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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 23
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#1180

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schnitten, die es sonst mit noch viel größe-
rer Schwungkraft hätte regen können, das
wird jetzt dadurch endlich wieder gutge-
macht, daß ihm das benachbarte Stadt-
schloß zur Erweiterung, d. h. zur Überfüh-
rung bestimmter in diese Umgebung pas-
sender Abteilungen zur Verfügung gestellt
worden ist. Die dringende Notwendigkeit
eines Museumsneubaues bleibt aber trotz-
dem unverändert bestehen.
Die Festschrift zieht nur gleichsam einen
Querschnitt durch die 25 Jahre der musea-
len Tätigkeit, nicht nur in dem knappen
und klaren historischen Überblick, den
Karl Masner als Einleitung geschrieben hat,
und nicht nur in dem Schlußartikel über
die wichtigsten Veränderungen im Museum
in den Jahren 1899—1924, sondern durch die
reiche Folge der Aufsätze, die aus fast al-
len Sammelgebieten des Museums ihre The-
men geschöpft haben und wichtige Bei-
träge zur Kunst- und Kulturgeschichte ge-
ben, die vielfach weit über den engeren
provinziellen Rahmen hinaus von Bedeu-
tung sind. Es ist nicht möglich, alle diese
Aufsätze hier anzuführen; nur auf einige
sei hingewiesen.
Die schönste Gattung prähistorischer Ke-
ramik, die wir überhaupt kennen, ist schle-
sischen Ursprungs. Es sind die wunder-
vollen Gefäße des sog. „Lausitzer Typs“,
die von der mittleren Bronzezeit bis zum
Beginn der Eisenzeit hergestellt wurden
und eine nicht nur geographisch-materielle,
sondern eine stilistisch-ästhetische Würdi-
gung schon längst verdient hätten. In einer
fein durchdachten und mit sicherstem Stil-
gefühl durchgeführten Skizze nimmt Hans
Seger diese Ehrenrettung vor. — Durch ko-
stümliche und heraldische Erwägungen
kommt Paul Bohm zu dem wohl zwingen-
den Schluß, daß das bei Zantoch an der
Netze gefundene und vom Schlesischen
Museum erworbene Schwert dem König
Ottokar II. von Böhmen gehört haben muß.
— Der unermüdliche Erforscher der Ge-
schichte des deutschen Zinns, Erwin Hintze,
gibt eine „Formgeschichte des schlesischen
Zinns“, die von den bekannten Prachtwer-
ken der Spätgotik bis zum Niedergang des
Handwerks im 19. Jahrhundert alle Form-
evolutionen mit völliger Beherrschung des
Materials und größter Klarheit umfaßt und
viele kulturgeschichtlich wichtige Tatsa-
chen mitteilt, die für die Entwicklung dieses
kunstgewerblichen Zweiges von großer Be-
deutung sind. Conrad Buchwald stellt das
Oeuvre eines Breslauer Malers vom Ende
des 15. Jahrhunderts zusammen, der das
feine Flügelaltärchen des Kanonikus He-
lentreuter von 1496 im Schlesischen Mu-

seum gemalt hat. Ob das wundervolle Ka-
selkreuz desselben Museums, das nach
Buchwalds Beweisführung ebenfalls aus
dem Besitz Helentreuters stammt, auf eine
Zeichnung des gleichen Malers zurückgeht,
erscheint mir jedoch sehr zweifelhaft.
Interessante Beiträge zur schlesischenbzw.
breslauischen Kunstgeschichte sind die über
„Donatorenzeichen in Bücherspenden des
16. und 17. Jahrhunderts“ von Max Hippe,
über „Die sieben Weisen aus derMaria-Mag-
dalenen-Bibliothek“ von Erich Wiese und
über die Orgeln in der Maria-Magdalenen-
Kirche von Ludwig Burgemeister. Von be-
sonderer Wichtigkeit für die Geschichte
des Kunstgewerbes endlich ist der Aufsatz
Karl Masners über „Gestrickte Teppiche
des 17. und 18. Jahrhunderts“, worin er ein
Kapitel der Textilkunst behandelt, das bis
heute —• abgesehen von einigen elsässi-
schen Arbeiten des 18. Jahrhunderts — völ-
lig unbekannt war. Derartige Teppiche, die
im Westen und Osten Deutschlands von
den Zünften der Barettmacher und Hosen-
stricker seit dem Beginn des 17. Jahrhun-
derts vielfach als Meisterstücke verlangt
wurden, haben sich in nur wenigen von
Masner zusammengestellten Exemplaren er-
halten. Sie beweisen ein technisch vorzüg-
liches, künstlerisch hochachtbares Können
dieser sich sonst nur mit rein nützlichen
Dingen beschäftigenden Handwerker. Die
Herkunft dieser Wolldeckenstrickerei ver-
mutet Masner in Prag, und es wäre sicher
dankenswert, wenn diesen interessanten
Dingen weiter nachgegangen würde.
Der ausgezeichnet gedruckte Band ist mit
38 teilweise doppelseitigen Tafeln und zahl-
reichen Textabbildungen aufs reichste aus-
gestattet. Einer solchen in jeder Hinsicht
mustergültigen Publikation ist weiteste
Verbreitung zu wünschen. Robert Schmidt.
Ganymed, Jahrbuch für Kunst. Heraus-
gegeben von Julius Meier-Graefe, geleitet
von Wilhelm Hausenstein, R. Piper &
Co., Verlag der Mareesgesellschaft. Mün-
chen 1925.
Der vor uns liegende fünfte Band des
„Ganymed“ hat sich noch gegen die frühe-
ren Bände um eine größere Zahl wunder-
voller Reproduktionen vermehrt. Das Jahr-
buch führt mit seinen Aufsätzen und seinen
mehr als 60 Lichtdrucktafeln durch die
Kunstschöpfung der Welt von Ägypten bis
zur Gegenwart. Die Auswahl des Abbil-
dungsmaterials beweist selten differenzierte
Kunsteinfühlung. Von den Beiträgen sind zu
nennen: Hermann Essweins Ergänzungen
zu der Monographie Schürmeyers über
Hieronymus Bosch, in denen er den skuri-

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