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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0952

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Ausstellungen

zu sehr konstruierten Kompositionen; ein
sympathisches Bild von M. H. Foell, Kir-
cheninterieurs von Kenz, Bilder von
E'berz, Pötzelberger und Graeser. Als
Plastiker von Bedeutung ist nur Thuma
zu nennen.
Bei Hirrlinger außerdem noch eine Aus-
stellung von Arbeiten der Luise Deicher,
die noch mitten im Verarbeiten fremderEin-
flüsse und Anregungen steht, Und eine
kleine, aber interessante Zusammenstellung
von Gemälden aus dem Kreise der Pleuer
und Reiniger, vielfach Studien zu größe-
ren Bildern, die ebenfalls als Ergänzung
zu den beiden Ausstellungen schwäbischer
Kunst gedacht ist. W. B-l.
WEIMAR
Mit welchem Recht die Ausstellung, die
z. Z. im Staatlichen Landesmuseum von der
Kunstkommission des Wirtschaftsverban-
des Weimarer bildender Künstler veranstal-
tet wird, sich Vierte Thüringer Kunst-
ausstellung nennt, ist nicht recht ersicht-
lich. Jedenfalls gibt sie nur ein höchst ein-
seitiges und recht trübes Bild von dem,
was heute im Freistaat Thüringen künstle-
risch geleistet wird. Gerade die besten jun-
gen Kräfte wie der Jenenser Crodel, der sich
stetig aufwärts entwickelt, wie die Weima-
rer Riesch, Breustedt, Röhl fehlen, um nur
einige zu nennen. Ganz zu schweigen von
Feininger, der vorläufig noch in Weimar ar-
beitet und dessen Werk gerade mit der Thü-
ringer Landschaft aufs engste verknüpft ist.
Statt dessen sieht man — und das sind wohl
noch die relativ erfreulichsten Eindrücke
dieser unerfreulichen Schau — Bilder ein-
stiger Größen der Weimarer Schule wie
Brendel, Hagen, Mecker, Thedy, Olde, die
nur beweisen, daß die heutige Weimarer
Malerei es auch mit schwächeren früheren
Werken nicht mehr im entferntesten auf-
nehmen kann. Herrschend ist hier ein bra-
ver, mehr oder weniger unpersönlicher
Durchschnittsimpressionismus, der nur hie
und da einmal — etwa bei Klemm — etwas
eigenere Formen annimmt. Der nicht unbe-
gabte Gugg ist ein Virtuose der Anempfin-
dung: man kann fast für jedes Bild ein an-
deres Vorbild nachweisen. Ein — allerdings
sehr schwacher — Nachhall aus der besse-
ren Zeit Weimarer Malerei lebt noch in der
„Frühlingslandschaft“ von Fröhlich. Auch
die Arbeiten von Ursula Brendel haben in
ihrer gedämpften Farbigkeit manche Rei-
ze. Immer wieder gern sieht man die zart
stilisierten Radierungen von Alexander Ol-
bricht. Aber im ganzen ist das alles nichts
weniger als aufregend. Selbst Meseck, der
eine etwas blasse, sehr kultivierte Malerei

pflegt, erhebt sich nicht wesentlich über
das Gesamt-Niveau. Herbig-Berlin zeigt ein
paar gute Zeichnungen; seine sehr zerrisse-
nen Tempera-Pastelle (!) wirken in dieser
Umgebung fast radikal.
Von den Bildhauern ist höchstens Engel-
mann zu nennen. Etwas Kunstgewerbe
wurde eingestreut. Architektur fehlt gänz-
lich.
Im gleichen Landesmuseum fand vor 2
Jahren die Ausstellung von freien Arbeiten
der Meister und Gesellen des Staatlichen
Bauhauses statt. Diese Tatsache ist schla-
gend. Man begreift mit einem Male, was
hier vernichtet worden ist. Weimar ist auf
dem besten Wege, Provinzstadt im übel-
sten Sinn des Wortes zu werden. Passarge.
WIESBADEN
Der Nassauische Kunstverein eröff-
nete nach der Sommerruhe seine Pforten
im Neuen Museum mit einer Carl Hofer-
Ausstellung. Hofer ist problematischer
Sonderfall. Schon die äußere Entwick-
lungslinie ist merkwürdig. Sie beginnt ihte
Eigenspur mit alemannischer Klangfarbe
unter böcklinischen Eindrücken, und wird,
vorzüglich durch des Künstlers Reise nach
Indien, international, mit jenem Anhauch
tropischen Naturmenschentums, das zur
Parallele mit Gauguin führt. Dann Einmün-
dung in Berlin, das diesem Naturell nichts
anderes gibt, als Steigerung der Abwehrge-
fühle, Mimosenscheu vor der Banalität.
Gauguin, in Berlin kaserniert, wäre viel-
leicht zu ähnlichen Ergebnissen gelangt.
Beide haben einen Punkt, wo sie sich tref-
fen. Das Trennende ist Tahiti und Berlin.
Gauguins Gestalten blieb immer die Natur
als zuweilen stark eingreifende Staffage
verbunden. Hofer löst seine Menschen völ-
lig aus ihrer Umwelt, uns ungewiß lassend,
ob er sie aus dem Urwald oder dem Groß-
stadtelend geholt hat. Und damit kommen
wir zur inneren Linie. Eine gewisse Gleich-
förmigkeit der nie sich wiederholenden Mo-
tive gibt die nicht ablenkende Basis. Das
Sichumschlungenhalten zweier Gestalten ist
das endlos variierte Motiv, dünnes Form-
gerüst, in das, wie die Saiten einer Harfe,
alle Nöte gespannt sind. Menschenpaare,
wie vom Sturm zusammengeworfen, in ir-
rer Lebensangst aneinander Halt suchend.
Nicht uninteressant sind, wenn auch zu
stark theorisierend, die „Karyatiden“ von
Ernesto di Fiori. Dann eine Kollektion
von Camoin, gute Technik trefflicher Tra-
dition, manchmal an Renoir erinnernd;
Kees van Dongen, Pariser Schule, sehr
flott und flockig, mit kapriziös hingestreu-
selten Figuren. Endlich Vlaminck, hoch-

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