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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0948

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Ausstellungen

gen des Alltags. Im Reichsmuseum war
die holländische, auf Amsterdam sich be-
ziehende Kunst bis zum 17. Jahrhundert
ausgestellt, darunter auch die wertvolle Sil-
berschmiedkunst von Joh. Lutma, Porzel-
lane, Gläser, Möbel; im Städtischen Mu-
seum fand die Fortentwicklung der Kunst
ihren Abschluß durch einen mit 40 Gemäl-
den vollgehangenen Breitner-Ehrensaal.
Für die Ausstellung im Reichsmuseum war
es den Veranstaltern geglückt, aus Stock-
holm den Claudius Civilis geliehen zu be-
kommen, jenes wundervolle Bruchstück
eines im ganzen problematischen Wand-
gemäldes, das vor 200 Jahren die Stadt ver-
lassen hatte; Sedelmayr-Paris hatte seinen
Fabius Maximus hergeliehen, ein nur
durch die Autorschaft Rembrandts bedeut-
sames Gemälde, Sir Joseph Duveen, New
York, den Fähnrich. Die Nachtwache war
aus ihrem Allerheiligsten-Kabinett in den
großen Repräsentationssaal transportiert
worden und ist eigentlich hier in der Ge-
sellschaft der Schützengildenbilder von E.
Baker, A. van der Heist, Sandrow und Flink
erst an ihrem rechten Platze. 77.
BASEL
Seit dem am 1. Juli dieses Jahres ein-
getretenen Wechsel in der Direktion der
Öffentlichen Kunstsammlung, von
dem den Lesern des Cicerone bereits
Kenntnis gegeben worden ist, haben einige
Neuerungen das Gesicht der Sammlung
nicht unwesentlich verändert. Vor allem
wichtig (auch deshalb, weil man darin gerne
programmatische Bedeutung sehen möch-
te!) sind eine Reihe von Meisterwerken
französischer Kunst des 19. Jahrh.,
die als Leihgaben zu gewinnen der neuen
Leitung innerhalb kürzester Frist gelang;
um so mehr, als Werke der großen Franzo-
sen des vergangenen Jahrhunderts mit ei-
ner einzigen Ausnahme in der Basler Samm-
lung fehlen, ihre Abwesenheit aber immer
besonders schwer empfunden wurde. —
Unter diesen Leihgaben befindet sich eine
Replik des „Carabinier“ im Louvre von
Th. Gericault, ferner ein Pferdebild der
englischen Zeit und ein sehr viel bedeu-
tenderes Bildnis eines Negers desselben
Künstlers. Eine kleine, stille bretonische
Landschaft von J. F. Mill et gibt einen
schönen Begriff von der Art des Malers des
„Angelus“. Für Basel im Hinblick auf seine
Malerei der letzten zwanzig Jahre beson-
ders interessant sind die beiden Gemälde
von G. Courbet, eine Juralandschaft Und
ein malerisch ungemein reizvolles Astern-
stilleben, das aus dem Besitze Richard
Muthers stammt. Die kleine Landschaft bei
916

Pontoise von C. Pissarro, bisher das ein-
zige Werk französischer Kunst des 19.
Jhs. in der Basler Sammlung, hat in einer
Herbstlandschaft von 1890, „La Bruleuse
d’herbes“, ein größeres, wenn auch keines-
wegs bedeutenderes Gegenstück erhalten.
Paul Cezanne ist mit einem seiner Äpfel-
stilleben vertreten. Die Arlesienne von
Vincent van Gogh endlich bildet den
Höhepunkt dieser Gemäldegruppe, die im
modernen Schweizersaale zu einer klas-
sisch wirkenden Franzosenecke vereinigt
worden ist und von der man wünschen
möchte, sie würde wenigstens teilweise,
für immer eine Zierde der Sammlung
bleiben. —
In unmittelbarer Nähe hat als weitere
Leihgabe eines der letzten Werke Ferd.
Hodlers, eine jener schönen, in Licht und
Farbe so beruhigten Montblanclandschaf-
ten ihre Aufstellung gefunden. Als weiterer
Zuwachs ist in den Saal eine Tessinerland-
schaft von Albert Müller (Basel) gekom-
men. — Endlich haben im Vorsaal zum
Böcklinsaal, der nun dem Korridor mit den
Handzeichnungen altdeutscher Meister an-
gegliedert worden ist, in Vitrinen die schön-
sten Handzeichnungen von Marees,
Böcklin und Carl Burckhardt Platz ge-
funden. Die im vergangenen Jahre von
Volkmann erworbenen Blätter sind hier
fast vollzählig sichtbar gemacht worden. —
In den Ausstellungsräumen des Kupfer-
stichkabinetts gibt eine ausgewählte Aus-
stellung von Ölstudien und Zeichnungen
Frank Buchsers (1828—i8go) Gelegenheit,
des Solothurner Malers zu gedenken, der in
einer Reihe von Werken und namentlich
Studien, die ein halbes Jahrzehnt vor jener
spanischen Ausstellung, die für Frankreich
den entscheidenden Anstoß zum Impres-
sionismus gab, gemalt wurden, die spätere
Entwicklung der Malerei vorausgenommen
hat und in einer Zeit, da Manet eben Cou-
ture verließ, schon die glänzendsten Im-
pressionen schuf. — Die Ausstellung er-
laubt, die Wandlungen im Schaffen dieses
merkwürdigen Künstlers zu fixieren, in dem
die Bewunderung für die alten Meister das
vollständige Freisein von ihrem Einfluß
und das kühnste Beschreiten neuer Wege
des malerischen Ausdrucks zeitlebens durch-
aus nicht ausgeschlossen hat, weil die ei-
gene, von aller Schablone und allem
Schema unbeirrte Anschauung und Er-
fassung der Wirklichkeit immer wieder den
Sieg über alle traditionelle Verehrung da-
vontrug. In dieser Hinsicht ist Buchser
einer der selbständigsten Maler gewesen;
allerdings, mit konsequenter Logik die
neuen Errungenschaften auszubauen, fiel
 
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