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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 20
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1034

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RUND

SCHAU

Sammlungen
VON DER TÄTIGKEIT DER AME-
RIKANISCHEN MUSEEN
Die Saison 1924/25 war wenigstens für
einige der führenden Museen in den Ver-
einigten Staaten, namentlich dem New Yor-
ker Metropolitan-Museum und dem De-
troiter Institute of Arts recht bedeutsam.
Reiche Gaben in Form von Kapitalien wie
Kunstwerken flössen mehreren zu. Der
Sohn des Ölkönigs Rockefeller machte dem
Metropolitan-Museum allein Geschenke in
Höhe von mehr als ein und einer halben
Million Dollars und dem Fogg-Museum
in Cambridge bei Boston überreichte er
eine halbe Million. Und es fehlte auch
nicht an kleineren Stiftungen. Und doch
haben die Museen eigentlich ständig mit
Geldmangel zu kämpfen und sind in ihren
Ankäufen oft auf das peinlichste be-
schränkt, weil sie eben meist allein auf
,,milde Gaben“ angewiesen sind. Was sie
trotzdem an Sammeltätigkeit wie kulturel-
lem Einfluß leisten, verdient immer wieder
ins rechte Licht gerückt zu werden.
Das Metropolitan-Museum in New
York hat während des Berichtjahres seinen
zahlreichen Abteilungen zwei neue hinzu-
gefügt; zu Beginn der Saison den aus einer
Anzahl von Galerien bestehenden „ameri-
kanischen Flügel“, als ein wahres Ehren-
denkmal seines Präsidenten Mr. de Forrest
und seiner Gemahlin, und kurz vor Schluß
der Saison noch „Die Klöster“, eine von
dem bekannten amerikanischen Bildhauer
George Grey Barnard mit Liebe und be-
trächtlichen Opfern zusammengebrachte,
sehr wertvolle Sammlung französischer
Architektur und Skulptur der gotischen Pe-
riode, die in Form eines Klostergebäudes
auf dem Gelände über dem Hudsonstrom
gegen das Nordende der Manhattaninsel
zu steht; dort, wo Rockefeiler eine Art
Schloß mit herrlichen Anlagen besitzt, das
er vor einigen Jahren der Stadt als Park
anbot, unter Bedingungen, die damals frei-
lich nicht angenommen wurden. Rocke-
feller ließ sich für das Projekt des An-
kaufes der „Klöster“ und deren Erhaltung
in ihrem jetzigen Zustande durch das eben-
so kluge wie enthusiastische und uneigen-
nützige Vorgehen eines der geachtetsten
Art dealers in New York erwärmen und
zahlte von sich aus für den Erwerb der
Sammlung nebst Gebäuden und Grund-
stück 600000 Dollars. Nun werden „Die
Klöster“ zunächst als eine Dependence des
Museums weitergeführt werden.

Noch von einer anderen großen Stiftung
an das Museum ist zu berichten. Mr. Ar-
cher M. Huntington hat ihm die etwa
dreißig Werke meist erster Meister um-
fassende Gemäldesammlung seines vor ei-
ner Reihe von Jahren verstorbenen Vaters
Collis P. Huntington bereits jetzt überge-
ben, wiewohl er sie dem Testament des
Verstorbenen gemäß während seines Le-
bens noch in seinem Besitz zu eigenem
Genuß hätte behalten können. Das Haupt-
stück der Sammlung ist wohl Vermeer van
Delfts „Die Mandolinenspielerin“.
Großes Aufsehen erregte es, als die Mu-
seumsleitung den ihm unter gewissen Be-
dingungen vermachten Kunstnachlaß des
verstorbenen Senators W.A. Clark ablehnte,
obwohl dieserNachlaß eineReihe sehrwert-
voller und für die Museumssammlungen
wichtiger Stücke enthielt. Der Verstorbene
aber hatte als Bedingung gestellt, daß so
ziemlich alle seine Kunstschätze akzeptiert
werden müßten, obwohl viele nicht bloß
unglaublich überzahlt, sondern auch zwei-
felhaft waren, und daß sie für immer als
einheitliche Sammlung unter seinem Na-
men in besonderen Räumen zur Aufstel-
lung gelangten. Mit dieser Ablehnung ei-
ner so reichen Gabe hat die Museumslei-
tung nur den guten Rat des Direktors des
Chicagoer Institutes, Mr. Harshe, befolgt,
den dieser allen Museumsleitern in seiner
interessanten Festrede zur Einführung Dr.
Valentiners als Direktor des Detroiter In-
stitutes of Art gab. Er bedeutete gleich-
sam eine Art Selbständigkeitserklärung der
großen amerikanischen Museen gegenüber
der altmodisch gewordenen „Generosität“
reicher Sammler, die ihre Stiftungen vor
allem als ein Denkmal ihrer werten Per-
sönlichkeit angesehen wissen möchten.
Hierin wird nun wohl durch den mutigen
Akt der Ablehnung einer auf viele Millio-
nen geschätzten Sammlung seitens des Me-
tropolitan-Museums eine Änderung eintre-
ten, die im Interesse der öffentlichen
Kunstsammlungen nur begrüßt werden
kann. Kleinere Institute werden freilich
weiter fortfahren müssen, solche Gaben,
wenn auch nicht gerade unbesehen, aber
doch mit allen daran geknüpften Bedingun-
gen anzunehmen. Und so wird nun z. B.
die Clarksammlung in die Washingtoner
Corcoran Gallery übersiedeln, der sie, im
Falle einer Ablehnung seitens des Metro-
politan-Museums, dem Wunsche des Ver-
storbenen gemäß angeboten werden sollte.
Unter der Leitung seines Vizedirektors
J. Breck hat das Museum eine ganze

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