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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 21
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Waldschmidt, Ernst: Die uigurisch-chinesische Epoche in der Kunst der Oase von Turfan
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1064

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Textabb. 3
Tempel 8 (nach Grünwedel)


Textabb. 4
Tempel g (nach Grünwedel)

breiten Terrasse, welche in das weiche Gestein einer Uferfelswand, die nun
glatt und senkrecht abfällt, eingeschnitten worden ist.
Im Zentrum der Nordterrasse liegt der Tempel 8 (Textabb. 3), ein an die
Bergwand angemauerter Freibautempel. Die Cella repräsentiert den uns bereits
aus den Höhlen zweiten Stils der Ming-öi zu Qyzil bekannten Typ des Tempels
mit der Stuparückwand. Der Umgang um den Stupa ist in den Felsen einge-
hauen. Vor der Cella liegt eine große, fast sechs Meter tiefe Terrasse, welche
von hohen, dicken Mauern begrenzt ist. — Die Kultfigur der Stuparückwand war
ein sitzender Buddha, im Typus der Predigt von Benares, in Lehm modelliert.
Auf der Seitenwand links vom Eintretenden war das von uns bereits betrachtete
Mandala des Bhaischadschyaguru aufgemalt, auf der Seite gegenüber ein Ge-
mälde, dessen erhaltene Teile sich ebenfalls im Museum befinden. Die Mitte
bildet der mächtige Unterbau eines Lotusthrones, vor dem auf der einen Seite
der ehrwürdige Subhuti, durch ein Namenstäfelchen bezeichnet, kniet. Dieser
bekannte Mönch wird die Hauptperson des Bildes sein, er erscheint noch zwei-
mal seitwärts vor kleinen Tempeln, in welchen Buddhas sitzen, knieend.
Eine Weiterbildung des Typus des Tempels 8 zeigt der danebenliegende
Tempel 9 (Textabb. 4). Ein bedeutender Teil der Bilder der uigurischen Periode,
welche nach Berlin gekommen sind, stammt aus diesem Tempel, und dieser
Umstand läßt eine eingehendere Beschreibung erwünscht erscheinen. — Der
massive Block des Stupa der Rückwand, wie ihn noch Tempel 8 zeigt, ist hier
vertieft und zu einer Cella umgestaltet. Aus der Nische für die Kultfigur ist ein
besonderer Raum geworden und damit aus der ehemaligen Cella eine Vorhalle.—
Der ganze vor die Felswand vorgebaute Tempel war abgedeckt, die Dächer so-
wohl von Vorhalle wie Cella waren auf unerklärte Weise verschwunden.
Das Kultbild der Cella bestand in einem Mandala des Avalokiteschvara, von
dem aber, wie von den beiden Bildern der Seitenwände, nur ein bescheidener,
unter Schutt vor Zerstörung gesicherter und geretteter Teil (1,87X3,44 m) der
unteren Bildhälfte erhalten ist (Taf. 4, b). Von der Gestalt Avalokiteschvaras
ist nichts bewahrt, nur Reste seines Lotusthrones sind oben zu bemerken. Die
Mitte unseres jetzigen Bildes nimmt ein rechteckiger, mit Fliesen eingefaßter
Teich ein, aus dem zwei in ihren Unterleibern sich verschlingende Drachen auf-
steigen. Dahinter steht auf einer Lotusblume ein kunstvoller Aufbau, auf dessen
oberer Schale ein flammendes Juwel liegt. Je einer der beiden Vorderfüße jedes
Drachen ruht auf dem Untersatz, der andere greift nach dem Juwel. Ein stili-
sierter Baum trägt mit seinen Zweigen den großen Lotusthron des Kultbildes,
der aber nur in geringen Resten erhalten ist. Auf der rechten Bildhälfte stehen
dem Teiche am nächsten ein älterer und ein jüngerer Brahmane in indischer
Tracht. Der jüngere scheint den zornig aufbegehrenden älteren am Arme zu-
rückhalten zu wollen. Den Brahmanen entsprechen auf der anderen Seite zwei
weibliche Gestalten ostasiatischen Typs. Die vordere Dame trägt eine Opfer-
schale mit drei grünen Juwelen, die Dienerin hinter ihr hat die Hände verehrend
zusammengelegt. Oberhalb der Gruppen dieser Damen und der Brahmanen kniet

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