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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 15
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0780

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Sammlungen

fung immer näher geführt. Dieser medita-
tive Corinth z. B. konnte prachtvolle Briefe
schreiben, die in ihrer .Weisheit an letzte
Dinge rührten, obwohl sie immer von
einem erfrischenden Humor verklärt waren,
der selten versagte. Daß er auch die bei
Künstlern gemeinhin so seltene Tugend der
Treue gekannt hat, darf heute angesichts
des Todes dreimal erwähnt werden, nicht
die Treue seinen Händlern gegenüber, von
denen er sich immer übervorteilt wähnte,
aber um so mehr zu den Menschen, die
in seinem Leben irgendwie bedeutsam wur-
den. Es ist kein literarischer Zufall, daß
er den Florian Geyer gemalt hat. So wie er
den isah (und später den Götz, Luther oder
den großen Preußenkönig), so war er
selbst, unbedingt treu in seiner Überzeu-
gung und reich durch ein Herz, das voll
von Milde und Liebe war.
Hier gilt der Satz, daß nie große Kunst
erwachsen kann, wenn nicht ein reiches
Menschsein den Auftrieb seinem Werke
gibt. Corinth muß im Strahl desLichtes, das
in ihm war, die Augen geschlossen haben.
Bald wird seine Persönlichkeit, magisch
verklärt, in die Geschichte unseres Volkes
eingehen. Biermann.
Sammlungen
AUS DEM JAHRESBERICHT DES
GERMANISCHEN MUSEUMS 1924
Im Vordergrund standen die Kunst-
und Kulturgeschichtlichen Samm-
lungen. Für die Gemäldesammlung wur-
den neben anderem ein Nürnberger
Frühtafelbild aus der Zeit um 1400,
das zu der Serie der bereits im Museum
vorhandenen, von einem Marienaltar stam-
menden 2 Flügel gehört, der 1507 da-
tierte, kunstgeschichtlich sehr bedeutsame
Sebastiansaltar aus der Stadtpfarrkirche
in Halle a. S., von Hans Baldung Grien
(Depositum der Stadt Nürnberg) und von
dem gleichen Meister das Bildnis eines
29jährigen Edelmannes vom Jahre
1526 erworben. In erheblichem Maße
wurde die Sammlung der Werke der ori-
ginalen Plastik weiter ausgebaut. Zu nen-
nen sind vor allem die spätromantische
Sitzfigur einer Madonna mit Kind, Pap-
pelholz, um 1250; eine Madonnenstatue
der Zeit um 1330, Holz, Kölnisch; die sich
in der Richtung des Veit Stoß bewe-
gende St. Anna selbdritt, Sandstein-
gruppe, 2. Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts,
von einem Nürnberger Wohnhaus stam-
mend (Eigentum der Stadt Nürnberg); die
überlebensgroße, den Monat Juli darstel-

lende Gartenfigur (Geschenk) aus dem
Park des Schlosses Seehof bei Bamberg
von dem Würzburger Hofbildhauer Fer-
dinand Tietz (f 1777). In der Gewebe-
sammlung war als ein besonders wich-
tiger Zugang ein bunter Wollwirktep-
pich mit dem Wappen Sachsen-Weimar
(1605—1615) zu buchen — wichtig, weil
deutsche Arbeiten dieser Art selten sind.
Für die Geschichte des Waffenwesens
von Bedeutung sind der schöne Topf-
helm aus der zweiten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts (Leihgabe der Stadt Nürnberg)
und ein Steinschloß-Jagdgewehr mit
Laub- und Bandelwerk im Eisenschnitt
mit Goldtauschierung von dem sächsi-
schen Hofbüchsenmacher Johann To-
bias Wohlfart zu Pößneck (1705 bis
1771). Zahlreich waren auch die Zugänge
in der Abteilung der Hausgeräte. Zu nen-
nen sind ein Kasten in Form eines
kauernden Löwen, romanisch, vielleicht
ehedem als Behälter von Geräten für die
Falkenjagd verwandt, und das sogenannte
Kaßlerrad, angeblich in den Jahren 1760
bis 1770 gebaut und demgemäß das älteste
existierende Fahrrad. — In den Vereinig-
ten Graphischen Sammlungen des
Museums und der Stadt Nürnberg
konnte die Abteilung der Handzeichnun-
gen vor allem durch Blätter des 17. und
18. Jahrhunderts, diejenige der Kupfersti-
che durch Arbeiten von Dürer, Altdorfer,
Brosamer, Virgil Solis und Hans Leinber-
ger, diejenige der Holzschnitte durch Ar-
beiten von Hans Burgkmair, Hans Sebald
Behom und Lucas Cranach ergänzt wer-
den. — Die Bibliothek hatte sich der
lebhaften Unterstützung der deutschen
Verleger und der tatkräftigen Förderung
von Seiten der staatlichen und städtischen
Behörden und Anstalten, wissenschaft-
licher und anderer Gesellschaften und Ver-
eine des In- und Auslandes zu erfreuen.
Gleichwohl konnten durchaus nicht sämt-
liche Lücken, welche während der Infla-
tionszeit entstanden waren, gefüllt werden.
-— Für das Archiv wurden vor allen Auto-
graphen von Künstlern, Dichtern und Ge-
lehrten der 1. Hälfte und der Mitte des
ig. Jahrhunderts erworben. Im Monat Au-
gust wurde ein Kurs für deutsche Alter-
tumskunde veranstaltet, der sich einer
regen Beteiligung aus allen Gauen Deutsch-
lands zu erfreuen hatte. An Veröffent-
lichungen erschienen die Jahrgänge 1922
und 1923 des Anzeigers des Germanischen
Museums und der von Prof. Dr. Fritz
Traugott Schulz geschriebene neue
Führer durch die Kunst- und Kulturge-
schichtlichen Sammlungen, Ausgabeig24/25.

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