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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 21
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Waldschmidt, Ernst: Die uigurisch-chinesische Epoche in der Kunst der Oase von Turfan
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1072

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Stellungen zu gewinnen. Fünfzehn Buddhas dreier Asankyeyaperioden sind auf
den hohen Wänden des schmalen Umgangs dargestellt gewesen. Ihre Anord-
nung und Verteilung auf die drei Perioden zeigt Textabb. 7. — Die Szenen werden
nach oben hin abgeschlossen durch einen gemalten Fries mit der Darstellung
eines gerafften, juwelenbehängten roten Tuches, dessen Saum mit weißen, läng-
lichen Perlen besetzt ist. Unten findet sich das schachbrettartige Muster einer
Steinhäufung, etwa 30 cm hoch, bei unseren Beispielen nur auf Taf. 5, b erhalten.
Gerahmt werden die Szenen durch Borten mit einem Ranken- oder Blumen-
ornament. Den Hintergrund bildet ein leuchtendes Rot, in dem da und dort
Blüten oder Blattranken verstreut sind. Der Boden, auf dem die Personen der
Handlung wandeln, ist meistens eine mit Kräutern bewachsene Graswiese, welche
grün bemalt und durch Streifen wellenförmig unterteilt ist. — Auf den Laibungen
der Türe, welche in die Cella führt, waren wahrscheinlich Pantschika und Hariti
(die buddhistische Madonna, beide die Schutzgeister kleiner Kinder) dargestellt.
Gerettet werden konnte von diesen Bildern nur eine Begleitfigur, ein jugend-
licher Dämon als Lampenträger. Auf die Türwand der Cella war zu beiden
Seiten eine Reihe von Stiftern gemalt, auf die eine Herren, auf die andere Damen.
Von diesen sind uns ein uigurischer Fürst und eine uigurische Fürstin bereits
bekannt geworden. Die Eingänge von der Vorhalle in die Korridore mit den
Pranidhibildern sind ein wenig verengert und mit den Stifterbildern von Mönchen
ausgeschmückt. Es sind auf jeder Wand drei, in jedem Gang also sechs, im
ganzen zwölf Mönchsbilder. Alle sind in das Berliner Museum überführt worden.
Taf. 6, b und d zeigt uns sechs dieser Mönche. Die einen sind in gelbe Ge-
wänder gekleidet, welche den Oberkörper nach indischer Weise zu einem großen
Teil frei lassen. Ihre Sanskritnamen sind in zentralasiatischer Brahmi auf die

Namenstäfelchen über ihnen eingetragen. Die anderen sind schon durch die in
chinesischer und uigurischer Schrift gegebenen Namen als Ostasiaten gekenn-
zeichnet und tragen ein Kostüm, das aus einem rotbraunen Untergewande und
einem violetten Obergewande mit grünem Futter besteht. Durch eine Anzahl
rechtwinklig zueinander stehender schwarzer Borten wird angedeutet, daß das
Gewand aus Flicken zusammengesetzt ist. Die Mönche stehen wie üblich auf
einem Teppich und tragen Lotusblumen in den Händen.
Aus der Vorhalle des Tempels gelangt man links in einen Anbau, welcher
der Kulttempel einer spätereren Zeit gewesen sein mag. Es ist wahrscheinlich,
daß es ein Tempel des Yama oder Schiva war, da der Sockel einer Kultfigur
mit der in Lehm geformten und bemalten Gestalt eines Stieres an der west-
lichen Schmalseite gestanden hat. Der Raum war mit einem Tonnengewölbe
überdacht, das geweißt und an einigen Stellen mit rosettenartigen Lotusblumen
verziert war. Eine gemalte Schmuckborte lief um das ganze Gemach unterhalb

des Gewölbeansatzes her-
um. Die Wände waren
mit den Gestalten von
sechzehn weiblichen Dä-
monen (Dakinis) und zwei
Brahmanen bemalt. Text-
abb. 8 gibt einen der bei-
den Brahmanen, an den
Wadenstrümpfen und dem
Tigerfell kenntlich, als eine
Art Vadschrapani darge-
stellt, mit struppigem Bart,
erregten Aussehens, auf


Textabb. 7. Tempel g
1, 2, 4, 5, 9 — 1. Periode
3, 6, 7, 8, 11 — 2. Periode
10, 12, 13, 14, 15 — 3. Periode
(nach v. Le Coq und Lüders)

dem linken Beine stehend,
das rechte Bein auf den
linken Oberschenkel gelegt,
in der Hand den Donner-
keil mit Doppeldreizack,
das Obergewand in fliegen-
der Bewegung. Die Dakinis
stehen, auf verschiedenen
tierischen oder mensch-
lichen Wesen, einem Dä-
mon, Drachen, Fisch, Pferd
oder Jagdfalken, alle ha-
ben vier Arme und tragen

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