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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 17
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0899

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Ausstellungen

lol mit fast polykletisch gewordener
Form über den Kleinplastiker Manolo, der
knäulige Komposition liebt, bis zur großen
„Eva“ Despiaus, deren Glieder ganz ins
Rundliche sacken. — Scharff mit seinen
Büsten (Wölfflin, Corinth, Liebermann)
und Barlach, mit Figuren, denen die Er-
regung mehr in die Mäntel als in die Glie-
der gefahren ist, nehmen eine Sonderstel-
lung ein.
Die Abteilung Graphik ist zur Zeit noch
nicht eröffnet. —
.Wir haben in den letzten Jahren keine
Ausstellung von gleich großer Mannigfal-
tigkeit, Anregung und Bewegtheit gesehen.
Loyal ist den verschiedenen Strömungen
nebeneinander Platz gegönnt. Jeder kann
nehmen was ihm beliebt. Und doch sollte
diese Ausstellung der Vorgänger einer
neuen „Internationale“ sein, die mit einer
ganz bestimmten Blickrichtung wählt: Auf
dem, von keinen nationalen Animositäten
bewegten Grund des Zürcher Kunsthauses,
das außerdem durch Moser jetzt eine be-
deutende Vergrößerung erfährt, müßte zum
erstenmal die neue Malerei der gefestigten
Linie, der Sachlichkeit, des Klassizismus,
und wie die verschiedenen Auswirkungen
des gleichen Phänomens in den verschie-
denen Ländern, von Rußland bis Amerika
auch heißen mögen, nebeneinander aufge-
stellt werden. Eine solche Ausstellung
würde wahrscheinlich weniger amüsant sein
wie die augenblicklich tagende, aber — so
glauben wir — in ihren Auswirkungen noch
bedeutend wichtiger. Giedion.
DAS 200JÄHRIGE JUBILÄUM DER
RUSSISCHEN AKADEMIE DER WIS-
SENSCHAFTEN IN LENINGRAD
Die Feier des 200 jährigen Bestehens der
„Russischen Akademie der Wissenschaf-
ten“ in Leningrad, welche Anfangs Sep-
tember daselbst und später auch in Mos-
kau stattfindet, tangiert in ihrem reichen
Programm verschiedenartigster Veranstal-
tungen zum Teil auch das Gebiet der plas-
tischen Künste. So beteiligt sich die Er-
mitage an den Jubiläumsfeierlichkeiten
mit drei speziellen Ausstellungen, in denen
in gesonderter, einheitlicher Aufstellung
die sassanidischen Altertümer des Muse-
ums, seine Denkmäler der griechischen
Ansiedlungen an den Ufern des Schwar-
zen Meeres, sowie der skythischen
Periode und schließlich seine überreiche
Sammlung glyptischer Kunstwerke gezeigt
werden sollen. Im Sommergarten, in dem
einstigen Palais Peters des Großen, an
dessen Bau auch Andreas Schlüter teil-

genommen hat, wird seitens des „Rus-
sischen Museums“ eine Ausstellung russi-
schen Lebens und Kunst während des er-
sten Viertels des 18. Jahrhunderts, also der
Gründungszeit der Akademie, arrangiert.
Die Exponate für diese Schau werden di-
versen Museen Leningrads, seiner Umge-
gend und auch Moskaus entnommen. Auch
in den Schloß-Museen Peterhofs, deren
Besichtigung das Programm der Feierlich-
keiten umfaßt, werden zu diesem Zweck
gewisse neue Arrangements vorgenom-
men. —-
Unter den Ausstellungen, welche die spe-
ziellen Abteilungen der Akademie der Wis-
senschaften selbst in Aussicht stellen, er-
weckt die Schau orientalischer Handschrif-
ten seitens des„AsiatischenMuseums“,deren
Reichtum und Kostbarkeit ja bekannt sind,
besonderes Kunstinteresse. Die Russische
Akademie für materielle Kultur“ veranstal-
tet in ihren Räumen eine Ausstellung der
bisherigen Ergebnisse der mongolischen
Expedition des Obersten Kosloff, welche
zwar noch nicht zu Ende geführt, aber be-
reits viel Wertvolles zutage gefördert
hat. —
Zur Jubiläumsfeier in Moskau eröffnet
die Tretjakoff-Galerie eine Gemäldeaus-
stellung unter der Spitzmarke „Die An-
fänge der neuern russischen Malerei“, wel-
che das Eindringen der westeuropäischen
Maler in Rußland und ihrer russischen
Jünger im Laufe des 18. Jahrhunderts in
einer Serie von Werken illustrieren wird.
In erster Reihe wird es sich um Bildnis-
maler handeln, also die Porträtisten der pe-
trinischen Zeit Iwan Niketin und An-
drej Matwejeff, dann die beiden Ar-
gunoffs, Antropoff, bis zu den be-
kannten Meistern des russischen Bildnisses
des Dixhuitieme Lewitzkij, Borowi-
kowskij und Schtschukin mit ihren
Schulen, sowie den Landschaftmalern Al e-
xejeff, Martynoff u. A. —
Es sei bei dieser Gelegenheit noch er-
wähnt, daß letzthin in Leningrad, als Filial-
abteile der Ermitage das ehemalige Hof-
stall-Museum wieder eröffnet wurde, und
auch das intime Ermitagetheater, eine Schö-
pfung des großen italienischen Baumeisters
Quarenghi aus den 80 er Jahren des
18. Jahrhunderts, der Besichtigung zugäng-
lich gemacht ist. Das Gleiche ist auch von
dem sogenannten „Rosenpavillon“ im Park
zu Pawlowsk (jetzt in Slutzk umgetauft)
zu berichten, erbaut von Woronichin und
besonders durch seinen Ballsaal berühmt,
der 1814 in nur 17 Tagen zur Feier der
Rückkehr Alexander I. aus Paris errichtet
wurde. —• P. E.

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