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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 16
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Cohen, Walter: Junge Kunst am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0822

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Junge Kunst am Rhein
Mit acht Abbildungen auf vier Tafeln Von WALTER COHEN
I. RÜCKBLICK
VOR einigen Jahrzehnten über Kunst am Rhein zu schreiben, war eine be-
queme Schreibtischangelegenheit. Man brauchte nur in Düsseldorf zu leben
und die Augen aufzumachen. Bei Eduard Schulte und bei Bismeyer und Kraus
sah man an den Wänden wohl alles Wesentliche, was damals in der alten
Kunsthauptstadt der Rheinprovinz geschaffen wurde. In der Kunstakademie
herrschte — das war keine Phrase — Professor Peter Janssen als Direktor und
was er an figurenreichen Freskobildern zur Verherrlichung deutscher Vorzeit
schuf, fand in der rheinischen Presse und beim rheinischen Publikum begeisterte
Aufnahme. Nur ganz wenige wußten, daß aus dem nahen Elberfeld, der Ge-
burtsstadt Fritz Roebers und seines malerischen Antipoden Friedrich von Schennis,
auch ein Hans von Marees stammte und daß er in Neapel einen nicht ganz
unbeträchtlichen Beitrag zum Thema „Wandmalerei deutscher Künstler“ hinter-
lassen hatte. Es gab keine Skepsis, keine Klage über versäumten Anschluß;
Düsseldorf sonnte sich in dem überlieferten Glanze malerischer Vorherrschaft.
Janssen starb und sein getreuester Mitarbeiter, der Historienmaler Professor Fritz
Roeber, wurde im Jahre 1908 sein Nachfolger in der Leitung der Kunstakademie.
Im Organisatorischen hat seit Wilhelm von Schadow keiner mehr geleistet als
dieser in allen solchen Dingen und auch für die höhere Diplomatie ganz un-
gewöhnlich begabte Mann. Ihm verdankt Düsseldorf den Kunstpalast am Rhein,
der in seinen Mauern u. a. die glanzvollen kunsthistorischen Ausstellungen von
1902 und 1904 sah, ihm auch in erster Linie die Einrichtung einer städtischen
Galerie und die Berufung eines Fachmannes in die Direktion. Aber was Ein-
sichtige seit seiner Berufung vorausgesehen hatten, trat ein: Trotz allen Erfolgen
des Organisators verlor Düsseldorf, in dem der auch in Berlin ungemein ein-
flußreiche Roeber lange Jahre Alleinherrscher war, den Anschluß in allen Fragen
künstlerischer Art. Ein Unglück war es, daß die Berufungen an die Kunst-
akademie eine lange Kette von Mißerfolgen darstellten; sie allein ließen erkennen,
daß es dem im eigenen Schaffen ganz epigonenhaften Schüler Bendemanns nicht
gegeben war, das längst leckgewordene Schifflein der Akademie durch Anschluß
an die wesentlichsten Strömungen der Zeit wieder flottzumachen. Düsseldorf
hatte bereits die Führung verloren, als im Jahre 1912 der Sonderbund west-
deutscher Kunstfreunde — dessen Geschichte Richard Reiche einmal schreiben
sollte! — die historisch gewordene internationale Kunstausstellung in Köln ver-
anstaltete, gezwungen durch die Haltung der in Düsseldorf damals maßgebenden
Künstlerschaft, die den Kunstpalast kurzsichtig dem Sonderbunde verweigerte.
Ich weiß, daß Roeber diesen Exodus bedauerte, wie er denn auch später zwei
ehemalige Führer des Sonderbunds, die Maler Deusser und Clarenbach, als
Akademieprofessoren berief, aber es waren gerade die treuesten Schildknappen
Roeberscher Kunstpolitik, die den Kampf gegen den Sonderbund mit dem fana-
tischsten Eifer und endlichem Erfolge betrieben.
Wenn wir heute auf jene erregte Zeit endloser Kunstkämpfe mit lächelnder
Erkenntnis zurückdenken, fällt uns auf, daß schon damals die begabtesten und
heute berühmtesten rheinischen Künstler ganz abseits von Düsseldorf standen
und gar keinen Einfluß von seiner Akademie, der über rein handwerkliche Aus-
bildung hinausging, erfahren hatten. Es waren Wilhelm Lehmbruck, Heinrich
Nauen, August Macke und Paul A. Seehaus. Lehmbruck war in Paris seiner Heimat

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