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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 20
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1045

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spürender Essay über Otto Dix. Man wird
kaum etwas vermissen, was sich über diese
beinahe unfaßliche Mannigfaltigkeit einer
Künstlererscheinung aussagen ließe. Zwar
kommt die sprunghaft-exzentrische und doch
so logische Entwicklung dieses Meisters
und Überwinders moderner Lebensformen
nicht recht heraus; aber sein Konstantes,
seine Einheitlichkeit ist mit blendender Re-
flexivität erlebt und geschildert. Leider ver-
mißt man in den Abbildungen mancherlei,
was die Protheusnatur Dixens ins rechte
Licht rücken könnte, namentlich Sachenvor
1920, aber der Nichtspezialist wird das nicht
einmal bemerken.
Vom Referenten selber stammt der Text
zu der außerordentlichen Kunst Alfred
Kubins, die in den Abbildungen als ein
großes Phänomen deutscher Zeichenkunst
ersteht. Paul F. Schmidt.
Arpad Weixlgärtner, Karl Sterrer,
ein Wiener Maler der Gegenwart.
Mit einer Originalradierung und 117 (dar-
unter vier farbigen) Abbildungen. Verlag
der Gesellschaft für vervielfältigende
Kunst. Wien 1925.
Ein gut und anständig ausgestattetes
Buch, das schon in seinem Äußeren von
seinem Inhalt Zeugnis gibt. Wo es wenig
zu umstreiten gibt und prätentiöse Schlag-
worte fehlen, rümpft man zwar heutzutage
gern die Nase, das Solide, vielfach in
einen Topf mit dem „Akademischen“ ge-
worfen, ist der heutigen Neukunstliteratur
noch irgendwie unangenehm, Himmelstür-
mereien, die den Anschein von Originali-
tät erwecken, sind noch gangbarer als dis-
zipliniertes Können. In die Wiener Kunst
haben die großen Kunstströmungen oder
Kunstmoden des Westens nie als solche
dauernd Eingang gefunden. Darum er-
scheint sie den Westlichen vielfach unver-
ständlich oder auch zurückgeblieben. Was
sich mit den momentan gangbaren Schlag-
worten nicht deckt, wird ihr gern als Man-
gel statt als Eigenheit angerechnet. Und
doch sind in den besten Vertretern der Wie-
ner Kunst die allgemeinen Zeitströmungen
nicht weniger vorhanden als andern Orts.
Da sie aber auf Grund des Studiums der
Überlieferung synthetisch vereinigt werden,
nicht als diese oder jene Richtung eine
Sonderstellung beanspruchen, kommen sie
der nach Sensationen jagenden Gegenwart
weniger zu Bewußtsein, und ihre Vertreter
werden nicht mit in den modernen Kunst-
kampf eingestellt. Dies gilt auch für Karl
Sterrer, dessen bisheriges Schaffen dieses
Buch behandelt. Insofern er aber als einer
jener gelten kann, mit denen Wien und

Österreich wieder einmal die eigenartige
Synthese so vieler gerade auf deutschem
Gebiet unvermittelt nebeneinander laufen-
der Strömungen und Versuche vollzieht,
kommt dieses Buch doch wieder der aller-
neuesten, auf Tradition und eingehende
Durchführung sich besinnenden Strömung
entgegen.
Entsprechend ist auch der Text des Bu-
ches von A. Weixlgärtner ohne die üblich
gewordene Gesuchtheit und Geniemacherei
gehalten. In einfacher Sprache ist das Le-
ben und Wirken des dem Autor befreun-
deten Künstlers chronologisch und nach
Sachgruppen geschildert (Lehrzeit 1885 bis
1908, Capri 1909—12, Die heilige Familie
igi2—14, Der Krieg 1914—18, Der Akt 1919
bis 1920, Graphische Arbeiten 1915—24, Die
großen Kompositionen 1921—24). In einer
Zeit, in der viel von Form und von Geist
in Kunstvzerken die Rede ist, vielleicht des-
halb, weil deren Selbstverständlichkeit ver-
lorengegangen ist, in einer Zeit, in der über
das Werk eines Künstlers dicke Bände ge-
schrieben werden, in denen man vergebens
nach gegenständlichen Deutungen und re-
alen Angaben sucht, berührt die klare Ein-
fachheit der gegenständlichen und forma-
len Bilderklärungen geradezu erfrischend.
Der Autor, wenngleich er mit seinem eige-
nen Urteil nicht zurückhält, stellt sich
nicht in den Vordergrund, das Werk und
das Leben des Künstlers und deren sach-
liche Vorführung bleibt die Hauptsache in
Bild und Wort. H. G.
Albert Plasschaert, Korte Geschiede-
nis der hollandsche Schilderkunst
(Wereldbibliothek, Amsterdam).
Die kurze Geschichte der holländischen
Malerei von der Haager Schule bis auf den
heutigen Tag ist um dieser Geschichte we-
gen weniger wichtig als aus einem anderen
Grunde. Die Geschichtschreibung besteht
hier aus Einzelporträts, die mit ihren Zügen
höchstens holländische Leser vertraut an-
blicken können, so sehr ist hier alles auf
das Nationale und Lokale eingestellt. Man
erblickt ein Vielerlei von Köpfen, keine
Marschrichtung, kein Zusammengehen vor
allem mit der europäischen Gesamtbewe-
gung. Bange davor, ausländischen Ein-
flüssen zu erliegen, rettet sich der hollän-
dische Geist auch in dieser Geschichts-
darstellung in eine Isolierung, wo er nur
noch Interesse für sich selber, nicht mehr
für die Welt beanspruchen darf.
Interesse darf hingegen die Liste hollän-
discher Maler und Graphiker beanspruchen,
die Plasschaert seiner aphoristischen Dar-
stellung anhängt. Sie ist keineswegs voll-

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