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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 21
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1089

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ständliche anklammernde Malerei. Alles
Dinge von großem Können und vorwärts
treibender Freiheit der Entwicklung. Nur
selten stört ein Schuß von Handgelenk und
Virtuosität, bei abstrakten Arbeiten in ge-
legentlich zu schnell herausgerutschter
Formulierung, bei den gegenständlichen
Landschaften in ostasiatischen und ande-
ren Anleihen, die behende über Schwierig-
keiten wegführen. Trotzdem ist Itten der
Fesselndste und originellste dieser hier be-
sprochenen Malerei. Eine Plastik von Frau
Moll (Gattin von Oscar Moll) sei noch er-
wähnt, die sich durch Innigkeit des Form-
gefühles ausgezeichnet. Roh..
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KUNST DES OSTENS
Burlington Magazine Monographs:
Chinese Art. — An Introductory Review
of Painting, Ceramics, Textiles, Bron-
zes, Sculpture, Jade etc. By Roger Fry,
Laurence Binyon, A. F. Kendrick, Ber-
nard Rackham, W. Perceval Yetts, Osvald
Siren, W. W. Winkworth. — Illustrated
by upwards of 70 Large-Scale Photogra-
phie Plates, and 11 Reproduced in Full
Colour, comprising about 150 Pictures
with Maps, Diagrams of Marks, Chinese
Characters usw. '— Published for the
Burlington Magazine by B. T. Bats-
f or d, L t d., g4 High Holborn, London. —
Royal Quarto. XVIII, 61. — Price 25 s.
Dieser gut gedruckte und reich ausgestat-
tete Quartband soll europäische Liebhaber
und Sammler, die keine sinologischen Stu-
dien gemacht haben, in das wundervolle
Reich der chinesischen Kunst einführen.
Daß für den Laien gerade hier eine Füh-
rung wünschenswert, ja unentbehrlich ist,
wird kein Sachkundiger bestreiten. Es gibt
kaum noch ein Gebiet der Kunst, auf dem
man sich so leicht verirren kann. Denn die
chinesische Kunst ist dem normalen euro-
päischen Kunstfreunde so fremd, daß er
gewöhnlich nicht einmal ahnt, wie wenig
er sie versteht. Der Unterschied der chine-
sischen und der europäischenKunst scheint
mir in der Tat durchaus nicht so unwesent-
lich, wie ihn Roger Fry in dem einleitenden
Aufsatze darstellt. Es ist charakteristisch,
daß er das größte Hindernis, das uns das
Eindringen in das Wesen der chinesischen
Kunst erschwert und verwehrt, nicht
einmal erwähnt. Diese größte Schwierig-
keit beruht auf der Tatsache, daß sich die
gesamte Kunst der Chinesen unter der He-
gemonie ihrer Schreibekunst entwickelt hat,
deren Ideale für alle anderen unmittelbar

oder mittelbar maßgebend geworden und
geblieben sind. Wer nicht imstande ist, ein
chinesisches Kunstwerk, und zwar nicht
nur ein graphisches, mit in chinesischem
Sinne kalligraphisch und graphologisch ge-
bildeten Augen zu betrachten, kann es des-
halb nicht einmal richtig wahrnehmen, ge-
schweige denn recht genießen. Diesem
Ziele aber vermag sich selbst ein sinolo-
gisch geschulter Europäer höchstens zu nä-
hern. — Da das Gesamtgebiet der chine-
sischen Kunst so groß ist, daß es kaum
einen Kenner gibt, der es ganz beherrscht,
hat man mit der Führung durch seine ver-
schiedenen Provinzen eine Anzahl von
Spezialisten, „famous scholars“, betraut.
Fast alle haben es für die beste Lösung
ihrer Aufgabe gehalten, dem Leser einen
Überblick über die historische Entwicklung
des betreffenden Kunstzweiges zu geben,
d. h. ihn wissenschaftlich zu orientieren.
Aber ist eine solche kunsthistorische Lek-
tion wirklich das, was dem Laien, dem es
doch nicht sowohl auf ein wissenschaft-
liches Verständnis als auf den Genuß der
chinesischen Kunst ankommt, zuerst und
zumeist not tut? — Ich glaube, daß ihm
eine ästhetische Aufklärung viel mehr nüt-
zen würde, d. h. nicht etwa ein Schwall
von tönenden ästhetischen Phrasen, bei
dem ihm Sehen und Denken vergeht, son-
dern eine ganz schlichte und sachliche Be-
lehrung, wie man die verschiedenen Arten
der chinesischen Kunstwerke betrachten
muß, um sie richtig aufzufassen und zu
genießen, nämlich so, wie es die chinesi-
schen Künstler gewollt haben. Denn dies
muß eben gelernt werden; und man lernt
es gewiß nicht durch so flüchtige und ober-
flächliche Darstellungen der Geschichte der
einzelnen Künste, wie sie hier geboten wer-
den. Nur der Aufsatz von W. Perceval Yetts
über die Bronzen macht insofern eine
rühmliche Ausnahme, als er dem Leser
wenigstens eine Vorstellung von denaußer-
ordentlichen Schwierigkeiten gibt, mit de-
nen man bei einer historischen Bestimmung
der chinesischen Bronzen zu kämpfen hat
— was für angehende Sammler solcher
Dinge sicherlich nicht ohne Wert ist. Auf
die künstlerische Eigenart der chinesischen
Bronzen geht er freilich nicht ein.
Indessen könnte man sich über diese
Vernachlässigung der künstlerischen Seite
der chinesischen Kunst im Texte noch trö-
sten, wenn man einen Ersatz in den Ab-
bildungen fände, die der Prospekt nicht mit
Unrecht ‘„a main feature of the book“
nennt. Denn zum Verständnisse einer Kunst
gelangt man durch ihre Werke noch besser
als durch alle Worte, und so ist nächst

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