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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 19
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Göbel, Heinrich: Die Bildteppichmanufaktur von Felletin
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0966

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de Chäteaumerle et de Pierrefitte usw. führen, scheinen flämischer Herkunft
gewesen zu sein1. Ein besonders starker Zugang an Wirkern und Fär-
bern fällt in die Zeit von 1650—1666: Claude Alleaume, Fröderik Nicolas
(aus Brüssel), Antoine de Kant (Färbermeister aus Brüssel), Maurice Pain
(sein Landsmann und Berufsgenosse), Frederik Perklein (um 1646 eingewan-
dert), verschiedene Mitglieder der bekannten Brüsseler Wirkerfamilie der
Provost (Provosth) und andere mehr. Nach dem Jahre 1650, in dem die ge-.
meinsame Tätigkeit des Felletiner Wirkers und Patronenmalers Antoine de
la Roche mit den Aubussoner Meistern Etienne Matheyron und Leonard
Matenat bezeugt wird — sie liefern die Geschichte der Kleopatra (8 Behänge)
zum Einheitspreise von 2g Livres an Pierre Bezombes in Montpeyroux (Lan-
guedoc) —, klafft eine bedenkliche Lücke. Zu den wenigen uns überkom-
menen Wirkereien aus der Zeit um 1650 zählt in erster Linie ein kleiner Be-
hang (Höhe o,go m, Länge 1,55 m) mit dem Martyrium der heiligen Barbara
im Museum zu Gueret. Es handelt sich augenscheinlich um eine außerge-
wöhnliche Arbeit — ob eine fromme Stiftung? —; die Signierung nennt mit
seltener Ausführlichkeit sowohl die Zunftgeschworenen (Jures), als auch den
Repräsentanten (baile) der Barbara (Wirker)-Bruderschaft, Jahreszahl und Ort:
I. (Jur6) LAMOVREVX.
I. GIPOVLON.
I. GANBELON.
BANDI BAIL(e).
AN 1650. A. FEL.
Der Teppich, den eine braune Lisiere faßt, ist reichlich grob und von
mäßiger Zeichnung.
Die Hauptmasse der Felletiner Wirkereien bilden naturgemäß die Ver-
düren mit und ohne Figuren. Besonders zahlreich sind pastorale Motive;
u. a. nennt das Inventar des Schlosses Saint-Priest (Loire) „deux pieces de
tapisserie de Felotin en bergerie“.
In den sechziger Jahren des 17. Säkulums nimmt der Niedergang Felle-
tins, trotz der golddurchwirkten Folge, seinen unaufhaltsamen Lauf. Der
Erlaß Ludwigs XIV. (1665) und die voraufgegangenen Verhandlungen mit
dem Staatsminister Colbert übergehen Felletin mit seltsamem Stillschweigen.
Die Tatsache ist nicht ohne weiteres als Mißtrauensvotum der Regierung auf-
zufassen, viel näher liegt der Gedanke, daß Felletin in klügelnder Berechnung
sich an den Unkosten der Verhandlungen und der persönlichen Beschickung
der Konferenz aus geldlichen Gründen nicht beteiligte. Zu Ende der acht-
ziger Jahre ist die alteingesessene Bildwirkerei in Felletin dem Aussterben
nahe; das infolge der protestantischen Abwanderung — Aufhebung des Edik-
tes von Nantes — stark geschwächte Aubusson behauptet in einem Meer von
Schwierigkeiten unentwegt die Vorherrschaft auf dem Gebiete der Bildwir-
kerei der Marche.
Jaques Diverneresse, der führende Wirker-Händler von Felletin sucht eine
Reformation der heimischen Kolonie in die Wege zu leiten. Reichlich spät
(168g) tagt den Felletinern Wirkern die Erkenntnis, daß nur ehrliche, werk-
tüchtige Arbeit unter strenger Aufsicht der Zunftgeschworenen Besserung
bringen kann. Das Ergebnis der Versammlung vom 25. August 168g, in der
die aus sechs Artikeln zusammengestellten Statuten, ,,qui contiennent les
choses nöcessaires pour empecher qu’il ne s’y continue aucune fraude, et
1 „18 ddcembre 1660 ensevely Jeanne Mage la Flamande ägee de 58 ans“ (Albert Castel,
Les Tapisseries, Paris, 1876, S. 176).
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