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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 14
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Sauerlandt, Max: Meisterwerke deutscher Fayencekunst: Ausstellung im Kunstgewerbemuseum in Frankfurt a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0705

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Sehr gut ist die Gesamtdisposition der Ausstellung; sie ist übersichtlich,
ohne sich ängstlich an die Jahreszahlen der Manufakturgründungen zu klam-
mern: Hanau und Frankfurt mit ihren vorwiegend blau gemalten Schaustücken
füllen den großen Mittelsaal, der von kleineren Räumen mit den vorwiegend
im Scharfbrand oder unter der Muffel bunt dekorierten Erzeugnissen der
anderen süddeutschen Manufakturen und den Prachtleistungen der Haus-
malerei flankiert wird. Diese Ordnung, die sich aus dem Mass en Verhältnis
der vorhandenen Gegenstände von selbst ergeben haben mag, hält jeden Ge-
danken an pedantische Lehrhaftigkeit fern, sie wirkt in Verbindung mit einem
im Frankfurter Museum zur guten Tradition gehörenden geschmackvollen
Aufbau der einzelnen Vitrinen künstlerisch begründet und bringt dabei doch
die Abfolge der Stilentwicklung in ihren Hauptetappen zu klarer Ausprägung.
Sehr deutlich wird der zwiefache Ausgangspunkt der Hausmalereien, idie
den ersten Höhepunkt der gesamten Entwicklung bezeichnen: der Ausgang
von der Schwarzlotmalerei auf Glas bei Schaper, Faber und Benckert, der
Ausgang vom Maleremail auf Metallgrund bei Helmhack, W. R., I. H., M. S.,
Bartolomäus Seuter u. a. Mit besonderer Freude wird in dieser letzten Gruppe
der von Pazaurek noch vergeblich gesuchte M.S.-Krug der ehemaligen Samn>
lung Minnigerode-Allerburg begrüßt, der die Frage nach der Auflösung der
Monogrammarke erneut zur Diskussion stellt.
Die zweite Stufe der Entwicklung bezeichnet dann die Zeit des Einflusses
der chinesischen Ming-Porzellane, die allmähliche Durchdringung des Exo-
tischen mit europäischem Stilgefühl und seine schließliche Zersetzung. Zwei
verschiedene Beobachtungen drängen sich dabei auf: einmal, daß die frühen,
deutschen Fayencen sich nach Masse, Glasur und Malerei fast ohne Aus-,
nähme sehr deutlich von den gleichzeitigen Delfter Fayencen abheben, trotz-
dem die ersten deutschen Manufakturen durch Holländer in Gang gebracht
worden sind, während die sichere Scheidung von Hanau und Frankfurt
immer noch nicht in allen Fällen gelingen will, und ferner die Merkwürdige)
keit, daß die freilich aus der vollen Barocktradition hervorwachsende Fayence-
malerei mit der größten Zähigkeit an dieser barocken Stilform festgehalten
hat, weit über den Zeitpunkt hinaus, in dem auf allen anderen Gebieten die
Formen des Rokoko herrschend werden.
Ein neues Moment der Stilentwicklung bringt dann die zweite, den Scharf-
feuerdekor überflutende und vielerorts fortschwemmende Welle der Muffel-
farbenmalerei, zugleich eine zweite Übernahme des Porzellanstils auf die
Fayence, einmal von den Kang-hsi-Porzellanen Chinas, deren exotischer Stil
wieder allmählich in neuer Weise europäisiert wird, nun aber auch schon
sehr deutlich vom europäischen Porzellan. Adam Friedrich von Löwenfinck
erscheint als Träger des von Meißen, Joseph Philipp Dannhöffer der Haupt-
träger des von Wien herkommenden Einflusses: seinen Stil glauben wir mit
dem Wanderleben, das er geführt hat, in Arbeiten, die deutlich die Herkunft
von dem Wiener Barockdekor der Du-Paquier-Zeit zeigen, von Manufaktur
zu Manufaktur verfolgen zu können.
Neben diesen Hauptzügen der allgemeinen Entwicklung, die übrigens nicht
durchweg Zeitstufen bezeichnen, treten andere Besonderheiten in einzelnen
Gebieten scharf hervor, in Straßburg z. B. der plötzliche und scheinbar ganz
unvermittelte Übergang von der frühen abstraktornamentalen Scharffeuer-
malerei in vorwiegendem Blau zur muffelfarbenbunten Blumenmalerei der
späteren Zeit, in Thüringen das unentwegte Festhalten an der kunterbunten
Scharffeuerfarbenpalette, die hier, einzelne die Regel bestätigende Ausnahmen
abgerechnet, ein Muffelfarbennachspiel überhaupt nicht gefunden hat.

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