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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 16
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Wilm, Hubert: Die kirchliche Kunst auf der Jahrtausendausstellung zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0817

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Die kirchliche Kunst auf der
Jahrtausendausstellung zu Köln
Mit elf Abbildungen auf fünf Tafeln 1 Von HUBERT WILM

DEN historischen Anlaß zur Jahrtausendfeier der Rheinlande bilden die Er-
eignisse des Jahres 925, in dem der östliche Teil Lotharingiens dem deutschen
Könige untertan wurde. Eine großartigere Manifestation der kulturhistorischen
Entwicklung eines Volksstammes wie die Jahrtausendausstellung in Köln ist in
Deutschland seit Menschengedenken nicht mehr zustande gekommen und man
darf den Rheinlanden zu dieser Dokumentierung ihrer unbeugsamen Vitalität auf-
richtig Glück wünschen. Die politische Bedeutung einer solchen Ausstellung, dem
eigenen Volke und dem Auslande gegenüber, kann nicht hoch genug eingeschätzt
werden. Nur durch das weitgehendste Entgegenkommen aller weltlichen und
kirchlichen Behörden ist es möglich geworden, eine Ausstellung von so imponie-
render Größe zusammenzubringen.
Die umfangreiche Darbietung von Werken der kirchlichen Kunst bildet unstreitig
das geistige Zentrum der Kölner Jahrtausendausstellung. Daß sich auch räumlich
alle übrigen Abteilungen der Ausstellung um diesen gewichtigen Mittelpunkt
gruppieren, ist kein Zufall, sondern wohlüberlegte Absicht der Ausstellungsleitung.
In drei zusammenhängenden Saalkomplexen wurden die Werke der Malerei, der
Plastik und des Kunstgewerbes untergebracht. Reichhaltigkeit und Qualität des
Gebotenen sind in allen drei Abteilungen gleichermaßen erstaunlich. Man glaubt
durch die wohlgeordneten Haupträume eines gewaltigen Museums mittelalter-
licher Kunst zu wandern und freut sich über die Fülle von Meisterwerken, die
hier aus allen Gegenden des Rheinlandes zusammengetragen sind. Der Haupt-
wert der Abteilungen der Malerei und der Plastik beruht darin, daß man mühe-
los, in einem reizvollen Nebeneinander, die in rheinischen Kirchen und Museen
und die in den übrigen deutschen Museen verstreuten Kunstwerke rheinischer
Herkunft betrachten kann. Die Ausstellung des Kunstgewerbes hingegen ist eine
Überraschung größten Stiles. Was hier an jahrhundertelang sorgsam gehüteten,
schwer zugänglichen Kirchenschätzen gezeigt wird, ist unvergleichlich. Der
ganze Raum der kunstgewerblichen Abteilung strahlt im Gold der kirchlichen
Schreine und Geräte. Ein Reichtum sondergleichen breitet sich in diesem Saale
aus und der alte Ruhmestitel „Colonia aurea“ kommt hier im wahrsten Sinne des
Wortes wieder zur Geltung.
In dem Raume der Malerei ist die Entwicklung der Kölner Malerschule von
der Mitte des 14. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts nahezu lückenlos auf-
gezeigt. Aus der ersten Frühzeit, dem Anfang des 14. Jahrhunderts, findet man
die zwei in Triptychonform gehaltenen, eng verwandten Kreuzigungsaltärchen,
von denen das eine dem Wallraf-Richartz-Museum in Köln, das andere der
Kunsthalle in Hamburg gehört. Über die stilistische Entwicklung der Kölner
Malerei in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, um 1370, gibt der Außen-
flügel des Clarenaltars vom Kölner Dom erschöpfende Auskunft. Die Szenen aus
der Jugendgeschichte und der Passion Christi, die man dem Meister Wilhelm
zugeschrieben hat, zeugen trotz aller Übermalungen und Restaurierungen auch
heute noch von der auffälligen Eigenart und dem hohen Können ihres Schöpfers.
Die Spätzeit des 14. Jahrhunderts scheint mir am glücklichsten gekennzeichnet
1 Herrn Direktor Dr. Ewald sei auch an dieser Stelle nochmals für die liebenswürdige Über-
lassung der photographischen Aufnahmen gedankt. Der Verf.

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