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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 23
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1166

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Sammlungen

lodiehafte Linien ziehen vom Haupt zu den
Füßen, in dem Antlitz spiegelt sich die
Süße himmlischer Gesichte. Auch dieses
Werk ist im mittelrheinischen Gebiet ent-
standen, das immer mehr in den Vorder-
grund der deutschen Kunstgeschichte
rückt.
Für die Entwicklung der mittelrheini-
schen Terrakottaplastik, deren Blüte die
Engel aus Bingen darstellen, ist eine Figur
des Täufers bedeutsam (Eppanzimmer), die
aus Münchener Privatbesitz kommt, ur-
sprünglich aber in Babenhausen war. Als
ein bereits der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts angehöriges Erzeugnis derselben
Kunstgattung besaßen wir seit Jahren die
Jüngergruppe eines Ölbergreliefs (Eppan-
zimmer). Nachträglich ist es gelungen, die
zugehörige Christusfigur zu erhalten, die
im Besitz eines Frankfurter Sammlers ge-
wesen, dann durch Erbschaft an die hol-
ländische Grenze geraten war. Wenn man
in dieser Gestalt die Ausdruckskraft bemer-
ken wird, über die auch Künstler mittleren
Ranges in dieser Zeit verfügten, gibt ein
großer Taufstein (Apsis im romanischen
Gang) etwas von dem märchenhaften Geist
derselben Spätgotik. Tiere, unter denen ein
menschlich kostümierter Affe auffällt, tra-
gen das vonMaßwerk umsponneneBecken.
Auch die Sammlung kunstgewerblicher
Gegenstände ist vermehrt worden. Ein
holzgeschnitztes „Minnekästchen“ mit
Tierfiguren (FriedbergerSaal) kann im mit-
telrheinischen Gebiet entstanden sein: Bu-
chenholz, aus dem es hergestellt ist, war
besonders in Oberhessen für Möbel be-
liebt. Zwei Silbergeräte, ein Becher mit
Mühlrad und ein Tafelaufsatz mit Schiff
(Renaissancesaal) legen von der Darmstäd-
ter Goldschmiedekunst des 17. Jahrhun-
derts, die bislang im Museum mit sicheren
Arbeiten nicht vertreten war und überhaupt
sehr selten ist, rühmliches Zeugnis ab. Ein
ungewöhnliches Stück von Mainzer Hand-
werk des 18. Jahrhunderts ist ein riesiger
messingner Kronleuchter. Da seine Formen
ältere!' Überlieferung fo gen, konnte er ohne
Störung im Kirchenraum aufgehängt wer-
den. Das Licht- und Linienspiel seiner auf
drei Geschosse verteilten Arme bringt in
die dämmerige obere Region des Schiffes
ein reizvolles Leben. B.
DRESDEN
Das Museum für Völkerkunde konnte
kürzlich den Tag seines 50jährigen Be-
stehens feiern. Aus Anlaß dieser Tatsache
hat der derzeitige Direktor A. Jacobi eine
Festschrift erscheinen lassen (im Verlag
von Julius Bard in Berlin und der Wilhelm

und Bertha v. Baensch-Stiftung in Dres-
den), die in reicher Ausstattung der Ge-
schichte des Museums und dem histori-
schen Ausbau seiner Abteilungen gewidmet
ist. Im Zeitalter der Neuwertung exotischer
Kunst dürften vor allem die Beiträge inter-
essieren, die sich mit den Bronzen von
Westafrika und den Holzarbeiten aus der
Südsee befassen. n.
FLORENZ
Einrichtung neuer Säle in den Uf-
fizien. In den Uffizien sind acht neue Säle
für die venezianischen Bilder und die Werke
des Sei- und Settecento eröffnet worden.
Man hat dazu die früher von der Sammlung
der Selbstporträts eingenommenen Räume
verwandt.
Der erste Saal wird von den Werken Ti-
zians, darunter den beiden Darstellungen
der liegenden Venus, eingenommen. Saal II
beherbergt das venezianische Quattrocento,
auch das Triptychon Mantegnas mit der
Anbetung der Könige als Mittelbild hat hier
Aufstellung gefunden. Von den beiden an-
grenzenden Räumen sind im ersten u. a.
drei Hauptwerke des Sebastiano delPiombo
untergebracht, während der vierte haupt-
sächlich den Bassani, Paolo Veronese und
Tintoretto gewidmet ist.
Die vier letzten Säle zeigen den Besitz
der Uffizien an Werken des Sei- und Sette-
cento wohl zum erstenmal einigermaßen
vollständig, da hier neben einigen Neu-
erwerbungen auch eine Reihe von Bildern,
die bisher in den Magazinen verborgen
waren, ausgestellt worden sind. Besondere
Erwähnung verdient wohl der sechste Saal,
in dessen Decke man ein Deckenbild Tie-
polos (mit der Darstellung der Aufstellung
einer Kaiserstatue) eingefügt hat, während
an den Wänden Bilder von Canaletto,
Guardi und vier Werke von Piazzetta hän-
gen. Der letzte (achte) Saal gibt einen Über-
blick über das Settecento mit G. M. Crespi,
Francesco de Mura, Giaquinto und einer
Serie von Gemälden Magnascos, die, we-
gen ihrer schlechten Erhaltung bisher ma-
gaziniert, jetzt gereinigt und der Öffentlich-
keit zugänglich gemacht worden sind. L. S.
LONDON
Das Britische Museum hat eine Sta-
tuette erworben, die, wenn die archäologi-
schen Experten recht haben, Sokrates dar-
stellt. Die Plastik, die aus Alexandrien
stammt, ist elf Zoll hoch und von dem einen
beschädigten Fuß abgesehen, sehr gut er-
halten. Die Figur zeigt in der Tat die Züge,
die wir mit Sokrates verbinden. Das breite,
schwere Gesicht, den massiven Bart und

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