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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 23
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1175

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Von Künstlern und Gelehrten

durch eine trockene Präzision. Die eng-
lische Kritik hat den Neuling sehr höflich
aufgenommen. Aber es ist diese Trocken-
heit der Präsentierung, diese Abwesenheit
jeglichen Appelles an die Empfindung, die
sie offensichtlich befremdet. Bodmer.
MÜNCHEN
Caspari machte sich verdient durch eine
Corinth-Ausstellung, die möglichst zu-
sammenfassend das Werk dieses Meisters
an uns vorüberziehen ließ. Sie wurde feier-
lich eröffnet und ist von allen Seiten ge-
priesen worden, so daß wir hier nichts wei-
ter hinzuzufügen brauchen. Corinth ist
heute der am wenigsten umstrittene deut-
sche Meister neuerer Malerei. Beinah alle
Parteien ehren ihn, nachdem seine Sinnes-
kraft auch literarisch von vielen Seiten her
ins Licht gestellt wurde.
Bei Thannhauser sind ins expressio-
nistische Rokoko der Malereien von No-
wak eine Reihe Plastiken und Zeichnungen
Hermann Geibels (München) gestellt
worden. Sie erstreben in mehr oder weniger
sanften Ballungen die sich schließende
Masse, behalten in Biegung der dicklichen
Glieder aber oft etwas Weichmütiges, ver-
glichen etwa mit Maioll, in dessen zeitge-
schichtlicher Art sie sich grundsätzlich hal-
ten. Manche Wendungen der Glieder und
Köpfe zeigen noch immer einen Anflug von
teigiger Sentimentalität, die Aktzeichnungen
wirken oft noch schwammhaft, knochenlos,
der Wellenschlag der Landschaftsaquarelle
entbehrt meist der Gesamtausrichtung.
(Rechtwinklichkeiten sind äußerst aus-
drucksvoll!) Am bleibendsten sind bisher
große Bildnisköpfe und andererseits ganz
kleinfigurige Bewegungsstudien, wo Mann
und Weib sich umkreisen oder ineinander-
sinken oder Tiere beieinanderstehn.
Malereien von Jan Oeltjen (Jaderberg)
mit strotzenden Grün- und Blauflächen
stehen zwischen dem Brücke-Kreis und Ko-
koschka, sind jedoch nasser, geschwemm-
ter in der Farbe. Ihr Volumen aber zeigt
manchmal etwas Breitgewalztes, Ausein-
andertretendes. Trotz erregter Gestikulation
fehlt manchmal noch das innere Feuer.
Weniger Karikatur, gleichmäßigere Ab-
tastung der Oberflächen, strengeres Heraus-
kristallisieren jedes plastischen Einzelkör-
pers, bestimmtere Zeichnung: alle diese
neuesten Losungsworte dürften gerade den-
jenigen Talenten gut tun, deren Trieb nach
dem summarisch Quellenden erhalten blei-
ben wird (Alle bleibenden Expressionisten,
ja alle bleibende Malerei überhaupt hat hier-
von, es wird hier also nicht an fremdem
Spezialmaßstab gemessen.) Am besten er-

scheinen mir die zwei saftgrünen Flach-
landschaften mit dunklem Vieh.
Hingewiesen sei schließlich auf Thann-
hausers kostbare Sammlung von Gemälden
des französischen Im- und Expressionis-
mus, zu denen weitere Beispiele ausgestellt
wurden. Fast alle bedeutenderen Namen
waren hier vertreten. Alles überragten aber
die zarten, zugleich majestätischen Arbei-
ten von Degas (über den so falsche Mei-
nungen umgehen), der alle Elemente der
weiteren Gegenwart geheimnisvoll in sich
vereint, von den sinnlichen Zartheiten
eines Impressionismus bis zu den abstrakt
gespannten Kurvenführungen der Konstruk-
tiven.
Bei Schmidt-Bertsch zeigte H. T.
Bauer Aquarelle, Arbeiten, die etwa zwi-
schen Brücke-Kreis und Seewald stehen,
schmiegsamer, zarter schwingend als er-
stere, blond, aquarellhaft blühend, klar in
der Form (in den besseren Stücken). Gu-
tes Niveau heutiger Kunst. /?.
ULM
Museum der Stadt Ulm. Ende No-
vember eröffnete das Museum eine große
Ausstellung nahezu sämtlicher Blätter von.
Georg Wilhelm Kolbe, 1757—1835, aus
Ulmer Privatbesitz. Gleichzeitig wurde im
Schwörhaus eine Ausstellung derBildwerke,
Gemälde und Zeichnungen des BaselerBild-
hauers Carl Burckhardt eröffnet.
Von Künstlern
und Gelehrten
GEORG DEHIO
Am 22. November ist Georg Dehio fünf-
undsiebzig Jahre geworden; gerade zurrech-
ten Zeit, um die Vollendung des letzten
Bandes seiner großen Geschichte der deut-
schen Kunst zu erleben. Man braucht den
Freunden der Kunst nichts von den Ver-
diensten dieses wahrhaft großen und im
besten (europäischen) Sinne deutschen Ge-
lehrten zu sagen; eine Aufzählung seiner
Werke, die 1872 mit einer rein historischen
Dissertation beginnen und mit dem sech-
sten Bande seiner zweiten Hauptarbeit
schließen und also mehr als ein halbes
Jahrhundert ungemeiner wissenschaftlicher
Tätigkeit umspannen, erübrigt sich wohl.
Aber nicht alle haben das Glück genossen,
seine Schüler gewesen zu sein oder auch nur
ihn reden gehört zu haben. Und hier ist zu
sagen, daß der menschliche Eindruck De-
hios, trotz mancher äußerlicher Ecken und
Herbheiten, etwas so wohltuend Anregen-
des besaß, ebenso persönlich wie objektiv

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