf-
ten Corinths und einem trefflichen Selbst-
bildnis Liebermanns ohne Vordringlich-
keit kraftvoll durch.
Von den sonstigen Kollektionen ist zu-
nächst Schmitt-Rottluff zu nennen, do-
minierend durch seine breitbrüstige, die
Nachbarschaft zermalmende Wucht, die
kein Aufenthaltnehmen kennt. In Czobels
schwermütigen, dunklen Bildern liegt noch
der Kampf mit den Hemmungen einer in-
nerlich nicht beruhigten Natur. Kirchner
ist mit Aquarellen erschienen. Feine, illu-
strative Arbeiten mit leichter Hand hinge-
worfen. Struker verfügt über sehr kulti-
viertes koloristisches Empfinden. Ritschi,
noch stark unter Eindrücken stehend und
leidend, zeigte wieder nur beachtenswerte
Fortschritte.
* *

Im Skulpturensaal sind schöne Arbeiten
von Milly Steger ausgestellt und Holz-
plastiken von Voll, zum Teil barbarisch
unartikuliert, zum Teil von ergreifender
Tiefe des Ausdrucks und großem Zartge-
fühl für das Material. ch.
Von Künstlern
u n d Gelehrten
JAN STURSA
JanStursa, derbegabteste unter den tsche-
chischen Bildhauern, ist — einer unheil-
baren Krankheit weichend — freiwillig aus
dem Leben geschieden. Mit ihm verliert
die tschechische Kunst ihren prominente-
sten Vertreter, in dem sich hohes Können
und starke Rassenprägung glücklich trafen.
Er hatte früh internationale Geltung erlangt.
Werke von ihm befinden sich in den
Staatsgalerien von München, Wien und
Venedig. Prag besitzt auf öffentlichen
Punkten und vor allem in der modernen
Galerie eine schöne Reihe seiner Schöp-
fungen. Stursa war mährischer Bauernsohn.
An der Prager Akademie lernte er unter
Myslbecks strenger Schulung. — Dessen oft
hartem Klassizismus setzte er aber seinen
naturnahen, erdfrohen Lyrismus entgegen,
den er an herben Mädchenfiguren und
kraftstrotzenden Frauenleibern gestaltete.
Sein elementarer plastischer Instinkt be-
wahrte ihn vor Experimenten. Sein Schaf-
fen folgt einer klaren inneren Stimme, die
nur manchmal einer allzu stark einbrechen-
den Musikalität unterliegt. Stursa hatte den
Lehrstuhl für Bildhauerei an der Prager
Akademie inne, deren Rektor er im Jahre
1923/24 war. O.S.
Als Nachfolger Karl Madsens wurde der
dänische Kunsthistoriker Gustav Falck
zum Direktor des Kopenhagener Kunst-
museums ernannt. Falck war bisher Leiter
der Kupferstichsammlung dieses Museums.
Neue Bücher
Die kirchliche Barockkunst in Öster-
reich. Ein Heimatbuch von Stiftsarchivar
und Konservator P. Martin Riesenhu-
ber. Verlag der christlichen Kunstblätter.
Linz a. D. 1924.
Diese Arbeit, die jetzt in Buchform vor-
liegt, ist seit igog in der Linzer Zeitschrift
„Christliche Kunstblätter“ erschienen. Sie
ist unmittelbar aus dem praktischen Bedürf-
nis des Denkmalpflegers herausgewachsen,
das in den Kreisen fdes österreichischen Kle-
rus damals noch ziemlich tief sitzende Vor-
urteil gegen den Barockstil zu bekämpfen:

529
 
Annotationen