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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 23
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1174

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Ausstellungen

vortun, Peter August Boeckstie-
gel, Hans Nadler, Joseph Hegen-
barth, Otto Fischer, Conrad Fe-
lixmüller, Otto Schubert u. a. m.
Aquarelle von Sergius Winkelmann
fallen durch Schärfe der Charakteristik so-
wie rein malerische Qualitäten in die Augen.
Unter den plastischen Werken erweisen
sich Karl Albikers Mädchenakte und
Bildnisbüsten von Georg Wrba als
Schöpfungen ausgereifter Künstlerpersön-
lichkeiten. Als Mitglieder der Kunstgenos-
senschaft und Sezession sandte Buch-
wald-Zinnwald einige seiner bekann-
ten Erzgebirgsmotive, Otto Lange etli-
che Landschaften; ihnen schließen sich fer-
ner RichardMüller, GeorgLührig,
AugustWilkens, Fe r dinandD o r s c h
u. a. an.
Der Menge des Guten, das auf den Ge-
samtcharakter der Ausstellung mitbestim-
mend einwirkt, kann hier zum Schluß lei-
der nur im ganzen gedacht werden.
Erna p. Watzdorf.
LONDON '
Über den „Exhibitions“, die sich in den
letzten Wochen wie ein Landregen über
ganz London ergossen haben, ist die kleine
Ausstellung indischer Malerei im Bri-
tish Museum fast völlig ignoriert worden.
Die Ecke, wo die Bilder hingen, war so
schwer zu finden, und dann waren es nicht
hundert oder noch mehr, sondern nur sie-
ben. Es handelt sich um Kopien von Frag-
menten der aus dem siebten, nachchrist-
lichen Jahrhundert stammenden Wandge-
mälden von Bagh (Gwalior Staat). Die Fel-
sentempel von Bagh, natürliche Museen
buddhistischer Malerei und Skulptur, blie-
ben auch den Indern während Jahrhunder-
ten unbekannt. Der erste Europäer, der sie
sichtete, war der Engländer Captain Danger-
field (1818). Seine Beschreibung erschien
1820. Ihr folgte 1854 eine andere, ausführ-
lichere von Dr. Impey. Nach jenem Jahre
verstummte die Kunde von den Fresken,
und zwar bis igio, wo Major Luard im In-
dian Antiquary (Augustnummer) auf ihre
Größe wie ihren Zerfall aufmerksam machte.
Auf Anraten Luards hin gab der Maharad-
ja Scindia von Gwalior verschiedenen in-
dischen Künstlern den Auftrag, die Fresken
zu kopieren. Die Kopien wurden dann nach
London geschickt, um im British Museum
ausgestellt und hernach von der Indian So-
ciety, die jedes Jahr eine Publikation her-
ausgibt, reproduziert zu werden. Wahr-
scheinlich wird Chandra Dey, ein junger in-
discher Maler, der in einem herrlichen Buch
seine „Pilgerfahrten nach Ajanta und Bagh“
beschrieben hat, für das British Museum

Duplikate der Kopien herstellen. Dey stellt
in seinem Buche die Malereien von Ajanta
weit über die von Bagh. Wer die Originale
nicht gesehen hat, kann sein Urteil natür-
lich nicht anfechten. Sicher ist aber, daß
die Gemälde von Bagh zu den größten Wer-
ken der Malkunst überhaupt gehören. Der
Eindruck der Kopien ist so überwältigend,
daß man sich versucht fühlt, zur Orien-
tierung sich an diesen oder jenen Maler des
Abendlandes zu klammern. Paolo Uccellos
„Niederlage von San Remo“ ist genannt
worden. GauguinsBilder aus der tahitischen
Epoche könnten einem einfallen. Aber ne-
ben diesen urweltlich trampelnden Elefan-
ten, den in musikalischen Kurven sich bäu-
menden Pferderücken, den unvergeßlich
geschmeidigen Menschenarmen und den
Augen von gespenstiger Lebenskraft wird
jeder Vergleich mit Vertretern der europäi-
schen Malerei sinnlos. Die Publikation der
Indian Society könnte zu einem Ereignis
werden.
Die Lefevre Gallerie hat in England
für die Popularisierung der französischen,
nachimpressionistischen Malerei mehr ge-
tan als irgendeine andere englische Galerie.
Diesmal stellt sie uns Utrillo vor, der dem
kunstfreundlichen englischen Publikum
auch nicht einmal vom Hörensagen bekannt
ist. Eine glänzende Ausstellung! Um so
mehr, als sie Utrillos der besten, das heißt
der „weißen Periode“ gleich in einer An-
zahl bringt, wie sie wahrscheinlich auch
auf dem Festlande nicht so bald wieder zu-
sammen auftreten werden. Die in London
ausgestellten Bilder stammen aus dem Be-
sitz eines kürzlich verstorbenen französi-
schen Sammlers. Er soll, dank seinem Glau-
ben an den Maler wie seiner Mittel, wäh-
rend Jahren ein Monopol auf Utrillo gehabt
haben. Dem Katalog sind als Wegleitung
Urteile verschiedener französischer Kunst-
kritiker beigegeben. Wir begrüßen darunter
auch Adolphe Basler, der, wie die Leser des
„Cicerone“ wissen, zu den EntdeckernUtril-
los gehört. Ein paar wenige Bilder — Quai
ä Paris, Les Toits — repräsentieren Utril-
los vorletzte Periode. Man fühlt den Ein-
fluß Pissaros. Dann vereinfacht sich seine
Farbenskala. Weiß, Creme, Grau dominie-
ren mit Schwarz als Kontrast. Parallel mit
der Farbenreduktion geht die Tendenz nach
größerer Solidität und Vereinfachung der
Gegenstände. Utrillo malt figurenfreie,
manchmal bedrückend einsame Straßen und
Gassen, die das Auge des Betrachters mit
unwiderstehlicher Gewalt in die Tiefe ziehn.
Ein Hausblock starrt uns gespenstig an.
Aber die Gespenstigkeit wird nicht erzielt
durch anarchische Verzerrung, sondern

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