Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI Heft:
Heft 17
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0894

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ausstellungen

der es in seinem Testament erwähnt und
dem von ihm gegründeten Kolleg in Mon-
forte de Lemos (Prov. Lugo, Galizien) ver-
macht hat. Dort wurde im Sommer vori-
gen Jahres das lange Zeit in Vergessenheit
geratene Bild, in stark vernachlässigtem Zu-
stand, als Bestandteil eines größeren Altar-
werkes (retablo) durch Don Antonio Men-
dez Casal entdeckt (hierauf wurde seinerzeit
bereits hingewiesen).
Der Herzog von Alba, in seiner Eigen-
schaft als Graf von Lemos erblicher Patron
des erwähnten Instituts, verfügte die Re-
stauration des Gemäldes und seine Aufstel-
lung als Leihgabe im Prado-Museum. A. D.
Ausstellungen
DIE AUSSTELLUNG DES KAISER-
FRIEDRICH-MUSEUMS-VEREINS
Der Kaiser-Friedrich-Museums-Verein in
Berlin hat zum erstenmal seit dem Kriege
in der Akademie eine Ausstellung aus dem
Besitz seiner Mitglieder und aus anderem
Berliner Besitz veranstaltet. Man war über-
rascht, bei dieser Gelegenheit zu sehen,
wie rege trotz der Kriegs- und Nachkriegs-
zeit das Interesse an der alten Kunst ge-
blieben ist. Zwar fehlen die alten Kunst-
sammler Berlins unter den Ausstellern
ganz, deren Namen von vornherein ein
hohes Niveau der Ausstellung verbürgt
hätten. An deren Stelle ist eine neue
Sammlerschicht getreten. Gerade der Er-
folg der Sammeltätigkeit dieser neuen
Kunstfreunde sollte, wie im Vorwort ge-
sagt wird, in der Ausstellung der Öffent-
lichkeit bekanntgemacht werden. Dankens-
wert ist die Idee der Ausstellung vor al-
lem deshalb, weil das Interesse belebt und
der Wettstreit der Sammler untereinander
aufs Neue angeregt wird. Die Gefahr be-
steht jedoch, daß bei einer weniger kriti-
schen Sichtung des Materials das Publi-
kum auf einen falschen Weg gewiesen
wird; denn wenn die minderwertigen Bil-
der gleichberechtigt mit den anerkannten
großen Kunstwerken die Ausstellungs-
räume teilen, so erhalten die Sammler ein
falsches Bild und werden dazu verführt,
die Auswahl weniger ernst zu nehmen. In
der Beziehung sind gegen die Ausstellung
von vielen Seiten nicht ganz unberech-
tigte Einwände erhoben worden.
Man betritt den ersten Saal und ist so-
fort gefesselt von der großen veneziani-
schen Ansicht von A. Canaletto (Nr. 63).
Desto enttäuschter ist man von dem Ge-
genstück dieses strahlend schönen Bildes,
einer Ruinenlandschaft (Nr. 62), die offen-

bar überhaupt nicht der Schule dieses
Meisters, sondern dem Kreise des Pannini
etwa entstammt. Auch die vier übrigen,
dem Meister zugeschriebenen Werke kön-
nen neben dem erwähnten echten Bild
höchstens als Werkstattarbeiten bestehen.
Man muß sich fragen, ob dem Ziel der
Erziehung des Publikums nicht besser ge-
dient wäre, wenn statt der fünf zweifel-
haften, durchaus nicht erstklassigen Bilder
nur das eine anerkannte Werk ausgestellt
worden wäre.
Die Werke der italienischen Schulen des
17. Jahrhunderts, die den Saal in großer
Anzahl füllen, haben meist immer noch ein.
mehr wissenschaftliches als künstlerisches
Interesse; immerhin befinden sich darunter
prachtvolle dekorative Kompositionen wie
die große „Hochzeit zu Kanä“ von L. Gi-
ordano (Nr. 136) und ein reizvolles Werk
des seltenen Aniello Falcone.
Reich vertreten mit kleineren Skizzen,
unter denen jedoch mindestens Nr. 391,
obwohl im Katalog abgebildet, ein Frage-
zeichen verdient, istTiepolo. Guardi scheint
ein in Berlin besonders begehrter Meister
zu sein, und unter der stattlichen Anzahl
von 13 Bildern findet sich eine ganze Reihe
sehr erfreulicher Arbeiten, so vor allem
Nr. 168, „Die Loggia des Dogenpalastes“.
Aus der großen und geschätztesten Zeit
der italienischen Malerei fehlen bedeu-
tendere Werke, außer dem Tintoretto „Die
Auffindung Moses“. Erwähnenswert wäre
noch eine kleine Madonna, Nr. 131, die dem
Raffaellino zugeschrieben ist, vielleicht aber
auch dessen Lehrer Filippino selbst gehört.
Sehr erfreulich im Gesamteindruck ist
der Saal der altdeutschen Meister mit Cra-
nach, Baldung und einer Reihe guter Por-
träts; vor allem verdient der Baldung, Nr.
ig, „Mucius Scävola“, signiert und datiert,
genannt zu werden. Allerdings kann man
sich auch hier nicht mit allem einverstan-
den erklären: zum mindesten dürfte die
Zuweisung der Altartafeln 433 an Zeitblom
kaum haltbar sein. Einer der bekannten
Meister kommt für diese mehr provinziel-
len Stücke wohl nicht in Frage.
Anspruchsloser und an Zahl weitaus am
geringsten ist die altniederländische Schule
vertreten. Hervorzuheben ist ein Scorel,
„Tobias mit dem Engel“, Nr. 352. Bedenk-
lich ist die Zuschreibung der kleinen, über-
malten Tafel Nr. 47 mit der „Versuchung
des Antonius“ an Bosch. Auch hier fällt
wieder das Bestreben auf, die an sich völ-
lig unbedeutenden Bilder dadurch zu he-
ben, daß man große Namen mit ihnen un-
berechtigterweise in Verbindung bringt.
Die größte Verwunderung erregt in die-

862
 
Annotationen