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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 15
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0789

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Entdeckungen und Funde

Entdeckungen
und Funde
ARCHÄOLOGISCHE FUNDE IN
GEORGIEN
Im Zusammenhang mit den Arbeiten, die
in Semo-Aotschali bei Tiflis zur Errichtung
einer Wasserkraftstation gemacht werden,
sind verschiedene archäologische Funde ge-
macht worden. U. a. sind Gräber entdeckt
worden, die merkwürdige Steinpasten ent-
halten und einen Steinbockkopf, der an die
sog. Nairikultur erinnert. Die Überreste, die
dem Georgischen Museum in Tiflis zur
Aufbewahrung zugeleitet worden sind, zeu-
gen von einer feinen künstlerischen Kultur
der Verfertiger. Gold ist nur in geringen
Spuren zutage getreten, dagegen ein sil-
bernes Schmuckstück mit einem Kern aus
Paste. Einzelne dieser Pasten scheinen
rohe Nachahmungen ägyptischer Skarabäen
zu sein. Der Fund scheint in die Anfänge
der Eisenzeit hinaufzureichen.
Georgische Gelehrte wie der Ethnologe
Tschitaja neigen zu der Annahme, daß hier
die Überreste eines Volkes aufgedeckt wor-
den sind, das von den Karthweliern (Geor-
giern) bei ihrem Einzug von Westen her
überrascht und vernichtet wurde. Manche
Gründe sprechen tatsächlich für eine Ein-
wanderung der georgischen Stämme nach
dem Kaukasus aus dem nordöstlichen
Kleinasien. Jedenfalls überragt die Bedeu-
tung der neuen Funde die der Bayernschen
Entdeckungen in der noch immer um-
strittenen Nekropole von Samthavro bei
der ehemaligen georgischen Königsstadt
Mtzchethi.
Nördlich dieser Stadt, bei Zizimor, mei-
nen georgische Forscher die römische Mi-
litärstation Seusamora wiedergefunden zu
haben, die nach Strabo 16 Stadien von Har-
mozica lag. Harmozica entspricht dem ge-
orgischen Armasziche = Burg des Armas,
des georgischen Hauptgottes, der unter dem
iranischen Namen Ahura Mazda (Mazdäh)
dem hethitischenTessub entspricht. Unweit
der als das römische Fort Seusamora an-
gesprochenen Stelle wurde auch das Grab
eines Reiters mit seinem Pferde bloßgelegt.
Ein Urnengrab hatte als Unikum de Mor-
gan bisher bei Sanain (Achtala) in Geor-
gien aufgedeckt (vgl. die Abb. 21 im 1.Bande
von de Morgans Mission zcientifique au
Causase S. 62). Weiter sind in Kachetien
und auf armenischem Boden im Gouver-
nement Eriwan bloßgelegt worden. Die
Urnen haben z. T. durch Erdbeben gelitten.
Unter den Beigaben des Urnengrabes von
Semo-Awtschali interessiert ein in seiner

Ornamentation an sumerische Keramik an-
klingendes Gefäß. Es wurde offenbar zu ri-
tuellen Zwecken verwandt. Im Boden des
Gefäßes befindet sich ein mit einem durch-
sichtigen Obsidiansplitter verschlossenes
Loch, dessen Bestimmung sich vorläufig
nicht feststellen läßt. O. G. v.Wesendonk.
WEITERE FUNDE IM ALTEN
CALCEDON
Die Ausgrabungen im alten Calcedon
(jetzt Kadiköj, einem Villenvorort von Kon-
stantinopel am Marmarameer) haben einen
glücklichen Fortgang genommen. Ein rö-
mischer Sarkophag wurde gehoben, der
vollständig erhalten, mit lebhaften Male-
reien verziert, eine reiche Anzahl interes-
santer Schmuckstücke und Beigaben ent-
hielt, die zum Teil einen recht großen Wert
haben. Besonders bemerkenswert sind:
5 kleine Glasflakons, mit feinen Blumen-
mustern bemalt;
1 Paar goldene Ohrringe in Kirschenform;
1 goldener Ring mit einem geschnittenen
Achat, einen Frauenkopf darstellend;
4 Becher und ein Kelch aus Kupfer, eine
Anzahl einfacher Fingerringe, Münzen.
Erst durch nähere Prüfung können die
Fundsachen genau bestimmt werden, die
bereits ins Ottomanische Museum in Stam-
bul gebracht wurden.
Außer diesen Kunstgegenständen ist man
nach wenigen Spatenstichen in einem der
belebtesten Plätze von Kadiköj auf eine
antike Wasserleitung gestoßen. Rein äußer-
lich betrachtet sind es Steinblöcke verschie-
dener Größe, die aneinandergereiht in der
Erde liegen. Die Ausarbeitung der Röhren
und der Anschlußstücke ist technisch so
hervorragend, daß man sie bewundern muß.
Die länglichen Steinblöcke, zirka 50—60 cm
lang, zirka 40 cm hoch und ebenso breit,
sind innen sorgfältig rund ausgehöhlt, so
daß Röhren von zirka 30 cm Durchmesser
entstanden sind. Griechische Steinmetzen
haben ihre Initialen 4—5 mm tief in die roh
behauene Oberfläche der Blöcke eingegra-
ben. Diese, wahrscheinlich die Hauptlei-
tung darstellenden Röhren haben noch ver-
schiedene Zweigleitungen. Über einer von
ihnen öffnet sich eine marmorne Zisterne
mit engem Brunnenloch und einem schön
gearbeiteten schweren Marmordeckel, der
sich auf zwei Eisen hochdrehen ließ. Folgt
man dem gewundenen Lauf der Leitung,
so stößt man wiederum auf die kürzlich
aufgedeckten Ruinen, die vielleicht nicht
nur auf die Euphemiakirche, sondern einen
noch älteren Bau aus der römischen Zeit
zurückführen. Die antike Wasserleitung
wird wahrscheinlich der rote Faden zu wei-

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